Nächtliche Überwachung

Quelle: © Techniker Krankenkasse

...aus Elternsicht

 

Die beiden Artikel „Und wenn nachts ein Anfall auftritt“ von Dr. Peter Borusiak (epiKurier-Ausgabe 1/2017) und den Kommentar „Studie zur Anfallsüber-wachung“ von Detlef Goldstein (epi-Kurier-Ausgabe 3/2017) habe ich mit großem Interesse gelesen. Beide betrachten diese Situation aus Expertensicht – hier meine ganz persönliche Elternmeinung dazu:

 

Seit dem Beginn der Epilepsie bei unserer Tochter Lisa im 2. Lebensjahr, d. h. vor mehr als 20 Jahren, sind wir mit der Problematik konfrontiert, wie bekommen wir als Eltern alle Anfälle nachts mit? Ist das überhaupt nötig? Und im Laufe der Entwicklung: Wie stark greifen wir in die Privatsphäre unseres Kindes ein?

 

Die Anfälle veränderten sich mit der Zeit, neue Anfallsformen kamen hinzu, aber eines blieb immer gleich: Ein nächtlicher Grand mal stellt den Beginn einer Serie weiterer großer Anfälle dar. Wenn wir es schaffen, gleich nach dem Ersten mit einem Notfallmittel zu reagieren, können wir eine Serie verhindern. Bleibt der Anfall unentdeckt, schaukelt sich das Ganze so hoch, dass es uns meist nicht mehr gelingt, die Situation in den Griff zu bekommen.

 

Also hatte für uns die Frage, alle Anfälle im Schlaf mitzubekommen, immer oberste Priorität. Wie viele Eltern reagierten wir am Anfang der Erkrankung damit, Lisa in unser Schlafzimmer zu verfrachten. Unseren Sinnen, die Anfälle im anderen Zimmer zu hören oder zu „erfühlen“, trauten wir nicht – auch nicht dem Babyfon. Einige Tage schliefen wir zu dritt im Bett, dann bauten wir ihr Kinderbett in unserem Elternschlafzimmer auf. Welche anderen Möglichkeiten der nächtlichen Überwachung es gibt bzw. wie wir unsere Ängste und die für uns so schwierige Situation nachts in den Griff bekommen sollten bzw. konnten, wurde übrigens zu Beginn der Behandlung weder im Krankenhaus noch beim Kinderarzt irgendwie thematisiert. Ich frage mich, ob das nur in der „alten“ Zeit so war oder ob das heute noch so ist …

Quelle: © privat

Im Alter von 9 Jahren dann der Durchbruch: Im Epilepsiezentrum Bethel bekam Lisa auf der Station nachts ein „Klingelband“ mit aufgenähten Schellen ums Handgelenk verpasst, weil zur damaligen Zeit nicht auf allen Plätzen eine Videoableitung sichergestellt war – ja, auch ein Epilepsiezentrum fängt mal klein an :-)
Diese Methode, so einfach sie auch sein mag, erwies sich als äußerst effektiv. Bei einem Grand mal konnte man das Klingeln schon von weitem, auch am anderen Ende der Station, hören. Nach unserem Aufenthalt in Bielefeld nahm Lisa nachts wieder ihr eigenes Zimmer in Besitz und wir hatten einige Jahre „Ruhe an der Nachtfront“ – zwar ab und zu unterbrochen von einem Klingelsturm, jedoch in der Gewissheit, dass dies die beste Lösung für uns alle war.

 

Aber jedes Kind wird größer, die Pubertät bleibt keinem erspart, und welcher Jugendliche – egal ob normal entwickelt oder geistig-behindert wie unsere Tochter – möchte sich nachts ein „Klingelband“ umbinden lassen. Gerade noch rechtzeitig für uns entdeckten wir eine Alternative und zwar das Epi-Care®-Gerät, das uns von anderen Eltern empfohlen wurde. Wir haben uns sofort dafür entschieden, obwohl es von der privaten Krankenversicherung unserer Tochter nicht übernommen wurde – aber das ist eine andere Geschichte für einen anderen Artikel …

 

Das Gerät ist nicht für jede Familie bzw. jedes betroffene Kind geeignet, die Anfallsart muss passen, da der Bewegungssensor nur auf „Unruhe“ reagiert, und wozu bei einem einzelnen Anfall nachts Alarm schlagen, wenn weiter nichts passiert. Jede Familie muss für sich selbst entscheiden, ob sie mit oder ohne „Nachtkontrolle“ gut zurechtkommt, da gibt es keinen Einheitsweg. Aber für uns war und ist das Gerät ein Segen. Es funktioniert seit mehr als 8 Jahren problemlos, die Zahl der Fehlalarme ist extrem niedrig, wenn man daran denkt, das Gerät auf jede neue Matratze zu justieren. Auch die Kurzzeitpflege-Einrichtung, die wir Lisa und uns ab und zu mal gönnen, ist hochzufrieden damit.

 

Auch das beste Überwachungssystem ist jedoch nicht perfekt, ein bis zwei Anfälle hat das Gerät bisher nicht signalisiert – da hatten wir vergessen, es einzuschalten …

 

Doris Wittig-Moßner, Nürnberg

Ich habe lange überlegt, ob ich als mitverantwortliche epiKurier-Redakteurin einen Artikel veröffentlichen kann zu einem Produkt, das in unserer Zeitschrift beworben wird. Zuerst wollte ich ein Pseudonym verwenden, um nicht der „Schleichwerbung“ bezichtigt zu werden und die Unabhängigkeit unserer Zeitschrift nicht zu gefährden. Dies fand ich jedoch unehrlich und somit schreibe ich diese Zeilen ausdrücklich als Privatperson. Ich denke, unsere LeserInnen sind intelligent genug, sich ihre eigene Meinung zu bilden.