Unter welchen Voraussetzungen darf ein Epilepsiekranker den Führerschein machen?

In unserer modernen Leistungs- und Konkurrenzgesellschaft ist Mobilität zunehmend gefragt, ja unentbehrlich. Trotzdem kann man nun bei Anfallskranken - und das sind nicht nur Menschen, die unter Epilepsien leiden - die Frage nach dem Erwerb des Führerscheins bzw. das Führen eines Kraftfahrzeuges nicht einfach bejahen.


Bei der Diskussion dieser Fragen sind zunächst einmal die rechtlichen Bestimmungen zu beachten:


StVO §1(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.


(2) Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.


FeV § 2(1) Wer sich infolge körperlicher und geistiger Mängel nicht sicher im Verkehr bewegen kann, darf am Verkehr nur teilnehmen, wenn Vorsorge getroffen ist, dass er andere nicht gefährdet.


§ 3(1) Erweist sich jemand als ungeeignet oder nur noch bedingt geeignet zum Führen von Fahrzeugen ..., hat die Fahrerlaubnisbehörde ihm das Führen zu untersagen, zu beschränken oder die erforderlichen Auflagen anzuordnen.


FeV § 11(1) Bewerber um eine Fahrerlaubnis müssen die hierfür notwendigen körperlichen und geistigen Anforderungen erfüllen.


(2) Die Anforderungen sind insbesondere nicht erfüllt, wenn ein Mangel nach Anlage 4 oder 5 vorliegt, wodurch die Eignung oder bedingte Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen wird.


Aus diesen gesetzlichen Ausführungen geht hervor, dass sich niemand offenbaren muss. Straßenverkehrsordnung (StVO), zuletzt geändert am 18.08.1998, Fahrerlaubnis-Verordnung (FeV) i.d.V. vom18.08.1998 BGBl III/FNA 9231-1-11, FeV Anlage 4 (6.6) Anfallsleiden.


Werden jedoch Tatsachen bekannt, die auf ein Anfallsleiden schließen lassen, kann die Fahrerlaubnisbehörde ein ärztliches Gutachten vom Bewerber verlangen, das über die Erteilung oder Beschränkungen oder Auflagen entscheidet. Grundsätzlich wird also niemandem die Bewerbung um bzw. der Erwerb eines Führerscheines versagt. Wir müssen uns aber darüber im Klaren sein, dass dem individuellen Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit der Schutz der Allgemeinheit vor unzumutbaren Gefahren gegenübersteht.


Damit ergeht der klare Appell an Patienten, Eltern und Ärzte und auch die Fahrlehrer um sorgfältige Beachtung aller Vorschriften.


Selbstverständlich können hier keine mutwilligen, oberflächlichen Entscheidungen getroffen werden, sondern es muss immer ein kompetenter Arzt (Epileptologe) zu Rate gezogen werden. Für ihn sind entscheidend für die Beurteilung der Fahrtauglichkeit von Menschen mit epileptischen Anfällen und Epilepsien die "Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrer-eignung". FeV § 2 (1 und 2) "Begutachtungs-Leitlinien zur Kraftfahrereignung" (6. Auflage 2000) Eignung/bedingte Eignung Beschränkung/Auflage


A1 Motorrad bis 125 cm³ - Ausnahmsweise ja, wenn kein wesentliches Risiko von Anfallsrezidiven mehr besteht, z.B. 1 Jahre anfallsfrei Nachuntersuchungen in Abständen von 1, 2 und 4 Jahren
A Motorrad über 125 cm³
B PKW, Kfz bis 8 Sitzplätze
M Kfz bis 50 cm³ und max. 45 km/h
L/T Zugfahrzeuge für Land-und Forstwirtschaft
C1 LKW von 3,5 t bis 7,5 t - wenn kein wesentliches Risiko von Anfallsrezidiven mehr besteht, z.B. 5 Jahre anfallsfrei ohne Therapie - Wie oben
C LKW über 7,5 t D Bus
Ein verantwortungsbewusster Arzt wird seinen Patienten über seine Erkrankungen, die Medikamente und alle daraus folgenden Probleme und Vorteile gründlich aufklären und beraten.


Epilepsiekranke können unter bestimmten Umständen den Führerschein erwerben bzw. weiterhin ein Kfz lenken.


Heidemarie Horenburg