Aut idem-Kreuz contra Rabattvertrag

Nach einem Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 7. Januar 2014 (Az. S 13 KR 379/13) ist ein Apotheker verpflichtet, genau das Medikament abzugeben, welches der Arzt verordnet hat, wenn das Aut idem-Kreuz auf dem Rezept gesetzt ist. Auch wenn ein Rabattvertrag mit dem Originalhersteller besteht, muss der Apotheker das verordnete Präparat abgeben.

Mit diesem Urteil stützt das Gericht die Therapiehoheit des Arztes und stellt klar, dass es bei der Verordnung von Medikamenten in erster Linie um den Patienten geht und nicht um Rabatte. Geklagt hatte ein Apotheker, der ein Mittel abgegeben hatte, dass vom Arzt durch Aut idem-Kreuz von der Substitution (= Austausch) ausgeschlossen wurde. Die Krankenkasse wollte dem Apotheker die Kosten für das Präparat nicht erstatten, da für ein wirkstoffgleiches Medikament ein Rabattvertrag bestand. Die Krankenkasse muss also genau das Medikament bezahlen, dass der Arzt verordnet hat.

Das Urteil gibt jetzt endlich Rechtssicherheit für Apotheker und Patienten und schützt so die Patienten vor unkontrollierten Medikamentenwechseln.

Susanne Fey, Wuppertal


Substitution - Nein, danke!

Quelle: © AOK Bundesverband

Nach langem Hin und Her haben sich der Deutsche Apotheker-Verband (DAV) und der GKV-Spitzenverband (= Interessenvertretung der gesetzlichen Kranken- und Pflegekassen in Deutschland) am 7. Januar 2014 auf eine Substitutionsausschluss-Liste (Aut idem-Liste) verständigt. In diese Liste sollen Arzneimittel aufgenommen werden, bei denen grundsätzlich nicht substituiert, also ausgetauscht, werden soll. Die ersten beiden Wirkstoffe, für die der Substitutionsausschluss gelten wird, stehen auch schon fest:
Ab 1. April werden Medikamente mit den Wirkstoffen Phenytoin und Ciclosporin genau so ausgegeben, wie der Arzt sie verordnet hat. Der Apotheker ist ab diesem Zeitpunkt nicht mehr verpflichtet, gegen entsprechende Rabattmedikamente auszutauschen.
Monatelange Verhandlungen vor der Schiedsstelle, die beide Parteien im Sommer angerufen hatten, führten nicht zu einem Kompromiss. Schließlich legten die Politiker im Koalitionsvertrag fest, dass der gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), statt Apotheker und Kassenvertreter, aktiv werden und eine Aufstellung zum Substitutionsausschluss erarbeiten solle. Die Wende in den Verhandlungen von DAV und GKV kam dann ganz überraschend.
Jetzt sollen anhand von fünf Kriterien und mit Hilfe zweier Gutachter, die von DAV und GKV zu benennen sind, vor der Schiedsstelle einzelne Wirkstoffe verhandelt werden, ob sie auf die Substitutionsausschluss-Liste kommen oder nicht.
Die Kriterien:

  • Wie häufig haben Ärzte bei dem Wirkstoff bisher das Aut idem-Kreuz gesetzt?
  • Wie häufig haben Apotheker bei dem Wirkstoff pharmazeutische Bedenken geltend gemacht?
  • Hat der Wirkstoff eine geringe therapeutische Breite?
  • Muss der Patient bei der Umstellung auf ein wirkstoffgleiches Medikament besonders beobachtet werden („Drug Monitoring“ laut Zulassung und Fachinformation)?
  • Wissenschaftliche Studien und Stellungnahmen sollen ausgewertet und berücksichtigt werden.


Für den GKV-Spitzenverband ist der Kompromiss nur eine Zwischenlösung, der DAV spricht von einem klaren Fortschritt für chronisch kranke Patienten. Auf die Ergebnisse des Verfahrens sind mit Sicherheit viele chronisch kranke Menschen sehr gespannt.

Susanne Fey, Wuppertal


Übrigens:

 

Für die Verordnung und den Austausch bei Antiepileptika hat das kritische, unabhängige Arznei-Telegramm letztes Jahr im Mai folgendes Vorgehen vorgeschlagen:
„Bei Neueinstellungen auf Antiepileptika sollten günstige Generika gewählt werden. Grundsätzlich kann auch auf ein Generikum umgestellt werden, insbesondere wenn noch keine stabile Anfallskontrolle erreicht ist. Bei Phenytoin und Carbamazepin sollte eine Umstellung aber möglichst vermieden werden, auch bei Valproat ist Vorsicht geboten.
Die Umstellung sollte in jedem Fall unter Aufklärung und mit Einverständnis der Patienten erfolgen, um nicht das Vertrauen in die Arzneimittel zu untergraben und die Compliance zu gefährden. Aus diesem Grund raten wir auch von mehrfachem Wechsel sowie von automatischer Substitution zum Beispiel im Rahmen von Rabattverträgen ab. Besondere Vorsicht bei etwaiger Umstellung ist bei Patienten mit Anfallsfreiheit angezeigt.“
(a-t 2013; 44: 44-5)