EURAP ... das europäische Schwangerschaftsregister

Prof. Dr. Bettina Schmitz, Ingrid Coban

In Europa hat etwa eine von 200 Frauen eine aktive Epilepsie. Durch die verbesserten Behandlungsbedingungen sind die meisten epilepsiekranken Frauen heute in der Lage, ein ganz normales Leben zu führen – auch wenn sie nicht frei von Anfällen sind und wenn sie Medikamente zur Anfallskontrolle einnehmen müssen.

Viele Frauen mit Epilepsie wünschen sich ein Kind, sind aber unsicher, ob ihre Erkrankung für sie selbst oder ihr Kind mit besonderen Risiken einhergeht. Sie fürchten, dass sich die Epilepsie unter der Schwangerschaft verschlechtern könnte, dass das Kind durch Anfälle geschädigt werden könnte, dass eine normale Geburt nicht möglich sein könnte, dass Sie nicht stillen könnten oder dass ihre Anfallsbereitschaft vererbt werden könnte.

Obwohl die meisten Schwangerschaften unter Antiepileptika komplikationslos verlaufen, besteht doch in Abhängigkeit von der medikamentösen Behandlung und der Schwere der Erkrankung ein erhöhtes Fehlbildungsrisiko für das Kind. Eine antiepileptische Medikation sollte aber dennoch während der Schwangerschaft weiter geführt werden, da unkontrollierte Anfälle ebenfalls ein Risiko für das Kind darstellen können.

EURAP
Für viele unserer Antiepileptika, insbesondere für die neu entwickelten Medikamente, ist das Fehlbildungsrisiko nicht bekannt. Um mehr Informationen zu erhalten und um Frauen mit einer Epilepsie besser auf eine Schwangerschaft vorbereiten zu können, wurde EURAP entwickelt, ein internationales Schwangerschaftsregister, an dem sich inzwischen 40 Länder beteiligen.
Mit Hilfe dieses Registers soll festgestellt werden, ob die Einnahme von Antiepileptika in der Schwangerschaft zu Fehlbildungen und anderen Entwicklungsstörungen beim Kind führen kann und welche Substanzen und Dosierungen als sicher gelten können.
Inzwischen sind weltweit bereits 11.000 Fälle gemeldet worden. In Deutschland wurden 1030 Schwangerschaften registriert (Stand Dezember 2007).

Einschlusskriterien und Teilnahme
Alle Frauen, die zum Zeitpunkt der Schwangerschaft Antiepileptika einnehmen, können in EURAP eingeschlossen werden, unabhängig davon, ob der Behandlungsgrund eine Epilepsie oder eine andere Erkrankung ist. Der Einschluss bzw. die Meldung an EURAP sollte möglichst früh, idealerweise noch vor der 16. Schwangerschaftswoche erfolgen.

EURAP ist eine Beobachtungsstudie, das heißt, sie hat keine Auswirkungen auf die Behandlung selbst. Der Verlauf der Schwangerschaft wird von dem behandelnden Arzt / der behandelnden Ärztin anhand der Fragebögen dokumentiert.
Zusätzliche ärztliche Vorstellungstermine oder Untersuchungen sind in der Regel nicht notwendig.

Für Sie bedeutet die Teilnahme an dieser Studie lediglich, dass sie sich bereit erklären, Ihre pseudonymisierten Daten zentral registrieren zu lassen. Die Studie nimmt keinen Einfluss auf Ihre Behandlung. Im Rahmen der Studie werden von Ihrem Arzt bis zum Abschluss des ersten Lebensjahres des Kindes insgesamt fünf Fragebögen ausgefüllt. Es wäre für die Studie sinnvoll, wenn Sie sich während der Schwangerschaft und danach regelmäßig bei ihrem Arzt vorstellen. Sie sollten zu den Besuchen ihren Mutterpass und nach der Geburt das U-Heft ihres Kindes mitbringen sowie alle ärztlichen Berichte, die die Schwangerschaft, die Vorsorgeuntersuchungen und ggf. Behandlungen des Kindes betreffen.

Die Erhebungsbögen werden an EURAP-Deutschland geschickt und dort in die EURAP-Datenbank eingegeben.
Halbjährlich werden internationale und deutsche Zwischenberichte zu EURAP mit den neuesten Ergebnissen und Zahlen veröffentlicht (zum Beispiel auf der Webseite Öffnet einen externen Link in einem neuen Fensterwww.eurap.de).

