Mein Weg mit Epilepsie
In loser Reihenfolge stellen wir immer wieder Betroffene vor, die uns ihren ganz eigenen Weg mit der Erkrankung schildern und zeigen, wie sie ihr Leben mit Epilepsie bewältigen.
Hier die Geschichte von Corina Kusserow, Leiterin der Interessengemeinschaft InGE Kiel e. V., die jetzt mit Anfang 60 Jahren volle Erwerbsminderungsrente bezieht.
Diagnose
- Art der Anfälle: Grand mal und Absencen fokalen Ursprungs
- Häufigkeit: Vor der Gehirn-OP im Jahr 2000, bei der ein Teil des Schläfenlappens entfernt wurde, kam es einmal im Monat zu »großen« Anfällen und zwar immer eine Woche nach der Monatsblutung über drei Tage hinweg mit in der Hochzeit bis zu sieben Anfällen täglich; nach der OP fünf Jahre anfallsfrei, dann traten Absencen in unregelmäßigen Abständen auf, im Groben alle drei bis vier Monate.Zurzeit ohne sichtbare Anfälle.
- Erster Anfall: nicht genau bekannt, endgültige Diagnose mit 19 Jahren
- Behandlung: medikamentös, aktuell in einer 3er-Kombi
Wie war das in der Schulzeit? Wussten Ihre Mitschüler und/oder Lehrer von der Epilepsie?
In der Schule hatte ich keine Anfälle, als Jugendliche augenscheinlich Schwindel und Kreislaufprobleme – so hieß es jedenfalls damals. Richtig erkannt und festgestellt wurde meine Epilepsie im Alter von 19 Jahren von einem niedergelassenen Neurologen.
Haben Sie schon vor Ihrer Erkrankung von Epilepsie gehört?
Ja, das hatte ich tatsächlich, mich aber nicht damit beschäftigt – wozu auch? Ich kannte auch keinen Betroffenen.
Welche Ausbildung haben Sie absolviert? Konnten Sie Ihren Berufswunsch verwirklichen oder mussten Sie Abstriche machen?
Ursprünglich wollte ich zur Polizei, vorbereitend dazu macht ich eine Ausbildung zur Erzieherin und blieb dann im Kita-Bereich, weil die Polizeilauflaufbahn nach der Diagnose Epilepsie nicht mehr möglich war. Als ich mit 16 Jahren die Ausbildung zur Erzieherin begann, hatte ich noch keine Anfälle. In der Endphase traten die ersten »Attacken« auf, aber selten. Als sich die Anfälle häuften, begleitete mich eine Kollegin zu Prof. Doose, der damals im heutigen NEZ (DRK-Norddeutsches Epilepsiezentrum) in Schwentinental tätig war. Der schickte mich zu einem niedergelassenen Neurologen, bei dem ich viele Jahre als Patientin geblieben bin.
Gibt es neben der Epilepsie noch Dinge, die Sie mehr belasten als die Anfälle selbst?
Die Angst, die meine Familie um mich hatte, belastete mich jahrelang sehr.
Was gab den Anstoß für Ihr Engagement in der Selbsthilfegruppe in Kiel? Warum haben Sie die Leitung übernommen?
Zuerst kam ich als normales Mitglied zur Gruppe für Eltern betroffener Kinder, da es für Erwachsene nichts »Eigenes« gab in Kiel. Später stieß ich mit meinem Mann die Öffentlichkeitsarbeit an. Dann übernahm ich immer mehr Aufgaben, bis ich plötzlich Vorsitzende war.
Verbinden Sie mit der Erkrankung auch etwas Positives?
Ich musste damals erkennen, dass meine sogenannten »Freunde« plötzlich alle weg waren, als sie von der Diagnose erfuhren. Heute bin ich vorsichtiger, jemanden als Freund zu bezeichnen. Aber wenn ich es tue, dann ist er es auch!
Gibt es etwas, was Sie anderen Betroffenen noch sagen möchten?
Geht immer ehrlich mit euch und eurer Epilepsie um, auch wenn es manchmal weh tun wird. Denn wenn ihr mal »die Haltung verliert«, ist es immer gut, wenn andere Leute richtig Hilfe leisten können. Ehrlichkeit zahlt sich aus, auch bei einer Epilepsie. Ich musste dies selbst erst lernen, doch ich bin bis jetzt gut damit »gefahren«. Denn: Epilepsie braucht Offenheit!
Interview zusammengefasst von
Doris Wittig-Moßner
Kontakt:
Interessengemeinschaft Epilepsie InGE Kiel e. V.
Bergenring 6
24109 Kiel
0431 531677