Epileptische Anfälle besser verstehen

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Eine neue am Epilepsiezentrum Kleinwachau entwickelte Kurzschrift macht die Dokumentation der Anfälle einfacher.

 

Wie über Epilepsie gesprochen wird, war bisher sehr stark abhängig von der Ausbildung der Fachexperten oder ihrem Arbeitsort. „Schon 50 Kilometer weiter kann es passieren, dass die Ärzteschaft ganz andere Wörter für die Anfallsbeschreibung nutzt als man selbst“, beschreibt der Kleinwachauer Stationsarzt Frank Brandhoff das Problem. Weltweit gesehen werden die Schwierigkeiten noch größer. Die Internationale Liga gegen Epilepsie (ILAE) erarbeitete deshalb eine neue Klassifikation, die es in Zukunft leichter machen soll. Seit 2018 existiert die deutsche Übersetzung. Ausgangspunkt für die Beschreibung eines Anfalls ist nun sein Beginn und die Frage, was genau zu diesem Zeitpunkt passiert. Ist nur eine bestimmte Hirnregion involviert oder sind beide Gehirnhälften betroffen? Ist es also ein fokaler oder ein generalisierter Anfall? Durch die neuen Sprachregelungen können Anfälle nicht nur diesen Klassen zugeordnet werden, sondern viele Beobachtungen während des Geschehens mit aufgeführt werden. Schmatzt der Patient etwa oder nestelt eine Hand wie automatisch? Verkrampfen Arme oder Beine? Beginnt der Anfall mit einem Angstgefühl oder verliert er gar das Bewusstsein?

 

Daraus ergibt sich jedoch ein Problem. Die Anfallsbezeichnungen können heute mitunter sehr lang werden, wenn sie all diese Informationen transportieren sollen. Auch am Epilepsiezentrum Kleinwachau sah man sich nach der Einführung der neuen Klassifikation mit diesem Problem konfrontiert. Die bisher genutzte Symbolschrift zur Anfallsdokumentation war nicht mehr anwendbar. „Wir wollten deshalb eine Kurzschrift entwickeln, die zum Beispiel auch das Pflegepersonal schnell benutzen kann“, erzählt Brandhoff. Von Vorteil war, dass die auf internationaler Ebene erarbeitete neue Regelung wie ein Stufenmodell funktioniert. „Wir benutzen die Begrifflichkeiten wie eine Art Werkzeugkasten, der auf den jeweiligen Anfall angewendet werden kann.“

 

Die Kurzschrift gleicht einer Tabelle. Für den Beginn eines Anfalls wird entweder ein „F“ für fokal oder ein „G“ für generalisiert vergeben. Danach werden die Beobachtungen, je nach Art des Beginns, im Verlauf mit weiteren Buchstaben beschrieben. Letztlich kann der Beobachtende noch vermerken, ob der Patient bei Bewusstsein war oder nicht. „Ist an irgendeiner Stelle unklar, um was es sich handelt, kann auch einfach ein Fragezeichen vermerkt werden“, so der Epileptologe. Es entsteht damit ein Buchstabenschlüssel. „Diese eindeutige Schreibweise ermöglicht nun eine leichtere Kommunikation zwischen Pflegekräften und Ärzteschaft.“ Ein weiterer Vorteil: Anfälle können so ganz einfach dokumentiert werden.

 

Mit der Einführung des Kurzschrift-Systems haben die Ärzte im Epilepsiezentrum Kleinwachau gute Erfahrungen gemacht. „Wir haben das Pflegepersonal geschult und schon kurze Zeit später hat die Dokumentation nach der neuen Klassifikation ohne Probleme funktioniert“, sagt Brandhoff. Die Kurzschrift macht Schule. Bei Vorträgen konnte Brandhoff schon Kollegen anderer Einrichtungen für das entwickelte System begeistern. So bekundete etwa die Berliner Charité Interesse. „Mir als Epileptologe ist es ein Herzensanliegen, dass das Wissen darüber in die Welt getragen wird.“ Damit beim Reden über Epilepsie Klarheit herrscht.

 

Quelle: Epilepsiezentrum Kleinwachau

 

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Kontakt:

Dr. med. Frank Brandhoff

Facharzt für Neurologie

Abteilungsarzt klinische Epileptologie, Botulinumtoxin-Ambulanz

Tel.: 03528 4311360

f.brandhoff(at)kleinwachau.de

www.kleinwachau.de