Die DE gibt ihren Mitgliedern Denkzettel

Die Deutsche Epilepsievereinigung nennt ihren neuen Mitglieder-Rundbrief "Denkzettel". Eine bemerkenswerte Idee, die ich gerne etwas interpretieren möchte.

Im Grimmschen Wörterbuch sind sehr unterschiedliche Sichtweisen von "Denkzettel" vermerkt. Die erste, bei Luther und anderen Schriftstellern des 16. Jahrhunderts heißt "Denkzettel" soviel wie: "eine schriftliche Aufzeichnung dessen, was man nicht vergessen will".

Zum anderen war der "Denkzettel" jener Zettel, auf welchem ein angesetzter Gerichtstermin öffentlich bekannt gegeben wurde.Ein dritter Gebrauch des "Denkzettels" sieht diesen etwas anders: Denkzettel ist "eine körperlich fühlbare und lästige Erinnerung an ein unangenehmes Ereignis".

Eine weitere Form des Sprachgebrauchs sieht so aus:"Einem unachtsamen Kind droht man mit einem Schlag, wenn man ihm zuruft: Ich werde Dir einen Denkzettel geben oder anhängen. Man könne es nicht förmlich bestrafen, wolle ihm aber als Vagabunden einen Denkzettel geben."

Im Brockhaus finden wir unter Denkzettel folgende Definition: "Merkzettel, einem einen D. geben, ihn so behandeln, dass er es sobald nicht vergisst".

Im Großen Lexikon der Synonyme finden wir unter Denkzettel: "Andenken - einen Denkzettel geben / erteilen / verpassen / verabreichen: bestrafen".

Gehen wir davon aus, dass die Autoren oder Schöpfer des Wortes "Denkzettel" für den DE- Mitgliederbrief die wertfreie Interpretation aus Luthers Zeiten im Hinterkopf hatten. Bei allen anderen Bedeutungen, die mir aber unweigerlich beim Gebrauch dieses Wortes in den Sinn kommen, fühle ich mich nicht so sonderlich gut angesprochen, zumindest nicht als mündiger Patient.

Als Mitglied der DE habe auch ich einen Denkzettel bekommen. Da schwingt viel Ironie oder vielleicht sogar Selbstironie mit.


Renate Windisch, Epilepsie Landesverband Bayern e.V.