Anfallswarnhunde

Janosch zeigt einen Epilepsieanfall an
Erik Kersting
Anfallswarnhund Janosch
Angel warnt

...für Menschen mit Epilepsie eine große Hilfe

Dass Hunde epileptische Anfälle anzeigen können, ist eher zufällig "entdeckt" worden. Epilepsiepatienten, die einen Hund hatten, schilderten, dass sich das Verhalten des Hundes änderte, bevor sie einen Anfall bekamen. Je länger diese Patienten mit ihren Hunden zusammenlebten, desto früher konnten sie am Verhalten ihres Hundes feststellen, dass sich ein Anfall ankündigte.

Aufbauend auf diesen Erfahrungen entwickelte Hundetrainer Erik Kersting ein Programm zur Ausbildung von Anfallswarnhunden, das von zertifizierten Servicehundeerzieher der „Stiftung Hunde helfen leben“ durchgeführt wird. In Zusammenarbeit mit dem Betroffenen, seinem sozialen Umfeld (Partner/-in oder Eltern) und dem behandelnden Arzt wird im Vorfeld ein Anforderungsprofil für jene Hilfeleistungen erstellt, die der Hund später übernehmen würde, also Aufgaben vor, während und nach einem Anfall und spezielle Kommandos z. B. um Helfern die Tür zu öffnen. Das Anforderungsprofil ist gleichzeitig die Grundlage für die Auswahl eines Welpen und der Leitfaden für seine Ausbildung. Bevorzugt nehmen wir Rassen, die einen starken domestizierten sozialen Rudelinstinkt und einen hohen „Streichelfaktor“ haben, zum Beispiel Golden Retriever, Labrador Retriever, Labradoodle.

Die Ausbildung des Hundes muss individuell auf den Menschen, sein Umfeld und seine Erkrankung abgestimmt werden. So soll zum Beispiel ein Hund für ein kleineres Kind die Mutter holen, bei einem Erwachsenen eher als Warnung bellen, wenn ein Anfall kommt. Mögliche Aufgaben des Hundes wären z. B. das Warnen vor einem nahenden Anfall, um Verletzungen vorzubeugen, das Betätigen eines Notrufschalters oder Hilfe von anderen Personen holen, es könnte aber auch das Wärmen der Bezugsperson bei einem Anfall sein. Nach dem Anfall kann er seine Bezugsperson nach Hause geleiten oder in die stabile Seitenlage bringen. Wissenschaftlich nachgewiesen ist, dass ein solcher Hund Sicherheit vermittelt und damit die Anfallshäufigkeit reduziert, die Unfallgefahr wird stark verringert und das Selbstwertgefühl steigert sich.

„Mein Anfallswarnhund bringt mir Sicherheit. Ohne ihn könnte ich nicht ohne die Hilfe und Aufsicht von anderen Menschen leben. Mein Hund gewährleistet mir meine Freiheit“, so das Zitat von Mary Carprieaux aus den Niederlanden.

Auch bei der Familie Heiner aus Alsdorf/Deutschland gab es durch die Epilepsie des Sohnes Christian viele Probleme. Christian Heiner leidet seit seinem 3. Lebensjahr an einer besonders schwierigen Form der Epilepsie. Seine Eltern betreuen ihn täglich 24 Std. rund um die Uhr. Medikamente erzielten nur bedingt eine Besserung der Krankheit. Selbst in einem Epilepsiezentrum konnte ihm nicht geholfen werden. Da Christians Anfälle während der Nacht auch nicht durch einen Bewegungssensor angezeigt werden konnten, schliefen die Eltern gemeinsam mit ihm in einem Bett. Angel, ein Golden Retriever, ist nun seit 2,5 Jahren bei Christian. Seit 2 Jahren signalisiert sie Christians Anfälle und hilft ihm, aus dem Anfall wieder heraus zu kommen. Das erste Mal weckte Angel die Mutter in der Nacht des Heiligen Abends 2009. Die Hündin brachte ihr einen Hilfedummy (= ein Stoffbeutel, auf dem „Hilfe“ steht), so wie es auch vorher trainiert worden war. Die Mutter stand auf und ging in das Zimmer ihres 17-jährigen Sohnes. Dieser lag ruhig schlafend in seinem Bett. Angel war ganz aufgeregt und schnupperte immer wieder an den Handflächen ihres Besitzers. Doch nach wenigen Minuten bemerkte Frau Heiner, dass bei ihrem Sohn ein epileptischer Anfall einsetzte. „Niemals vorher hat Angel mich so gezielt gewarnt, es ist für uns wie ein Traum“, sagte Frau Heiner damals. Mittlerweile signalisiert Angel etwa 1,5 Stunden vorher, wenn ein epileptischer Anfall kommt und ca. 5 Minuten vorher, dass der Anfall unmittelbar bevorsteht. Das konnte durch Beobachtung während eines EEGs nachgewiesen werden.

„Es ist ein unbeschreiblich schönes Gefühl, wieder ohne unseren Sohn im Bett zu schlafen und zu wissen, dass Angel auf ihn aufpasst und mich weckt, wenn etwas nicht in Ordnung ist. Ich kann endlich nach 15 Jahren mal wieder in Ruhe schlafen.“, sagt die Mutter Irene Heiner.

Wer sich näher für dieses Thema interessiert, ist eingeladen zum Fachvortrag „Anfallswarnhund für Menschen mit Epilepsie“
Samstag, 23. Juni 2012 von 11:00 bis 15:00 Uhr
in der Epilepsieberatung des Juliusspital, Würzburg.

Informationen und Anmeldung
Epilepsieberatung Unterfranken,
Stiftung Juliusspital Würzburg
Juliuspromenade 19
97070 Würzburg
Telefon: 0931 393-1580
epilepsieberatung(at)juliusspital.de