Die Trauerspirale von E. Schuchardt

Verhandlung und Depression

Wir alle durchleben aufgrund von Krisen, z.B. in Form von Krankheit und/oder Behinderung unseres Kindes Trauerphasen. Wie sich solch ein Trauerverlauf entwickeln kann und erlebt wird, wurde von Frau Schuchardt in ihrem 8-teiligen-Spiralphasenmodell dargestellt.

An die - in der letzten Ausgabe des Epikuriers vorgestellten - Phase der Aggression schließt sich innerhalb dieses Spiralmodells die ebenfalls noch emotional, ungesteuerte Dimension der Verhandlung an.

Phase 4: Verhandlung

Geprägt durch die Überlegung :"Wenn..., dann muß aber...?" werden verschiedene Aktivitäten angestrebt. Diese bergen die Hoffnung in sich die Behinderung ungeschehen zu machen. Gleichzeitig dienen sie zur Vermeidung von Schuld. Es wird versucht sich mit aller Macht aus der Not zu befreien, indem alle Möglichkeiten ausgenutzt werden. Nicht selten werden Ärzte und Therapeuten im Ausland aufgesucht. Es werden aber auch Verhandlungen mit Gott und dem Schicksal angestellt: z.B. wenn mein Sohn laufen lernt, dann werde ich einer kirchlichen Institution eine Spende geben. Oder: Wenn meine Tochter wieder gesund wird, dann werde ich ...

Heftig brodelnde Gefühle

Während der Spiralphasen 3 (Aggression) und 4 (Verhandlung) werden sehr intensive, meist schwere und belastende Gefühle durchlebt. Oft haben diese Emotionen die Qualität eines tiefen inneren Schmerzes. Der Verstand kann in solchen Situationen kaum noch Herr der Lage (über die Gefühle) werden. Es wird ein emotionaler Strudel durchlebt, dem man/frau trotz heftigster Gegenaktivität nicht entweichen kann. Manche Betroffene haben das Gefühl sie könnten verrückt werden. Dies ist nur zu verständlich, da die Behinderung des Kindes ja auch tatsächlich Grundlegendes im Leben ver-rückt: sprich: verändert hat. Sowohl im alltäglichen Leben wie auch in der eigenen Gefühlswelt.

Trotz der brodelnden und heftig arbeitenden Emotionen müssen die Mütter ihren meist überlasteten Alltag weiterhin bewältigen. Nicht selten bedeutet das auch Nacht-Einsatz. Es fehlt die Zeit um zur Ruhe zu kommen, sich überhaupt der Gefühle richtig bewußt zu werden. Auch finden sich nur wenige Möglichkeiten Gespräche zu führen.

In solch einer Situation wären aktive Unterstützung und Arbeitsentlastung wichtige Voraussetzungen, um den Trauerprozeß durchleben zu können.

Phase 5: Depression
Es ist kaum verwunderlich, dass sich nach diesen sehr intensiven und anstrengenden Phase die 5. Spiralphase der Depression anschließt. Die Eltern erkennen, dass all ihre Aktivitäten die Behinderung nicht ungeschehen machen kann: "Wozu, alles ist doch sinnlos...".

Die nach Außen gerichteten Emotionen und Aktivitäten sind verausgabt. Die Unausweichlichkeit der Realität und der Krise führt zu Verzweiflung, Resignation und Depression. Hierbei können auch Emotionen wie Sinnlosigkeit, Hilflosigkeit, das Gefühl versagt zu haben und Zukunftsängste auftreten. Diese Phase der Depression ist geprägt durch den Abschied der letzten irrealen Hoffnungen, sowie Trauer über den Verlust und die Angst vor den Folgen.

Im Alltag haben z.B. die Mütter oft kaum noch Kraft die Aufgaben zu bewältigen. Alles scheint grau in grau, manchmal sogar schwarz.

Die Depression als letzte Phase des sogenannten Durchgangsstadiums ermöglicht den Eltern die Auseinandersetzung mit sich selbst und bereitet auf die nächste Phase "Annahme" vor.

D. Wolf-Stiegemeyer
Mail: Öffnet ein Fenster zum Versenden einer E-Mailwolf-stiegemeyer(at)t-online.de