Busbegleitung bei Statusgefahr
Unser Einsatz hat sich gelohnt
Unser Sohn Felix ist sechs Jahre alt. Er hat überwiegend Grand Mal-Anfälle (5-6 Stück im Jahr 2023 – in der Vergangenheit waren die Anfälle jedoch häufiger), vereinzelt Absencen und bisher einen Status Epilepticus.
Die Diagnose Epilepsie wurde im Juli 2021 gestellt nach einem Grand Mal-Anfall in der Uniklinik Würzburg. Im Dezember 2022 erfuhren wir durch den Befund der Humangenetik dann die Ursache hierfür: ein Gendefekt (Deletion auf dem 5. Chromosom).
Die Behandlung läuft derzeit sehr gut. Im April waren wir für eine Medikamentenumstellung im Epilepsiezentrum Kork.
Normalität trotz Statusgefahr
Generell hängt die Erkrankung Epilepsie und die Statusgefahr wie ein Damoklesschwert über uns. Nie zu wissen, wann es herabfällt, ist nicht immer einfach – auch ob sich aus dem nächsten Anfall ein Status entwickelt. Aber wir versuchen, unseren Alltag für Felix und für uns so normal wie möglich zu gestalten und wir kommunizieren die Erkrankung unseres Sohns. Wir sind der Meinung, dass es der beste Schutz ist, darüber zu reden, in der Schulvorbereitenden Einrichtung (SVE), innerhalb der Familie und auch bei unseren Freunden. Je besser der Informationsaustausch ist, desto besser ist Felix im Falle eines Anfalls versorgt.
Busbegleitung – viele Irrwege führen doch zum Erfolg
Mit dem Antrag auf Busbegleitung begannen wir im März 2023 bei der privaten Krankenversicherung von Felix. Die Zusage erhielten wir schließlich im August 2023.
Nach Auskunft der privaten Krankenversicherung sollten wir zeitgleich einen Antrag beim Bezirk Unterfranken stellen, der für die Eingliederungshilfe zuständig ist. Dieser wurde mit Bescheid vom Mai 2023 abgelehnt. Begründet wurde diese Ablehnung damit, dass es in seinem Fall nicht um den »integrativen Charakter« einer Eingliederungshilfe für behinderte Menschen geht, sondern vielmehr um eine medizinische Überwachung und Beobachtung von Körperfunktionen.
Der Bezirk Unterfranken verwies uns an den Schulträger, in unserem Fall die Caritas. Die Caritas erklärte sich allerdings für nicht zuständig und verwies uns wieder an die private Krankenversicherung bzw. an den Bezirk Unterfranken.
Letzten Endes wurden wir im Kreis herumgeschickt, bis wir es mit politischer Unterstützung versuchten. Zufälligerweise ist ein Landtagsabgeordneter und Mitglied des Bundesrates für Bayern aus unserem Wahlbezirk Beiratsvorsitzender der Caritas. Wir konnten einen Kontakt herstellen und durften unser Problem schildern. Unser Anliegen wurde mit in die nächste Beiratssitzung genommen und nach kurzer Zeit rief mich die Rechtsanwältin der Caritas an und teilte mir mit, dass sie sich jetzt um unser Anliegen kümmern soll. Die Problematik war allerdings dann, dass die Caritas die Malteser mit dem Fahrdienst beauftragt hatten und diese generell nicht mit einer Begleitperson im Bus fahren, sondern lediglich mit einem Fahrer. Die Rechtsanwältin meinte, dass es wohl jetzt in der Kürze der Zeit schwierig werden würde, eine geeignete Begleitperson zu finden. Zu diesem Zeitpunkt war es schon Juli.
Aber wir hatten Glück und konnten uns einem anderen Transportunternehmen anschließen. Dieses Unternehmen fährt mit einer Begleitperson im Bus. Die SVE von Felix und die Schule, die von dem Transportunternehmen angefahren wird, liegen zufällig auf dem gleichen Gelände, deswegen war dies kein Problem. Ich musste nur mit unserer Krankenversicherung die Kostenfrage klären, da dieses Unternehmen teurer war als die Malteser, aber die Krankenversicherung bewilligte den Kostenvoranschlag. Felix fährt jetzt seit September 2023 mit diesem Unternehmen.
Die Genehmigung war allerdings auf das Schuljahr 2023/2024 befristet. Ich musste dieses Jahr einen neuen Antrag stellen, der jedoch innerhalb von 1 ½ Monaten bewilligt wurde. Die Genehmigung ist auch dieses Mal wieder auf ein Schuljahr (2024/2025) befristet. Wie der Transport danach mit der Einschulung weitergeht, wissen wir jetzt noch nicht.
Unser Netzwerk gibt uns Sicherheit
Wir haben uns ein sehr gutes Netzwerk aufgebaut mit unseren behandelnden Ärzten, der Epilepsieberatungsstelle Würzburg und einer Kinderkrankenschwester, die uns ab und zu eine »Auszeit« verschafft. Wir sind mit unserer Situation zwar die meiste Zeit auf uns alleine gestellt, aber es ist sehr hilfreich zu wissen, dass wir dieses Netzwerk im Rücken haben.
Für Felix wünschen wir uns, dass er in der Lage sein wird, so gut es geht, ein selbstständiges Leben führen zu können und ihn die Vorurteile unserer Gesellschaft, was Menschen mit Behinderung angeht, nicht zu hart treffen.
Kämpfen lohnt sich
Das Thema Busbegleitung hat uns viel Kraft und Nerven gekostet, aber es hat sich gelohnt. Es lohnt sich generell immer, zu kämpfen – wenn nicht für sein Kind, für wen sonst?! Auch wenn es schwer fällt in der ein oder anderen Situation, darf man niemals aufgeben. Nach Regen kommt immer wieder Sonnenschein, auch wenn es manchmal etwas länger dauert .
Michael und Daniela Seßner
Manche Busfahrdienste stehen der Verabreichung einer Notfallmedikation ablehnend gegenüber. In einem solchen Fall hilft ggf. eine Erste Hilfe-Schulung weiter, wie sie z. B. von den bayerischen Epilepsie-Beratungsstellen (www.epilepsieberatung-bayern.de) oder dem e.b.e. epilepsie bundes-elternverband e. v. (www.epilepsie-elternverband.de) angeboten wird.
Außerdem steht ein hilfreiches Infoblatt »Epilepsie-Informationen für den (Bus-)Fahrdienst« mit speziellen Hinweisen auf der Internetseite des Epilepsie-Lehrerpakets (Punkt 2.12) zur Verfügung: