Homöopathische Behandlung der Epilepsien

Die Epilepsie-Therapie der ersten Wahl ist die medikamentöse Behandlung mit Antiepileptika. Die Schattenseite der Medikamente sind jedoch ihre Nebenwirkungen. Patienten klagen vor allem über Müdigkeit, Schwindel sowie Konzentrationsstörungen. Trotz der Wirksamkeit der konventionellen Therapie brechen deshalb manche Patienten die Behandlung ab und suchen nach Alternativen.
Die Homöopathie gehört zu den alternativen medizinischen Heilverfahren und ist praktisch nebenwirkungsfrei. Ihre Unbedenklichkeit ist auch der Grund für ihre Popularität. Laut einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach aus dem Jahr 2009 hat sich die Zahl der Homöopathie-Anwender in den vergangenen 40 Jahren fast verdoppelt.
Die klassische Homöopathie wurde vor mehr als 200 Jahren von dem sächsischen Arzt Samuel Hahnemann (1755–1843) begründet. Die homöopathische Heilmethode gilt als Reiztherapie zur Aktivierung der körpereigenen Selbstheilungskräfte. Sie basiert auf drei Grundsätzen: der Arzneimittelprüfung am Gesunden, dem Ähnlichkeitsprinzip und der Verwendung potenzierter Arzneimittel.
Bei der Behandlung werden nur solche Arzneimittel eingesetzt, deren Wirkung zuvor in einem Beobachtungsversuch an gesunden Personen geprüft wurde.
Der homöopathische Arzt behandelt seine Patienten nach dem Ähnlichkeitsprinzip, d.h., mit einer Besserung bzw. Heilung ist zu rechnen, wenn die Symptome, die das verordnete Medikament in der Arzneimittelprüfung hervorgerufen hat, den Symptomen des Patienten möglichst ähnlich sind. Das Ähnlichkeitsgesetz ist keine Errungenschaft Hahnemanns. Als Behandlungsgrundlage wird es bereits im Alten Testament, bei Hippokrates, Platon und Paracelsus erwähnt.
Die Wirkung homöopathischer Arzneimittel beruht auf einem speziellen Zubereitungsverfahren auf der Basis von Verdünnung, Verschüttelung bzw. Verreibung. Die homöopathische „Verdünnung“ führt dabei nicht zum Verlust, sondern zur Wirkungsverstärkung (Potenzierung) der Arznei.

Behandlungsstrategie


Bei der homöopathischen Epilepsie-Behandlung stellt sich die Frage, ob die Erkrankung ausschließlich homöopathisch oder in Kombination mit konventionellen Antiepileptika durchgeführt werden soll. Die Therapiestrategie orientiert sich an der Anfallsform und der Anfallsfrequenz des Patienten. Generell sollte bei mangelndem homöopathischem Therapieerfolg eine zusätzliche, konventionelle antiepileptische Behandlung erfolgen.
Die homöopathische Behandlung von Epilepsien darf nur von spezialisierten Therapeuten durchgeführt werden. Neben einer fundierten homöopathischen Ausbildung sollte der behandelnde Arzt über neurologische und epileptologische Kenntnisse verfügen. Es gibt kein homöopathisches „Epilepsie-Mittel“. Im Vordergrund der homöopathischen Therapie steht nicht so sehr die Diagnose „Epilepsie“, sondern das individuelle Symptombild des Patienten.

Wahl der Symptome und individuelle Verordnung


Das passende homöopathische Mittel findet der Homöopath anhand einer genauen Anfallsanamnese. Zu diesem Zweck werden der Patient und oft auch sein familiäres und therapeutisches Umfeld befragt. Für die individuelle Auswahl des passenden Arzneimittels sind besonders auffällige Symptome wichtig, die den Patienten von anderen Kranken mit derselben Diagnose unterscheiden, z.B. wenn er während eines Anfalls Durst hat und etwas trinkt (? Fallbeispiel).
Unter Berücksichtigung aller vorliegenden Informationen verordnet der homöopathische Arzt ein Arzneimittel, das möglichst alle Aspekte der Anfallssymptome des Patienten repräsentiert, d.h., die größtmögliche Ähnlichkeit mit der individuellen Epilepsieerkrankung zeigt. Im Behandlungsverlauf kann es nötig sein, das homöopathische Mittel mehrmals zu wechseln, weil sich das Symptombild der Krankheit verändert hat (? Fallbeispiel). Besonders bewährt hat sich deshalb die tägliche Behandlung mit Q-Potenzen als Lösung mit relativ kurzer Wirkdauer, in denen der Arzneiwirkstoff in einem hohen Verdünnungsverhältnis enthalten ist.


