Momente außer Kontrolle

„Ich glaube, es ist wichtig, diese Geschichte immer wieder zu erzählen“:
Lernen, Epilepsie ohne Schrecken zu erleben

Petra Klein, Leiterin der Epilepsie Beratung Regensburg der Katholischen Jugendfürsorge der Diözese Regensburg e.V., will die breite Öffentlichkeit für das Tabuthema Epilepsie sensibilisieren. Verglichen mit anderen Krankheitsbildern, bestehen Informationsdefizite, Unwissen und Berührungsängste. Um dem entgegenzuwirken, bot die Epilepsie Beratung gemeinsam mit den beiden Sozialpsychiatrischen Diensten in Regensburg sowie dem Johann-Hinrich-Wichern-Haus im Rahmen der Aktion „Gehandicapt - Na und!“ im November 2008 eine Filmreihe an. Marno Schulze, ein Hauptprotagonist des Films „Momente außer Kontrolle“, umrahmte den Film mit Klaviermusik und Gesang. Er gewährte berührende Einblicke in sein Leben mit Epilepsie und beantwortete im Anschluss an die Veranstaltung mit Frau Klein die vielen Fragen der Besucher.

Marno Schulze, Betroffener und Hauptakteur des Films „Momente außer Kontrolle“
Quelle: Epilepsie Beratung Regensburg

Der 36-jährige Berliner Marno Schulze arbeitet als Musikpädagoge und Chorleiter, ist verheiratet, hat zwei Kinder. „Mein Alltag ist nicht von der Epilepsie bestimmt“, erzählt er, „trotzdem bin ich mehr als andere Menschen auf die Grenzen meiner Möglichkeiten zurückgeworfen. Mute ich mir über längere Zeit zu viel zu, werde ich durch einen Anfall unsanft gestoppt.“

Im Alter von 14 Jahren bekam er seinen ersten Anfall. Seitdem erlebt Marno Schulze ganz unterschiedliche Zeiten mit der Krankheit. Da waren jahrelange Anfallsfreiheit, aber auch Zeiten mit Anfällen im Monatsrhythmus, die Hilflosigkeit, ausgeliefert zu sein, dann die Auseinandersetzung mit den Ursachen und Vermeidung von Situationen, die Anfälle auslösen.

Eine Verhaltenstherapie, die Marno Schulze im Jahr 2000 begann, sollte helfen. Das Ziel war: weniger Anfälle, weniger Medikamente – aber so einfach ging die Rechnung nicht auf, wie Marno Schulze heute sagt. Erst musste er lernen, was er selbst tun konnte, um das Auftreten der Anfälle zu beeinflussen. Dazu gehöre auch, so Marno Schulze, die Vorzeichen rechtzeitig wahrzunehmen und vor allem ernst zu nehmen. Ein Anfall kündige sich bei ihm z.B. durch Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren an, Worte zu finden oder überhaupt einen klaren Gedanken fassen zu können. Dann könne er mit etwas Glück den Anfall mit einer kleinen Auszeit abwenden. Gelingt dies nicht, so nähme sich der Körper die Auszeit einfach selbst. „Direkt vor dem Anfall habe ich manchmal noch ein paar Sekunden, in denen ich zwar bemerke, was mit mir passiert, es aber nicht mehr kontrollieren kann. Diese Sekunden sind neben den Momenten des Aufwachens die schlimmsten.“

Der Film „Momente außer Kontrolle“ erzählt Marnos und Michaels Geschichte. Zwei Menschen, die einen Weg suchen, um mit ihrer Krankheit leben zu können. „Ich glaube, es ist wichtig, diese Geschichte immer wieder zu erzählen“, bekräftigt Marno Schulze, „vielleicht verliert das Ereignis „epileptischer Anfall“ dadurch ein wenig von dem Schrecken, den es durch sein plötzliches Auftreten und der manchmal eintretenden Bewusstlosigkeit der Betroffenen verbreitet. Etwas weniger Hilflosigkeit, etwas mehr Gelassenheit, auch auf Seiten derjenigen, die einen Anfall miterleben – das wäre doch was!“

Petra Klein bezeichnet den Film von Regisseurin Katrin Huckfeldt als einen großen Glücksfall, da er informative und unterhaltsame Elemente verbindet. Das Thema Epilepsie werde realistisch und einfühlsam dargestellt. Damit könne man ein breites Publikum erreichen und allgemeines Interesse, für dieses doch so häufige Krankheitsbild wecken. Immerhin ist 1 % der Bevölkerung von einer chronischen Epilepsie betroffen und 5 % der Bevölkerung erleiden einen Gelegenheitsanfall.

Die Leiterin der Epilepsie Beratung weiß, dass die Betroffenen viel Verständnis und Unterstützung brauchen, denn mit Epilepsie leben zu lernen ist ein langwieriger und schwieriger Prozess. „Ein erster Anfall bedeutet ein plötzliches Herausgerissen werden aus der Sicherheit alles unter Kontrolle zu haben“, so Petra Klein.
Pressestelle, KJF der Diösese Regensburg e.V.


Der Film „Momente außer Kontrolle“ kann für € 22,- inkl. MwSt. (plus € 2,20 Porto) bezogen werden bei:

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