CBD in der Praxis

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Interview mit Dr. Alexandra Klotz, Leiterin der Kinderepileptologie der Klinik für Neuropädiatrie und Muskelerkrankungen des Epilepsiezentrums am Universitätsklinikum Freiburg.

 

Wann denkt man an den Einsatz von CBD-Präparaten bei therapieschwierigen Epilepsien? Gibt es hier eine „Leitlinie“?

Das ist eine individuelle Entscheidung, eine generelle „Leitlinie“ gibt es nicht. Ich würde das mal so ausdrücken: Wenn ein Patient unter einer Kombinationstherapie weiter Anfälle hat und eine Umstellung erwogen wird, ist Cannabidiol (CBD) nun eine weitere Option „in der Schublade“. Ob sich behandelnder Arzt und Patient dann für CBD entscheiden oder eines der anderen Epilepsie-Medikamente, hängt von verschiedenen Faktoren ab (u. a. welche Medikamente werden parallel eingenommen? Gibt es andere Erkrankungen neben der Epilepsie?).

 

Wie sind die Erfahrungen mit den Krankenkassen bezüglich der Einzelfallerstattung und Genehmigung der Therapie?

Epidyolex® ist momentan das einzige zugelassene Fertigpräparat mit CBD. Es ist zugelassen für Patienten mit Dravet-Syndrom, Lennox-Gastaut-Syndrom und Tuberöse Sklerose ab dem Alter von zwei Jahren. Wird Epidyolex® gemäß Zulassung eingesetzt, kann es so wie andere Epilepsie-Medikamente einfach auf Rezept verordnet werden. Soll CBD für eine andere Epilepsie als die drei genannten eingesetzt werden, muss die Kostenübernahme vorab mit der Krankenkasse geklärt werden – egal ob es sich um Epidyolex® oder um eine rezeptpflichtige Lösung aus der Apotheke handelt. Meine Erfahrungen mit der Kostenübernahme sind gut, die meisten Anträge werden übernommen. Es hat sich aber schon gezeigt, dass es nur Sinn macht, CBD zu beantragen, wenn gängige Medikamente bereits erfolglos im Einsatz waren. Außerdem lohnt es sich, den Antrag gut vorzubereiten und alle notwendigen Informationen mitzuliefern, das ist natürlich aufwändig.

 

Welches Ranking hat die CBD-Behandlung im Vergleich zur „üblichen“ medikamentösen Epilepsie-Therapie bzw. wo ist sie einzuordnen?

Das ist eine schwierige Frage, weil der Stellenwert von der zu behandelnden Epilepsie abhängt. Beim Dravet-Syndrom oder dem Lennox-Gastaut-Syndrom gibt es Empfehlungen, welche Medikamente in erster, zweiter oder in dritter Reihe stehen. Hier wird CBD zwar nicht in erster Reihe, aber schon eher früher empfohlen. Für andere Epilepsien gibt es keine offiziellen Empfehlungen und das Ranking wird sich von Behandler zu Behandler unterscheiden. Ich versuche, zusammen mit den Eltern meiner Patienten Vor- und Nachteile aller Medikamenten-Optionen zu besprechen, um uns dann gemeinsam zu entscheiden, welches Medikament zu diesem Zeitpunkt die meisten Vor- und die geringsten Nachteile hat.

 

Hat CBD die „großen“ Erwartungen erfüllt? Wo wird die Zukunft hinführen?

Gut, dass Sie die „großen Erwartungen“ ansprechen! Das ist sicher eine Besonderheit, die CBD ausmacht. Man muss leider sagen, die Erwartungen waren zum Teil so hoch, dass sie gar nicht erfüllt werden konnten. Aus meiner Sicht ist CBD ein sehr gutes Medikament, mit dem sich bei therapieschwierigen Epilepsien ein Therapieversuch lohnt. Es gibt aber wie bei allen Medikamenten Patienten, die sehr gut ansprechen, und andere, die es überhaupt nicht tun. Momentan gibt es leider noch keinen Weg vorherzusagen, welcher Patient davon profitieren wird und welcher nicht. Es bleibt also nur, es auszuprobieren. Für die Zukunft würde ich erwarten, dass CBD seinen Platz unter den Epilepsie-Medikamenten finden wird, und die Behandlung therapieschwieriger Epilepsien um eine Option erweitert.

 

Doris Wittig-Moßner