Gefahr tödlicher Verkehrsunfälle bei Menschen mit Epilepsie

Untersuchung aus den USA

In einer Ausgabe von "Neurology" (2004; 63:1002-1007) veröffentlichten Forscher der Johns Hopkins Universität eine Untersuchung, in der sie berichteten, wie häufig epileptische Anfälle tödlich verlaufende Verkehrsunfälle verursachen.

Generell wird nach einem epileptischen Anfall für eine gewisse Zeit ein Fahrverbot verhängt. Das ist je nach Staat in den USA unterschiedlich. Tritt in dieser Zeit kein Anfall mehr auf, so kann der Patient wieder Auto fahren. Manchmal treten Anfälle jedoch nach sehr langer Zeit wieder auf, auch wenn der Patient Medikamente nimmt. Oder nach Absetzen der Medikamente.

Die Wissenschaftler werteten für diese Untersuchung die Totenscheine von Autofahrern aus, die zwischen 1995 und 1997 in den USA bei einem Unfall starben. Bei 44 027 Autofahrern war demnach nur in 86 Fällen ein epileptischer Anfall im Spiel. An den Folgen von Herzleiden, Diabetes und Bluthochdruck starben etwa zweitausend Fahrer bei einem Verkehrsunfall. Tödliche Unfälle durch Alkohol wurden 156mal öfter festgestellt als tödliche Verkehrsunfälle durch epileptische Anfälle. Junge Autofahrer im Alter zwischen 16 und 24 Jahren (in den USA kann schon mit 16 der Führerschein gemacht werden) verunglückten 123mal öfter und die Rate bei der Normalbevölkerung war ebenfalls 2,3 mal höher als bei Menschen mit Epilepsie. Als häufigste Unfallursachen nannten die Forscher nämlich Alkohol, Fahrfehler oder ungünstige Straßenverhältnisse.

Die Wissenschaftler verglichen auch die verschiedenen Todesursachen von Epilepsiepatienten, und fanden, dass der größte Teil der epilepsiebetroffenen Menschen an Herzkrankheiten stirbt, genauso viele wie in der Normalbevölkerung. Ein erhöhtes Risiko fanden die Wissenschaftler für die Todesursachen Ertrinken, Ersticken und Hirntumore.

Fahrverbote für Epilepsiepatienten haben gerade in den USA fatale Folgen. Dort sind die Menschen weit häufiger als in Deutschland auf ein Auto angewiesen um zur Arbeit zu gelangen oder Besorgungen zu erledigen. Der Gesetzgeber steht somit im Zwiespalt zwischen öffentlicher Sicherheit und den Bedürfnissen des Patienten. In dieser Studie machte die Länge des Fahrverbots nach einem Anfall anscheinend nichts aus. Egal ob die Epilepsiepatienten drei, sechs oder zwölf Monate (die amerikanische Regelung ist von Bundesstaat zu Bundesstaat unterschiedlich) anfallsfrei waren, bevor sie sich wieder ans Steuer setzten, der Anteil der Unfälle durch Anfälle blieb gleich. Ähnliche Studien zeigten jedoch, dass ein längeres Fahrverbot zu geringeren Unfallzahlen führt.

Obwohl epileptische Anfälle selten die Ursache für Verkehrsunfälle sind, kann es jedoch immer mal passieren. Ebenso hat sich die Untersuchung nicht mit dem Tod der Beifahrer oder Passanten befasst und sind nicht tödlich verlaufende Unfälle unberücksichtigt geblieben. Insofern ist sie nicht umfassend genug. Dennoch wird bei verantwortungsbewußten Epilepsiepatienten, die schon längere Zeit anfallsfrei sind, nichts gegen die Erteilung einer Fahrerlaubnis sprechen. Sie können ihr Teil dazu tun, indem sie ihre Medikamente regelmäßig nehmen und nicht eigenmächtig absetzen. Und im Zweifelsfall bei Übermüdung, Fieber oder anderen Faktoren, die bei ihnen Anfälle auslösen könnten, einfach den Wagen stehen lassen.

Susanne Fey
Wuppertal