Hormonelle Besonderheiten bei Frauen mit Epilepsie

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Von der Pubertät bis zur Menopause

 

In Deutschland leben etwa 400.000 Frauen mit Epilepsie, welche oftmals lebenslang auf die Einnahme von Medikamenten angewiesen sind. Neben dem primären Ziel der Anfallsfreiheit schließt die Epilepsiebehandlung auch geschlechtsspezifische Aspekte in den verschiedenen Lebensphasen der Frau ein.

 

In Studien konnte nachgewiesen werden, dass Sexualhormone Einfluss auf die neuronale Erregbarkeit und somit auf die Auslösung epileptischer Anfälle haben. Östrogene scheinen dabei anfallsbegünstigend zu wirken, während Progesterone und deren Abkömmlinge eher anfallsmindernd wirken. Mit dem Eintritt in die Pubertät treten die ersten relevanten hormonellen Veränderungen auf, die zu einem allmählichen Anstieg der Östrogene im Blut führen. Einige Formen von Epilepsien beginnen in dieser Lebensphase.

Abb. 1: Hormonverlauf im Zyklus.
Quelle: www.exeltis.at/der-weibliche-zyklus (Stand: 03.02.2019)

Auch während des menstruellen Zyklus kann, bedingt durch die hormonellen Veränderungen, die Anfallsfrequenz variieren. Man bezeichnet dies als katameniale Epilepsie. Definitionsgemäß ist damit die Verdoppelung der täglichen Anfallsfrequenz in einer bestimmten Zyklusphase in sechs aufeinanderfolgenden Monaten gemeint. So lassen sich beispielsweise in der Mitte des Zyklus(Tag 10 bis 13) infolge des Östrogenmaximums Anfallshäufungen nachweisen, ebenso wie am Zyklusende um die Monatsblutung (ab Tag 25), bedingt durch den Progesteronabfall (Abb. 1).

 

Ein sorgfältig geführter Anfallskalender, der gleichzeitig die Dokumentation der Monatsblutung mit einschließt, kann hier die Diagnosestellung erleichtern. Die Angaben über das Vorkommen einer katamenialen Epilepsie variieren stark und werden zwischen 10 und 78 % angegeben. Therapeutisch lässt sich nur bedingt eingreifen. Durch die Langzeiteinnahme eines hormonellen Kontrazeptivums (Pille) versucht man den menstruellen Zyklus zu unterdrücken, und die Anfallsfrequenz zu senken. Allerdings ist die Anwendung einer östrogen-haltigen Pille nicht in Kombination mit jedem Antiepileptikum möglich (Abb. 2).

Nicht jede Pille ist bei jedem Antiepileptikum gut geeignet
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Bei Frauen mit Epilepsie treten Störungen der Fruchtbarkeit häufiger auf als in der Normalbevölkerung. Dies ist zum einen bedingt durch die Epilepsie an sich, zum anderen aber auch durch den Einfluss mancher Antiepileptika.

Ca. 15 - 20 % der Epilepsie-Patientinnen weisen Störungen des Menstruationszyklus wie Zwischenblutungen, Ausbleiben der Regelblutung oder Zyklen ohne Eisprung auf. Gehäuft treten diese Phänomene auf, wenn die Epilepsie den Schläfenlappen betrifft. Auch Antiepileptika, wie zum Beispiel die Valproinsäure, können durch einen Abfall des Östradiolspiegels Zyklusunregelmäßigkeiten bedingen.

Das Thema der Empfängnisverhütung spielt bei Frauen mit Epilepsie eine besondere Rolle, da die Auswahl der Verhütungsmethode stets in Abhängigkeit von Wechselwirkungen mit den eingenommenen Antiepileptika getroffen werden sollte. So bewirken stark enzyminduzierende Antiepileptika eine verminderte Sicherheit der klassischen östrogenhaltigen Pille. Abb. 2 zeigt in einem vereinfachten Ampelschema, bei welchen Antiepileptika die Anwendung einer östrogenhaltigen Kontrazeption möglich ist, und bei welchen Antiepileptika auf östrogenhaltige Pillenpräparate infolge der verminderten Sicherheit verzichtet werden sollte.