Behandlungsdauer und Prognose


Bei vielen Epilepsie-Patienten, die homöopathisch behandelt werden, ist eine begleitende Therapie mit Antikonvulsiva nötig, wobei erfahrungsgemäß bei richtig gewähltem homöopathischem Arzneimittel eine Dosisreduktion der Antikonvulsiva möglich ist. Der Arzt wird jedoch die Dosierung nur herabsetzen, wenn klare Belege für den homöopathischen Behandlungserfolg vorliegen. Antikonvulsiva werden grundsätzlich schrittweise reduziert, andernfalls können Entzugsanfälle auftreten. Während der Reduktionsphase sollten EEG-Kontrollen durchgeführt werden. Diese Kontrollmaßnahme ist wichtig, weil eine Zunahme epilepsietypischer EEG-Veränderungen eine erhöhte Anfallsbereitschaft erkennen lässt und unter Umständen eine neue Therapiestrategie erfordert.
Erfahrungsgemäß ist durch eine homöopathische Epilepsie-Behandlung eher mit einer Reduktion der Anfallsfrequenz und der Schwere der Anfälle als mit einer kompletten Anfallsfreiheit zu rechnen. Bei idiopathischen Anfällen (Anfälle ohne erkennbaren Grund) ist im Vergleich zu symptomatischen Anfällen (Anfälle mit bekannter Ursache wie z.B. ein Tumor) die Prognose besser. Tatsächlich ist für Patienten die Zahl der Anfälle oft weniger wichtig als die Verträglichkeit der Medikamente.


Fallbeispiel


22-jährige Patientin mit diagnostizierter Temporallappenepilepsie mit komplex-fokalen Anfällen. Während eines Anfalls schluckt die Patientin mehrmals, wirkt abwesend, ist nicht ansprechbar und führt gelegentlich sinnlose Handlungen durch, manchmal trinkt sie während des Anfalls. Die nur Sekunden dauernden Anfälle treten teilweise mehrfach täglich und auch nachts auf. Nach den Anfällen fühlt sich die Patientin müde und nicht leistungsfähig. Die in der Universitätsklinik empfohlene antiepileptische Behandlung mit Lamotrigin lehnt sie ab und entscheidet sich trotz des Hinweises der Neurologin auf die Unwirksamkeit der Homöopathie für eine alleinige homöopathische Behandlung. Vor Behandlungsbeginn treten durchschnittlich 15 Anfälle pro Monat auf.
Das erste homöopathische Mittel führt zunächst zu Anfallsfreiheit, Zunahme des Wohlbefindens und der Leistungsfähigkeit. Im weiteren Verlauf treten drei leichtere Anfälle und nach zwei Monaten ein Grand-Mal-Anfall auf. Die erneut angeratene antikonvulsive medikamentöse Therapie lehnt die Patientin weiterhin vehement ab, so dass die homöopathische Therapie nach einem Mittelwechsel weitergeführt wird. In den folgenden acht Monaten kommt es zu einer Aura ohne folgenden Anfall und zu zwei nächtlichen Anfällen.
Rückblickend konnte bei der Patientin unter ausschließlicher homöopathischer Behandlung in einem Behandlungszeitraum von zweieinhalb Jahren eine erhebliche Reduktion der Anfallsfrequenz erzielt werden. Auf einer EEG-Kontrolle vom 12.08.10 sind die im Vorbefund von 2004 beschriebenen epilepsietypischen Veränderungen im rechten Schläfenlappen nicht mehr zu erkennen. Unter der homöopathischen Therapie tritt aktuell durchschnittlich alle drei Monate ein nächtlicher Anfall auf. Bei völligem Wohlbefinden mit erhaltener Leistungsfähigkeit erscheint in Anbetracht der seltenen Anfallsfrequenz ausschließlich nachts die alleinige homöopathische Weiterbehandlung vertretbar. Eine konsequente Verlaufsbeobachtung ist allerdings unbedingt erforderlich.
Der Behandlungsverlauf zeigt deutlich, dass für Patienten nicht die Plausibilität einer medizinischen Methode zählt, sondern ihre Wirksamkeit und dass die mitunter polemisch geführte Debatte um die Homöopathie kontraproduktiv ist und dem Patienten nicht hilft.

Thomas Lorz

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