Wilkens Weg zur Schule

Erfahrungsbericht in Sachen Anträge, Verordnungen usw.

Unser Sohn Wilken hat als Folge einer Herpesenzephalitis viele epileptische Anfälle. Dadurch hat sich unser Leben total verändert. Wir mussten für alle möglichen Hilfen umfangreiche Anträge stellen. Die beim Besuch des MDK erst einmal angezweifelte Pflegestufe wurde nach Widerspruch bewilligt. Für die Schule braucht Wilken einen ständigen Begleiter, der auch recht zeitnah vom Sozialamt genehmigt wurde, allerdings zunächst nur für ein Schulhalbjahr. Für jedes weitere Schulhalbjahr müssen wir einen neuen Antrag stellen, und das seit drei Jahren. Aufgrund der verschlechterten Anfallssituation haben wir Anfang Juni 2011 während eines Aufenthaltes in Kidron, der kinderepileptologischen Abteilung im Epilepsiezentrum Bethel, mit ärztlichem Attest eine Betreuung auch für den Schulweg beantragt.

Grund: Falls ein Schüler einen Anfall während der Fahrt des Schulbusses bekommt, muss das Personal des Busunternehmens sofort den Notarzt rufen und darf kein Notfallmedikament verabreichen. Da das aber unter Umständen viel zu lange dauern würde, fanden wir, dass Wilkens Integrationshelfer, der ihn in der Schule begleitet, auch während der Fahrt von und zur Schule bei unserem Sohn sein sollte. Denn der Integrationshelfer ist ermächtigt, das Notfallmedikament bei Bedarf zu verabreichen. Wir erhielten eine mündliche Zusage für die Kostenübernahme und stellten einen Vorabantrag per E-Mail aus der Klinik.

Nach Wilkens Entlassung ging dann aber erst einmal gar nichts. Das Sozialamt fühlte sich nicht zuständig, machte die Krankenkasse verantwortlich. Der Schulträger musste noch über einen Amtsarzt entscheiden lassen, ob der Integrationshelfer schon auf dem Schulweg notwendig ist. So haben wir Wilken zunächst selbst zur Schule gefahren, damit er nicht auf Unterricht und soziales Umfeld verzichten muss. Nach unzähligen Telefonaten und vielem hin und her vergingen zunächst sechs Wochen, bis wir den schriftlichen Bescheid hatten, dass der Antrag an die Krankenkasse weitergeleitet worden ist. Danach hörten wir weitere zwei Monate nichts!

Und wieder Anrufe bei dem zuständigen Mitarbeiter des Kreises Herford, zum einen von der Sozialberatung im Krankenhaus Mara, Frau Anne Hauser, und zum anderen vom FeD, dem Arbeitgeber des Integrationshelfers. Keine Reaktion. Auch unser eigener Anruf brachte uns nicht weiter. Danach baten wir unseren Anwalt um Hilfe. Ein Brief mit Androhung einer Untätigkeitsklage und Fristsetzung brachte einen Tag vor Fristablauf die Zusage zur Kostenübernahme für den Integrationshelfer auf dem Schulweg. Auch der Schularzt befand nun, dass das Attest aus Bethel völlig rechtmäßig ausgestellt worden war und die Beförderungskosten übernommen werden müssen.

Tatsächlich sind von Antragsbeginn bis Bewilligung (zunächst für ein Schulhalbjahr) des Sozialamtes und Fahrtkostenübernahme des Schulträgers vier Monate (minus sechs Wochen Ferien), 3.500 gefahrene Kilometer und der Verlust von ca. 100 Stunden privater Zeit und Arbeitszeit vergangen.

Meine Feststellung nach diesen „Erlebnissen“:
Nicht die Behinderung, die komplizierte Epilepsie, das Leben mit einem besonderen Kind belastet die betroffenen Familien, sondern die vielen komplizierten Auseinandersetzungen mit den Behörden und unserer so sehr sozialen Gesellschaft.

Jutta Kaminski, Kirchlengern
Tel: 05744-4857