Gelungenes Elternseminar der Psychosozialen Beratungsstelle in Nürnberg

„Es tut so gut, endlich mal mit anderen zu reden, die das Gleiche erleben wie ich!“

Elf  Teilnehmer, darunter auch zwei Elternpaare, fanden sich am Samstag, den 10. Februar 2007, in Nürnberg ein, um sich einen ganzen Tag mit dem Thema „Gib mir Halt – lass mich los!“ zu beschäftigen.

Foto: betroffene Eltern in der DiskussionEltern epilepsiekranker Kinder wissen, dass dieses Motiv eine sehr große Rolle spielt im Umgang mit ihren Töchtern und Söhnen, sogar über Kindheit und Jugend hinaus. Die spezifischen Probleme der Erkrankung Epilepsie können von Außenstehenden oft nicht erfasst und verstanden werden. So ist es nachvollziehbar, dass die anwesenden Mütter und Väter ein ausgeprägtes Bedürfnis nach Kontakt und Austausch mit Gleichgesinnten hatten.

Gleich zu Beginn forderte die Referentin Anne Herzog, Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche aus Schweinfurt, die Anwesenden auf, ihre kreative Seite zu zeigen. Anhand einer selbst geformten Papierskulptur sollten sie ihr momentanes Leben mit der Erkrankung ihrer Kinder darstellen. Schon hier entstand ein intensiver Austausch über Gefühle und Gedanken, geprägt von einem großen gegenseitigen Interesse. Verständnisvolles Nicken war jedem der berichtenden Eltern gewiss.

Nachdem die Teilnehmer bei dieser Aufgabe noch (an-)fassbares Material zur Verfügung hatten, führte Frau Herzog die Gruppe an ein weiteres Medium heran, um Situationen plastisch darzustellen. In der Systemischen Skulptur übernehmen einzelne Personen Stellvertreterrollen für fiktive Personen und auch Empfindungen, oder wie hier, die Erkrankung Epilepsie. Bei der Aufstellung der Personen wird reflektiert, wie die Position des Einzelnen zum Gesamtsystem oder anderen Gruppenmitgliedern ist. Wie groß ist Nähe oder Distanz, findet Blickkontakt statt, welche Gefühle sind mit jeder einzelnen Rolle verbunden.

Plötzlich wurden Familienprozesse sichtbar, die entstehen können, wenn eine Erkrankung wie Epilepsie ins Familienleben tritt und zum „Familienmitglied“ wird.

 „Ich bin einfach da und gehöre zu Euch“, sagten die Stellvertreter der Epilepsie. „Ich finde die Epilepsie gar nicht so schlimm - schlimmer finde ich manchmal euere Reaktion“, äußerte sich eine Teilnehmerin in der Rolle des kranken Kindes. „Ein Anfall ist allenfalls eine Unterbrechung der Situation aber kein Abbruch der Beziehungen“, wünscht sich ein weiterer Stellvertreter in Kindposition.

Da bereits der Vormittag von den Eltern sehr intensiv genutzt wurde, an der eigenen Situation zu „arbeiten“, begeisterte in der Mittagspause ein wunderbares Buffet, das von Renate Windisch, der Vorsitzenden des Landesverbandes Epilepsie Bayern e.V. „gezaubert“ wurde. An dieser Stelle möchten wir uns nochmals bei Frau Windisch bedanken, dafür dass sie uns den ganzen Tag verwöhnte und auch die Seminarräumlichkeiten im Haus der Beamtenbank vermittelt hat.



Foto: v.l.: Renate Windisch (Vorsitzende LV Epilepsie Bayern e.V.), Kerstin Kählig und Daniela Grießinger (Epilepsieberatung Mittelfranken), Anne Herzog (Referentin und Leiterin des Seminars)Gestärkt mit vielfältigen Köstlichkeiten konnte das Nachmittagsprogramm begonnen werden. Neben einer weiteren Skulpturarbeit diskutierten die Eltern in Kleingruppen zu verschiedenen Fragestellungen.

Außer Austausch und Berichten über das eigene Erleben war es den Teilnehmern auch wichtig, theoretische Erkenntnisse zu erhalten. Frau Herzog referierte über kindliche Entwicklungsphasen und zeigte deutlich auf, dass eine sehr enge Bindung und (über-)große Fürsorge für ein krankes Kind nicht in jeder Situation und nicht in jeder Lebensphase „das Beste für das Kind“ sein müssen. Eine Entwicklung im Kindes- und Jugendalter wird beeinträchtigt, wenn (notwendige) Ablöseprozesse nicht stattfinden oder behindert werden.

Am Ende dieses (selbst-)erfahrungsreichen Tages zeigte sich, dass Impulse schon erste Wirkung zeigten. So wurde aus dem anfänglichen „Mein Kind kann leider aufgrund der Anfallsgefahr nicht an Kindergartenausflügen teilnehmen“ ein gelasseneres „Bei der nächsten Kindergartenaktion werde ich mein Kind, mit entsprechender Vorbereitung, vertrauensvoll in die Hände der Erzieherinnen geben und meinem Kind damit ein tolles Erlebnis ermöglichen“.

Daniela Grießinger, Dipl. Soz.Päd.
Kerstin Kählig, Dipl. Soz.Päd.
Rummelsberger Dienste Nürnberg
Psychosoziale Beratungsstelle
für Menschen mit Epilepsie
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