DRG-Vergütungssystem:

Auswirkungen für die stationäre Behandlung von Epilepsiepatienten

Einführung

Im Jahr 2001 wurde im Bundeskabinett das sogenannte „Fallpauschalengesetz“ verabschiedet. Hierdurch wurde eine komplette Umstellung der Vergütung für stationär erbrachte Krankenhausleistungen beschlossen. Die Umsetzung orientiert sich am australischen System. Bisher wurde nach sogenannten Pflegetagen abgerechnet: das Krankenhaus bekam für jeden Tag, den der Patient in stationärer Behandlung verbrachte einen bestimmten Betrag. Dies war im Wesentlichen unabhängig von der Erkrankung, zumeist auch von den durchgeführten Untersuchungen oder Operationen. Nach dem neuen Gesetz wird jeder Patient, abhängig von seiner Grunderkrankung, Begleiterkrankungen, Komplikationen und durchgeführten Untersuchungen oder auch Operationen, einer bestimmten Fallpauschale zugeordnet. Die jeweiligen Fallpauschalen werden als DRG (Diagnosis-Related-Groups) bezeichnet. Im Unterschied zu Australien werden in Deutschland auch Patienten mit chronischen Erkrankungen über dieses System abgerechnet. Davon ausgenommen sind aktuell fast ausschließlich Patienten in psychiatrischen Kliniken. Die Umsetzung dieses Systems vollzieht sich in mehreren Schritten, wobei die endgültige Umstellung im Jahr 2006 abgeschlossen sein wird.

DRG und Epilepsien – Stand bei der Einführung des DRG-Systems
In der ersten Fassung der „Verordnung zum Fallpauschalensystem für Krankenhäuser“ gab es für die Epilepsien lediglich 2 verschiedene Fallgruppen. In die erste Gruppe fielen Epilepsien bei Patienten im Alter von unter 3 Jahren oder aber mit schweren Komplikationen. In der anderen Gruppe wurden Epilepsien ohne gravierende Komplikationen bei Patienten über 3 Jahre zusammengefasst. Als Komplikationen gelten Begleiterkrankungen, jedoch nicht unbedingt die „Schwere“ der Epilepsie an sich. Diese war bisher nicht sinnvoll abzubilden. Für diese beiden Gruppen bekamen die Krankenhäuser Erlöse zwischen 2.000 – 3.000 €. Auf den ersten Blick hört sich dieses gar nicht so schlecht an, zu berücksichtigen ist jedoch, dass hiermit alle Leistungen abgedeckt sind. Dies gilt auch z. B. für Kinder im Säuglingsalter, bei denen eine Vielzahl von Stoffwechseluntersuchungen notwendig sind, oder aber auch für Patienten, die auf Grund der Schwere der Epilepsie oder Unklarheit der Situation einen erheblichen diagnostischen Aufwand erforderten. Zusätzliche Vergütungen für die Krankenhäuser gibt es nur, wenn bei sehr schwierig zu behandelnden Patienten die sogenannte „obere Grenzverweildauer“ überschritten wird. Diese lag in den beiden Gruppen bei 18 bzw. 20 Tagen. Wenn ein Patient länger stationär behandelt werden musste, gab es dann pro Pflegetag einen zusätzlichen Erlös. Diese Situation stellte eine existentielle Bedrohung für die Epilepsiezentren dar. Der Aufwand der prächirurgischen Diagnostik wäre ebenso wenig finanzierbar gewesen, wie eine adäquate konservative Behandlung bei Patienten mit therapieschwierigen Epilepsien. Aber auch Kliniken mit Schwerpunkt in der Epilepsiebehandlung wären rasch gezwungen gewesen, ihre Leistungen kritisch zu hinterfragen. Für den Bereich der Kinder- und Jugendmedizin wurde zumindest die wohnortnahe Versorgung als gefährdet betrachtet(1).

DRG und Epilepsien – Aktueller Stand
Von der „Deutschen Gesellschaft für Epileptologie“ (damals „Deutsche Sektion der internationalen Liga gegen Epilepsie“) wurde die Unterteilung in diese beiden Gruppen als nicht ausreichend angesehen. Es wurde bereits im Vorfeld eine Arbeitsgruppe unter Leitung von Prof. Dr. Meencke (Epilepsiezentrum Brandenburg) eingesetzt, die zumindest die Sicherung der Versorgung erreichen sollte. Dies betraf sowohl den konservativen Bereich als auch den Bereich der präoperativen Diagnostik bzw. Epilepsiechirurgie. Bei den Bemühungen sind einige Fortschritte erreicht worden. So wurde ab dem kommenden Jahr eine zusätzliche Fallgruppe eingeführt. Auch die Abbildung der Leistungen der Epilepsie-Zentren wurde deutlich verbessert, so gibt es z. B. eigene Ziffern für die Dokumentation der präoperativen nichtinvasiven und invasiven Epilepsiediagnostik. Auch die Komplexdiagnostik und –therapie wurde mit eigenen Ziffern versehen, so dass zumindest im ersten Ansatz der Vielschichtigkeit der Erkrankung Rechnung getragen wurde. Ferner wurde erreicht, dass bestimmte Leistungen, die v.a. die Epilepsiechirurgie betreffen, komplett aus dem DRG-Katalog herausgenommen wurden. Dies bedeutet, dass die Krankenhäuser, die diese Leistungen erbringen, den jeweiligen Erlös direkt in den Verhandlungen mit den Krankenkassen aushandeln können und somit zumindest eine Chance haben, die erbrachten Leistungen auch annähernd vergütet zu bekommen. Diese Regelung gilt zunächst für 2005.

Ausblick:
Erklärtes Ziel des Gesetzgebers mit der Umsetzung der DRGs war es, die Verweildauer der Patienten in den Krankenhäusern zu verkürzen. Dies ist auch bereits gelungen. Das Gesetz betrifft hier nicht nur die Patienten mit Epilepsien, sondern alle Patienten die stationär behandelt werden. Für die Epilepsiepatienten ist durch die ab 2005 geltende neue Regelung eine Verbesserung erreicht worden. Die Abbildbarkeit der Differenziertheit der Erkrankung gelingt jedoch noch nicht komplett. Ziel muss es weiterhin bleiben, dass die Patienten qualitativ gut und auch wohnortnah versorgt werden können.

Dr. med. Peter Borusiak
Sozialpädiatrisches Zentrum, Heliosklinikum Wuppertal



(1) Zu dieser Problematik: Hierzu erschien in der „Zeitschrift für Epileptologie“ ein ausführlicher Artikel