Darf’s noch ein EEG sein ...

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Aus dem Leben eines Neurologen im Krankenhaus

 

Es ist ein Kreuz mit dem EEG, oder eher mit dem Wissen der Hausärzte darum. Neulich schickte eine Hausärztin eine Patientin in unsere Klinik, um mittels EEG zu erfahren, ob eine Therapie mit dem Antiepileptikum weiterhin notwendig sei.

 

Zunächst zum Patientenfall. Hierbei handelte es sich um eine Patientin, die einen einmaligen akut-symptomatischen epileptischen Anfall im Rahmen eines Alkoholentzugs erlitt.

 

Was ist ein akut-symptomatischer Anfall?

Hierunter zählen epileptische Anfälle, die durch Entzug oder Intoxikation einer Substanz bedingt sind, aufgrund metabolischer Ursache (Hyponatriämie, Hypoglykämie) oder einer strukturellen Ursache (Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma, Meningitis etc.) aufgetreten sind. Wichtig ist es, das zeitliche Intervall zu beachten. Bei Substanzentzug oder Intoxikation und metabolischer Ursache sollte der Zeitraum bis zum epileptischen Anfall weniger als 24 h (resp. bis 48 h nach letztem Alkoholgenuss) betragen. Bei strukturellen Ursachen wird ein Zeitraum von sieben Tagen genannt.

 

Bedürfen diese epileptischen Anfälle nun einer dauerhaften Therapie?

Die Antwort lautet: Nein! Bei den erstgenannten reicht eine vorübergehende Therapie von zwei bis drei Tagen mit einem Benzodiazepin (etwa Lorazepam, Clobazam) bis beispielsweise die Hyponatriämie ausgeglichen ist (CAVE: Langsam) oder der Alkoholentzug abgeschlossen wurde. Nebenbei bemerkt sind epileptische Anfälle im Rahmen eines Alkoholentzugs nicht so selten, ca. 10 % der Patienten erleiden einen epileptischen Anfall.

 

Bei einem akut-symptomatischem Anfall, zum Beispiel nach einem Schlaganfall, sollte bis zu drei Monate lang behandelt werden. Wobei die Angaben stark variieren. Manche Epileptologen behandeln nur zwei Wochen. Am besten dann mit einem Antiepileptikum, das man rasch aufdosieren kann (wie Levetiracetam).

 

Was lief bei der Patientin schief?

Zurück zu unserem Patientenfall. Die Patientin hatte nun einen akut-symptomatischen Anfall im Rahmen eines Alkoholentzugs erlitten. Laut Medikamentenplan musste sie Levetiracetam 250 mg 0-0-1 einnehmen. Hier haben sich nun mehrere Fehler eingeschlichen, um es mal so zu formulieren.

 

Zunächst einmal ist die Dosierung jenseits jeglicher Wirksamkeit. Üblich ist die Einstiegsdosierung Levetiracetam 500 mg 0-0-1, nach einigen Tagen 1-0-1. Natürlich kann man unter Klinikbedingungen auch schneller aufdosieren. Zum anderen hätte diese Patientin gar keine Medikation gebraucht, wie oben dargelegt. Ich habe auch bis zuletzt nicht herausgefunden, wer dies in dieser Dosierung rezeptiert hat. Denn als die Patientin bei uns entlassen wurde, hatte ihr keiner diese Medikation verordnet.

 

Es braucht nicht immer ein EEG

Die Patientin wurde also eine Zeit lang unnötig behandelt. Glücklicherweise hat sie keine Nebenwirkungen erlitten. Abgesehen davon ist eine solche Medikation aber auch nicht im Sinne der Wirtschaftlichkeit.

 

Somit hat sich nun auch die Anforderung der Hausärztin erledigt. Ein EEG hat es hier gar nicht gebraucht, sondern eine gründliche Anamnese.

 

Generell ist es unsinnig, ein EEG durchzuführen, nur um zu entscheiden, ob die Therapie beendet werden soll. Wir behandeln schließlich kein EEG, sondern den Patienten.

 

Man sollte sich eher fragen, ob die anfallsauslösende Ursache weggefallen ist oder nicht. Dies ist bei einer genetischen Ursache nicht der Fall, und genauso wenig bei einem epileptischen Anfall sechs Monate nach einem Mediainfarkt.

 

Für akut-symptomatische Anfälle besteht ein Fahrverbot (PKW bis 3,5t) für drei Monate. Und auch in diesem Fall braucht man nach den drei Monaten kein EEG um zu entscheiden, ob das Fahrverbot weiterbesteht. Tritt in dieser Zeit kein weiterer epileptischer Anfall auf, hat es sich mit diesen drei Monaten erledigt.

 

Quelle: DocCheck



http://news.doccheck.com/de/blog/post/5002-darfs-noch-ein-eeg-sein/