Epilepsie macht Schule

Familie Fröhlich (alle Namen geändert) kommt im Rahmen der Ersterkrankung der 9-jährigen Tochter in die Epilepsieberatung. Bei Saskia sind innerhalb der letzen beiden Monate zwei Grand mal-Anfälle aufgetreten, der erste in der Schule im Musikunterricht. Saskia berichtet, dass sie seither einige Mitschüler „komisch“ anschauen und sich etwas von ihr zurückziehen. Die Lehrerin würde sie sehr häufig fragen, wie es ihr gehe.

In Absprache mit der Familie bot ich der Schule eine Lehrerfortbildung an. Hierbei wurde deutlich, dass auch die Mitschüler im Umgang mit Saskia verunsichert sind. Die Klassenlehrerin lud mich ein, eine Schulstunde zum Thema Epilepsie zu gestalten. Auch Saskia fand diese Idee gut, weil sie selbst den Klassenkameraden die Epilepsie nicht erklären könne.

Als Einstieg in die Unterrichtsstunde frage ich nach, wer von ihnen schon einmal krank war. Wir besprechen, dass es viele chronische Erkrankungen gibt, die Kinder längere Zeit begleiten. Danach darf ein Schüler das Wort „Epilepsie“ (Wie schreibt man das eigentlich richtig?) an die Tafel schreiben. Ich erkläre, dass Epilepsien häufige Erkrankungen sind, von denen 1 % aller Menschen weltweit betroffen ist. Die Schüler rechnen danach aus, wie viele Epilepsiekranke es noch an ihrer Schule oder in ihrer Gemeinde gibt. Anschließend überlegen wir, wer wohl alles an Epilepsie erkranken kann und wer nicht, z. B. Kinder, Lehrer, Politiker, Katzen, Elefanten, Blumen oder Bäume. Ich stelle berühmte Menschen mit Epilepsie vor, wie beispielsweise Julius Cäsar oder Ronaldo. Mit dem Kurzfilm „Von Ameisen und Anfällen“ begeben wir uns auf eine Reise ins Gehirn und erfahren, wie sich die Nervenzellen während epileptischer Anfälle verhalten. Im Anschluss erkläre ich, dass es verschiedenste Anfallsformen gibt, die wir uns kurz als Film ansehen. Die Kinder beschreiben, was sie gesehen, gehört und sich bei den Filmen gedacht haben.

Nun berichtet Saskia selbst von ihren Anfällen: „Ich hatte erst so ein komische Gefühl im Bauch, als wenn mir schlecht würde und dann weiß ich gar nichts mehr.“ Die Mitschüler hingegen erzählen von ihrem Schreck und der Angst um Saskia, als sie den ersten Anfall gesehen haben. Wir besprechen die wichtigsten Regeln der Ersten Hilfe. In Partnerarbeit wird die stabile Seitenlage geübt. Dann erarbeiten wir, dass sich Saskia bei einer erneuten Aura auf den Boden legt und laut „Aura“ ruft. So sind die Mitschüler und die Lehrerin auf den kommenden Anfall vorbereitet.

Einige Wochen später erzählt mir Saskia, dass ihre Mitschüler sich nun trauen, sie direkt auf die Erkrankung anzusprechen. Ihr Tischnachbar hat gleich nach der Schulstunde gesagt: „Wenn Ronaldo das auch hat, kann es ja nicht so schlimm sein. Kommst Du morgen wieder zum Fußballtraining?“

Simone Fuchs,
Epilepsie Beratung Unterfranken

Kontakt:

Epilepsieberatung - Stiftung Juliusspital
Simone Fuchs, Henrike Staab-Kupke
Juliuspromenade 19
97070 Würzburg
Tel.: 0931 3931580
E-Mail: epilepsieberatung(at)juliusspital.de
www.epilepsieberatung.de