Bei der rot und gelb gekennzeichneten Gruppe, sollte eine mechanische Verhütung, z. B. in Form einer Hormonspirale oder Kupferspirale, bevorzugt werden.

 

Ergänzend ein wichtiger Hinweis zum Wirkstoff Lamotrigin: Die Anwendung einer östrogenhaltigen Pille senkt den Serumspiegel um bis zu 50 %. Sollte die Kombination Lamotrigin und Pille dennoch erwogen werden, ist eine engmaschige Kontrolle des Serumspiegels, gegebenenfalls auch eine Dosisanpassung durchzuführen. Die Anwendung der Pille im Langzyklus ist zu bevorzugen.

Abb. 2: Anwendung der Pille unter Antiepileptika. Modifiziert nach: www.destin.dePatientenbroschürenEpilepsie und Schwangerschaft

Eine Schwangerschaft sollte bei Frauen mit Epilepsie in besonderer Weise vorbereitet und betreut werden. Die Häufigkeit epileptischer Anfälle ändert sich bei der Hälfte der betroffenen Frauen in der Schwangerschaft nicht. Bei 25 % der Frauen nimmt sie zu, bei 25 % verringert sie sich. Bereits vor Eintritt einer Schwangerschaft sollte mit dem betreuenden Neurologen Rücksprache über ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko bedingt durch die antiepileptische Medikation genommen werden. Die verschiedenen Antiepileptika unterscheiden sich in Hinsicht auf Fehlbildungsrisiko für das Un-geborene erheblich. Als günstige Wirkstoffe haben sich Lamotrigin und Leve-tiracetam erwiesen, während z .B. Valproinsäure und Topiramat eher eine hohe Fehlbildungsrate aufweisen (s. a. EURAP-Gemany - Das europäische Register für Schwangerschaften unter Antiepleptika, www.eurap.de).

Epilepsie und schwanger? Kein Problem bei guter Vorbereitung!
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Generell sollte eine Monotherapie in möglichst niedriger Dosierung angestrebt und Kombinationstherapien vermieden werden. Prophylaktisch wird die Einnahme von 5 mg Folsäure empfohlen. Bei Lamotrigin ist zu beachten, dass eine engmaschige Kontrolle des Serumspiegels im Verlauf der Schwangerschaft erforderlich ist, um das Absinken des Wirkspiegels frühzeitig zu erfassen und entsprechend durch Dosisanpassungen entgegenzuwirken. Dosisanpassungen sind unter Therapie mit Lamotrigin ab dem zweiten Schwangerschaftsdrittel zu erwarten. Generell ist eine normale Entbindung möglich, auch das Stillen wird empfohlen.

Die Menopause markiert die letzte Menstruation, auf die keine weitere Regelblutung mehr folgt. Als Perimenopause wird die Lebensphase ein bis zwei Jahre vor und nach der Menopause bezeichnet. In diesem Lebensabschnitt endet die Fruchtbarkeit der Frau aufgrund der nachlassenden Funktion der Eierstöcke. Das durchschnittliche Lebensalter bei Erreichen der Menopause beträgt 51 Jahre. Bei Frauen mit Epilepsie ist dieser Zeitpunkt häufig deutlich vorverlegt, im Mittel sind die Frauen 40 Jahre alt. In der Perimenopause gerät das zyklische Gleichgewicht des anfallssteigernden Östrogens und des anfallsmindernden Progesterons durcheinander. Zwar reifen in dieser Phase weiterhin östrogenproduzierende Follikel heran, durch ein gehäuftes Ausbleiben des Eisprungs wird jedoch weniger Progesteron freigesetzt. Somit kommt es zu einem „Östrogenüberschuss“, welcher in dieser Lebensphase eine Zunahme der Anfallsaktivität bedingen kann. Bei etwa 15 % der Epilepsie-Patientinnen manifestiert sich die Epilepsie in der Perimenopause. Ein möglicher therapeutischer Ansatz besteht im Ausgleich des relativen Progesteronmangels.

 

Zögern Sie nicht, sich bei Fragen vertrauensvoll an Ihre behandelnden Fachärzte zu wenden.


Dr. med. Frauke Gilleßen, Frauenärztin

 

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