Epilepsieanfälle sind häufig zyklisch

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Die Anfälle im Rahmen einer Epilepsie sind offenbar nicht zufällig gestreut, sondern folgen häufig bestimmten Rhythmen. Diese können zirkadian sein – also dem Tagesrhythmus folgen – aber auch wöchentlichen bis hin zu dreiwöchigen Zyklen folgen. Das berichten Wissenschaftler der University of Melbourne, Australien, um Mark Cook in Lancet Neurology (2018; doi: 10.1016/S1474-4422(18)30274-6).

 

„Der menschliche Körper ist eine Sammlung von Tausenden von Uhren, die jeweils nach ihrem eigenen Schrittmacher arbeiten. So können beispielsweise einige Zellen die Zeit mit Millisekunden-Genauigkeit verfolgen, während hormonelle Zyklen längere Zeiträume von Stunden, Tagen oder mehr haben können. Im Körper kombiniert hat das Vorhandensein all dieser Zyklen einen grundlegenden Einfluss auf unsere Gesundheit“, erläutert Cook.

 

Der Zusammenhang zwischen epileptischen Anfällen und anderen natürlichen Zyklen wird seit Hunderten von Jahren untersucht. Eine inzwischen widerlegte historische Hypothese deutete zum Beispiel auf einen Zusammenhang zwischen den Mondphasen und den Anfallsraten hin.

 

Die neue Studie verwendete Daten von einer Webseite und einer Handy-App, mit der 1.118 Patienten mit Epilepsie ihre Anfälle aufzeichneten und verfolgten, und von einer kleinen Studie, in der 12 Menschen mit Epilepsie ein Gerät eingebaut hatten, das die elektrische Aktivität in ihrem Gehirn aufzeichnete. Die Autoren betrachteten die Daten für die Anfallshäufigkeit zwischen 6 Stunden und 3 Monaten und identifizierten mittels statistischer Analysen Trends in den Anfallszyklen einzelner Patienten.

 

80 % der Menschen, die die Webseite und die mobile App nutzten, und 92 % der Menschen, deren Gehirnaktivität erfasst wurde, zeigten zirkadiane Rhythmen in ihren Anfällen. Zusätzlich zeigten 7 bis 21 % der Nutzer der Website und der mobilen App wöchentliche Rhythmen, und 14 bis 22 % der Personen hatten Zyklen, die länger als 3 Wochen währten.

 

Anfälle treten gehäuft zu bestimmten Zeiten auf

Bei Menschen mit einem zirkadianen Zyklus ihrer Anfälle variierte die Spitzenzeit der Anfälle im Laufe des Tages, aber es traten mehr Anfälle gegen 8:00 Uhr morgens und 20:00 Uhr abends auf. Wöchentliche Zyklen begünstigten keinen Tag der Woche, aber mehr Menschen hatten dienstags und mittwochs Anfälle. Darüber hinaus hatten rund 64 % der Studienteilnehmer mehr als eine Art von Zyklus, der mit ihren Anfällen verbunden war. Die Ergebnisse waren bei Männern und Frauen sowie bei Menschen mit unterschiedlichen Formen der Epilepsie ähnlich.

 

„Die Allgegenwart der Anfallszyklen zeigt, dass es sich um ein wichtiges klinisches Phänomen handelt, das die meisten Patienten betrifft“, meint Cook. Auch ohne die Hintergründe der Anfallszyklen vollständig zu verstehen, könnten Ärzte zeitliche Muster in die Patientenmanagementpläne integrieren.

 

Ein möglicher Ansatz sei, die Medikamentenkonzentrationen mit den Zeiten abzustimmen, in denen Anfälle wahrscheinlicher seien. Dieses Vorhaben ist laut den Wissenschaftlern allerdings komplex, denn die täglichen Zyklen könnten auch durch Spitzen und Täler in der Arzneimittelwirksamkeit verursacht werden, so dass eine Änderung nur die Zeitpunkte der Anfälle einer Person ändern könnte. „Die Anpassung der Medikamentenzeiten an den Wochen- oder Monatszyklus ist ebenfalls noch nicht erforscht“, so Cook.


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