Die im Rahmen dieser Studie aufgezeichneten Daten werden pseudonymisiert, d.h. die Daten können nur über Ihren behandelnden Arzt / Ärztin zu Ihnen zurückverfolgt werden. Die EURAP-MitarbeiterInnen sind nach den Richtlinien des Datenschutzgesetzes zur Verschwiegenheit verpflichtet, ebenso werden beim Umgang mit Ihren Daten die Grundsätze des Datenschutzes garantiert.

Einige Hinweise
Es gibt in der Regel keinen Grund, warum eine Frau mit Epilepsie keine Kinder bekommen sollte. In der Mehrzahl verlaufen Schwangerschaften bei Frauen mit Epilepsie komplikationslos. Um potenzielle Risiken durch die Anfälle oder durch die Behandlung zu minimieren, sollte eine Schwangerschaft möglichst geplant werden. Alle Frauen mit Epilepsie sollten deshalb frühzeitig mit ihrem Neurologen und Gynäkologen die Besonderheiten einer Schwangerschaft besprechen.

Vor der Schwangerschaft

  • Medikation bei Planung einer Schwangerschaft optimieren
  • Therapieziel: Anfallsfreiheit (möglichst keine Grand mal Anfälle)
  • Wenn möglich Monotherapie in der niedrigsten wirksamen Dosis
  • Vermeiden von Valproat (insbesondere in Kombination mit anderen Antiepileptika und bei Frauen, bei denen bereits ein Kind oder ein Familienangehöriger mit einer Fehlbildung z.B. Spina bifida, geboren wurde)
  • Serumkonzentrationsspitzen durch mehrfache Einnahme und sog. Retardpräparate vermeiden
  • 3 Monate vor einer Schwangerschaft und im ersten Schwangerschaftsdrittel Folsäure 4-5mg täglich


Während der Schwangerschaft

  • Bei eingetretener Schwangerschaft eine bewährte Medikation nicht mehr verändern
  • NICHT ohne Rücksprache mit dem Arzt die Medikamente reduzieren oder absetzen
  • Gezielte Ultraschallfeindiagnostik ab der 12. Woche
  • Kontrollen des Serumspiegels bei einigen Antiepileptika (Absprache mit dem Arzt)
  • Anfallsserien, „große“ bzw. Grand mal Anfälle und anfallsbedingte Stürze möglichst vermeiden


Geburt

  • Eine natürliche Geburt ist grundsätzlich möglich
  • Kaiserschnitt nur bei häufigen Anfällen in der Schwangerschaft, großen Anfällen während der Geburt, fehlender Mitarbeit bei der Geburt aufgrund vieler kleiner Anfälle
  • Antiepileptika auch im Kreißsaal weiter einnehmen
  • Ggf. vorübergehender Anfallschutz durch benzodiazepinhaltige Medikamente
  • Vitamin K für das Kind unmittelbar nach der Geburt (z.B. als subcutane Spritze)

 

Im Wochenbett

  • Alle Antiepileptika gehen in unterschiedlichem Ausmaß in die Muttermilch über
  • Stillen nach Rücksprache mit dem Neurologen und dem Kinderarzt erlaubt
  • Abstillen bei ausgeprägter Müdigkeit, Trinkschwäche und unzureichende Gewichtszunahme
  • Stillen nicht unnötig lange fortsetzen.
  • Medikamentendosis überprüfen, wenn während der Schwangerschaft die Dosis erhöht wurde
  • Unterstützung bei der Versorgung des Kindes organisieren (Schlafentzug in Folge des Stillens kann ggf. zu vermehrten Anfällen führen)
  • Risiken für das Kind durch bestimmte Vorsichtsmaßnahmen minimieren  (Wickeln und Stillen in einer sicheren Position, Kinderwagen mit einer automatischen Bremse, Baby nicht alleine baden)

Weitere Informationen können Sie der Broschüre „Epilepsie und Kinderwunsch" entnehmen.
Diese können Sie über Ihren Arzt/Ärztin oder direkt von unserer Webseite Öffnet einen externen Link in einem neuen Fensterwww.eurap.de herunterladen.

Kontaktadresse
Prof. Dr. Bettina Schmitz
EURAP-Deutschland
Neurologische Klinik und Poliklinik
Campus Virchow-Klinikum
CharitéCentrum für Neurologie, Neurochirurgie und Psychiatrie
Augustenburger Platz 1, 13353 Berlin
Tel.: +49 30 450 560808/062
Fax: +49 30 450 560938/901
E-Mail: Öffnet ein Fenster zum Versenden einer E-Maileurap.germany(at)charite.de
Internet: Öffnet einen externen Link in einem neuen Fensterwww.eurap.de