Lebensgefühl:
DJ Ötzi - Die Biografie
Gerry Friedle
Ecowin (Oktober 2021)
176 Seiten
ISBN 978-3711002938
€ 22,00 Buch / € 16,99 e-book
Mit dieser Biografie hat sich der 50-jährige DJ Ötzi alias Gerry Friedle an die Bewältigung seiner schwierigen Vergangenheit gemacht:
Bis zum 3. Jahr wächst das Produkt eines One-Night-Stands glücklich in einer intakten Pflegefamilie auf, bevor er plötzlich bei seinen Großeltern im Ötztal ein neues Zuhause findet. Der elternlos zugereiste Enkel des verhassten Dorfgendarmen gehört zu den Outcasts im Dorf. Herausgerissen, entwurzelt, heimatlos – diese Gefühle begleiten ihn lange, auch in seinen Erfolgsjahren.
Auf die ungewollte „Verpflanzung“ reagiert er als Kind mit vielen Krankheiten (Masern, Mittelohreiterung, Keuchhusten etc.), dazu gesellt sich Epilepsie. „Ich getraue mich wirklich zu sagen, dass man mit Diabetes besser fährt, zumindest was die soziale Integrationsfähigkeit angeht“, schreibt er in diesem Kapitel. Weder bei Mitschülern noch Lehrern erfährt er Verständnis. Im Alter von 12 Jahren verschwinden die Anfälle – entweder durch eine medikamentöse gute Einstellung oder von selbst, die Erinnerung daran ist bei Gerry Friedle nicht mehr präsent. Aber die Angst bleibt …
Er macht eine Lehre als Koch, wird ein erfolgreicher DJ, steigt mit „Anton aus Tirol“ und „Der Stern, der deinen Namen trägt“ in den Schlagerhimmel auf, wird zum erfolgreichsten österreichischen Musikexport seit Falco. Die Dämonen aus seiner Kindheit verfolgen ihn jedoch weiter. Erst nach einem Zusammenbruch kurz vor der eigenen Hochzeit gibt er seinem Leben eine neue Richtung – auch spirituell. Aufgeben war nie eine Option für ihn „Wenn man sich nicht selbst liebt oder nicht an sich glaubt, wieso soll das dann ein anderer tun?“, ist einer seiner Leitsprüche.
Viel erfährt man nicht über seine epileptischen Anfälle im Kindesalter, trotzdem haben diese eine große Wirkung auf seinen weiteren Lebensweg. Das damals erlebte Unverständnis, die Stigmatisierung, die Einsamkeit wirken lange Jahre nach.
Abwechslungsreich und interessant lässt die Geschichte einen Blick auf den Privatmenschen Gerry Friedle zu, der seine Fans (und nicht nur diese) dazu aufruft, Mut zu haben und das eigene Schicksal selbst zu gestalten.
Doris Wittig-Moßner
Reine Nervensache:
Wie das Nervensystem unser Leben bestimmt
Armin Grau
C.H. Beck (März 2020)
238 Seiten
ISBN: €978-3406750922
€ 18,95 Buch / € 13,99 e-book
Reine Nervensache ist reine Nervensache. Sicher kein Krimi, aber spannend allemal.
Prof. Dr. Grau nimmt uns chronologisch mit: beim Auftreten der ersten Symptome, die möglichen Diagnosen, die Behandlungsketten und die Aussichten und Prognosen für Heilung. Immer erzählt er im Dialog – aus Patienten- und aus medizinischer Sicht.
Ob es um Schlaganfall, Muskelversagen, Epilepsie oder andere neurologische Erkrankungen geht, es werden immer das Krankheitsbild, der Verlauf und die Behandlung medizinisch fachlich, aber auch vereinfacht übersetzt erklärt. Der Autor lässt den Leser nicht im Regen stehen und das ist wohl die wertvollste Feststellung zu diesem Buch.
Wer sich für die Neurologie sowie die Arbeit und Leistung unseres Gehirns interessiert, aber kein „Fachchinesisch“ oder besser gesagt kein Medizinerlatein beherrscht, für den ist dieses Buch ein Muss!
Joachim Moßner
Wackelkontakt:
Epilepsie bei Kindern leicht erklärt
Fe Strack, Xiaying Lin, Martina Schlegl
Hogrefe AG (September 2021)
64 Seiten
ISBN 978-3456861975
€ 24,95 Buch
Jojo leidet an Epilepsie. Als er beim Sportunterricht stürzt und ins Krankenhaus muss, ist plötzlich alles anders. Nach seiner Rückkehr in die Schule ist er niedergeschlagen und bedrückt. Und dann machen sich auch noch die anderen über ihn lustig.
Zusammen mit seiner besten Freundin Charly und mit Hilfe der Lehrerin Frau Lorenz erklären die beiden den Klassenkameraden, was es mit Jojos Erkrankung und seinen Anfällen auf sich hat, über die bisher nur die Lehrkräfte Bescheid wussten. Gemeinsam erarbeitet die Klasse einen Notfallplan und setzt ein Notfallkommando ein.
Neben der eigentlichen Geschichte gibt es viele Hintergrundinfos zu allen wichtigen Anfallsarten im Kindesalter. Dr. Kasumba, Jojos Neurologe, und die Psychotherapeutin, Frau Swoboda, erzählen hilfreiche Fakten zum Umgang damit.
Das Buch enthält Tipps für den Alltag (Struktur schaffen, gut schlafen, Symptomtagebuch führen) und Vorschläge, wie man die eigene Epilepsie-Geschichte in der Klasse zum Thema machen kann. Ein Elternbrief am Ende spricht gezielt deren Ängste und Sorgen an.
Wackelkontakt richtet sich direkt an betroffene Kinder im Alter von 6-12 Jahren. Rundherum gelungen geht es auch auf die psychosozialen Belastungen einer chronischen Erkrankung ein. Die Botschaft ist klar: Eine Epilepsie ist nichts, wovor man Angst haben oder wofür man sich schämen muss. Miteinander sprechen und ein offener Umgang sorgen für den Abbau von Vorurteilen und falschen Vorstellungen. Mit Hilfe dieses Buches gelingt das bestimmt!
Fazit: 5 von 5 Sternen!
Doris Wittig-Moßner
Arbeitssicherheit bei Epilepsie
Ein Praxishandbuch
Herausgeber: Peter Brodisch
ca. 160 Seiten, € 24,90
ISBN 978-3503195930
eBook: € 22,90
ISBN 978-3503195947
Aus dem dreijährigen Teilhabeprojekt Epilepsie und Arbeit (TEA) entstand ein Fachbuch zur Arbeitssicherheit bei Epilepsie, in das zahlreiche Erfahrungen daraus eingeflossen sind.
Wodurch entstehen anfallsbedingte Gefährdungen am Arbeitsplatz? Wie können diese erkannt und minimiert werden? Wie werden zugleich berufliche Möglichkeiten erhalten? Der Autor Peter Brodisch gibt dabei sehr konkrete Antworten: Darf der Schreiner die Kreissäge nutzen? Schützt ein Baugerüst bei Epilepsie gegen Absturz? Kann eine Erzieherin ihrer Aufsichtspflicht genügen? Ist in Pflegeberufen Nachtschicht möglich?
Der Ratgeber ist eine wertvolle Orientierungshilfe mit vielen Abbildungen und Tabellen, um Risiken für ausgewählte berufliche Tätigkeiten besser einzuschätzen und passgenaue Maßnahmen zum Arbeitsschutz zu entwickeln. Auch relevante medizinische und rechtliche Aspekte kommen zur Sprache.