10 Jahre Selbsthilfegruppe Deggendorf:

Seit rund 10 Jahren engagieren sich die momentan 15 Mitglieder der Selbsthilfegruppe für Epilepsie und Anfallsleiden. Den runden Geburtstag und den „Tag der Epilepsie“ (5. Oktober) nahmen Betroffene und Angehörige zum Anlass mit einem Vortrags- und Diskussionsabend über die Krankheiten im zentralen Nervensystem aufzuklären.

 

Heidi Hassan von der niederbayerischen Selbsthilfekontaktstelle für Selbsthilfegruppen und Betreuerin der Gruppe begrüßte rund 80 Zuhörer im Vortragsraum der Klinik Angermühle, was das große Interesse an diesem Thema zeigt.

 

Sensibel führte Gerhard Kilger in die Thematik ein. Als Ehemann einer Betroffenen ist er alltäglich mit der Krankheit konfrontiert. Hier einige Auszüge aus seiner Rede:

 

„In früheren Jahrhunderten nahm man an, Epilepsie werde von dämonischen Mächten hervorgerufen. Schon vor 2400 Jahren wollte der griechische Arzt Hippokrates solche Vorurteile mit Hilfe einer Aufklärungsschrift «Über die so genannte Heilige Krankheit» abbauen. Doch Vorurteile und Aberglauben waren stärker. Erst im letztem Jahrhundert hat die moderne Medizin die Thesen des genialen Arztes bestätigt. Dennoch haben sich gewisse Vorurteile hartnäckig erhalten. So trifft man häufig noch auf die Ansicht, bei jedem Anfall sterben Nervenzellen ab, Anfallskranke verblödeten deshalb. Jedoch ist heute erwiesen, dass eventuelle psychische Auffälligkeiten von den manchen Epilepsien zugrunde liegenden Gehirnschäden herrühren oder mit einer mangelhaften medikamentösen Einstellung zu tun haben. Die Epilepsie als solche verursacht nur dann zusätzliche Gehirnschäden, wenn besonders schwere, lang dauernde Anfälle (Status epilepticus) vorkommen. Zu allen Zeiten, also auch damals, als man Epilepsie noch nicht wirkungsvoll behandeln konnte, gab es Anfallskranke von hoher Intelligenz. Bedeutende Männer wie Julius Cäsar, Napoleon, Dostojewski reihen sich in den illusteren Kreis der Kranken ein.

 

Gestatten Sie mir bitte, noch ein paar Worte an jeden Einzelnen zu richten. Bitte behandeln Sie einen Epilepsiekranken, wenn Sie wirklich einmal einem Krampfenden begegnen sollten, nicht mit Vorurteilen wie – der ist ja betrunken, der ist ja zu nichts zu gebrauchen, der ist ja verrückt oder der soll doch zu Hause bleiben, wenn er schon weiß, dass er solche Anfälle bekommt! Die meisten können nach Abklingen des Krampfanfalls sehr schnell wieder ihren gewohnten Tätigkeiten nachgehen. Bitte bedenken Sie auch, dass keiner – aber auch wirklich kein einziger in dieser Runde – gegen dieses Leiden gefeit ist. Es reicht ein Unfall mit Kopfverletzung aus und Sie könnten dazugehören. Möchten Sie dann ins Abseits gestellt werden?

 

Sicher, manch großer Anfall ist für den Zuschauer schockierend, ja vielleicht sogar abstoßend. Aber wenn Sie hier Verständnis aufbringen und den Mut zum Helfen zeigen, dann ist von Ihnen aus bereits ein erster Schritt in die richtige Richtung getan.
Sicher, auch wir dürfen nicht die Hände in den Schoß legen und der Dinge hoffen, die da kommen. Wenn aber jeder Anlauf zur Integration mit Ablehnung, Desinteresse und Ignoranz beantwortet wird, ist es auch verständlich, dass sich die Betroffenen wieder in die Isolation zurückziehen.

 

Darum nochmals meine Bitte: Achten und Akzeptieren Sie uns, so wie wir sind. Denn auch wir sind Menschen wie du und ich. Wer weiß, ob wir uns nicht nach einem widrigen Umstand schon morgen in den in meinen Ausführungen erwähnten „illustren Kreis“ einfügen können.“

Barbara Lillge (v.l.), Gerhard Kilger, Ilse Skalitzky, Angelika Kilger und Heidi Hassan (Foto: Jenner)

Barbara Lillge (v.l.), Gerhard Kilger, Ilse Skalitzky, Angelika Kilger und Heidi Hassan (Foto: Jenner)

 

Dass gerade Kinder unter dem erwähnten mangelnden Verständnis leiden weiß Barbara Lillge aus eigener Erfahrung. Deshalb geht die Vorsitzende des epilepsie bundes-elternverbandes, deren Sohn in der Kindheit an Epilepsie erkrankt ist, den offensiven Weg. In der Klinik Angermühle referierte sie anschaulich anhand von praktischen Beispielen über die Probleme von Kindern und Jugendlichen, insbesondere im Schulalltag.

 

Zum Abschluss der gelungenen Veranstaltung bekamen die beiden Gründerinnen der Selbsthilfegruppe Deggendorf, Angelika Kilger und Ilse Skalitzky, einen Blumenstrauß zum zehnjährigen Bestehen der Gruppe überreicht.

 

Auch der Landesverband Epilepsie Bayern, in dem die Gruppe seit 1998 ein wichtiges Mitglied ist, gratuliert zu diesem Anlass recht herzlich!

 

Die SHG Epilepsie und Anfallsleiden trifft sich jeden ersten Montag im Monat von 18.-20.00 Uhr in der Klinik Angermühle und jeden dritten Montag zum Stammtisch.

 

Kontakt und Auskunft:
Selbsthilfegruppe für Epilepsie und Anfallsleiden
Angermühle 8 a
94469 Deggendorf
Heidi Hassan:
Tel. 0991/3705580
Fax 0991/3705599
oder
Angelika Kilger:
Tel. 0911-23400
Fax 0991-26641
E-Mail: angelika.kilger(at)wunschdrucke.de.
Im Internet ist die SHG unter www.epilepsie-deggendorf.de präsent.

 

Doris Wittig-Moßner, LV Epilepsie Bayern