„Komm in die Laube“ – ein Gruppenprojekt mit Hammer, Säge und Leim

Petra, Doris und Michael leben in der Wohngemeinschaft für epilepsiebetroffene Menschen in München. Anfang des Jahres 2006 tauchte die Idee in der WG auf, auf der Terrasse eine gemütliche Ecke zu schaffen.

In der Folge gab es zahlreiche Pläne, Detailentwürfe, Diskussionen und Entscheidungen, bis wir uns einig wurden. Der Materialbedarf und die Kosten wurden berechnet. Der Vermieter war mit der Idee einverstanden, aber woher das Geld nehmen? Die St. Nikolaispital Stiftung spendierte die fehlenden 100 Euro.

Foto:die „Konstrukteure der Laube“Ein Werkstattbericht
„Nun konnte es losgehen. Als erstes mussten wir uns aus einem alten Schrank eine Werkbank basteln, Material kaufen, Schablonen anfertigen und lernen, mit Bohrmaschine, Stichsäge, Gehrungssäge, Hammer und Leim zu arbeiten. Zunächst mussten wir unsere Ängste überwinden, mit diesen Maschinen zu arbeiten. Schließlich durften wir als Epilepsiekranke so etwas aus Sicherheitsgründen bisher nie; die Maschinen durften nur unter Aufsicht eines Mitarbeiters benutzt werden.
Wir lernten, Kurven zu schneiden; aber auch gerade Schnitte hatten es in sich: So manches Sägeblatt musste daran glauben. Der Mitarbeiter, der uns durch das Projekt begleitete, ging sehr humorvoll und geduldig mit solchen Pannen um und so konnten wir aus solchen Erfahrungen lernen und hatten nicht das Gefühl, versagt zu haben und unfähig zu sein. Durch die Möglichkeit, alles selbst auszuprobieren, hat sich unser Mut entwickelt, an unbekannte Dinge heranzugehen und sie anzupacken.“

Stolz auf das eigene Können
Doris: “Ich habe gelernt, welche Werkzeuge für was verwendet werden. Insgesamt habe ich mehr Sicherheit in mir bekommen; das Projekt hat mich stark gemacht. Vorher hatte ich sehr oft das Gefühl, ich schaff’ das gar nicht. Das Projekt hat mir gezeigt, dass ich zu vielem fähig bin. Da war ich selbst überrascht von mir. Viele Selbstzweifel habe ich verloren und kann nun neue Herausforderungen mit mehr Mut angehen. Jetzt mache ich sogar bei unserer Jiu-Jitsu Gruppe mit; vorher hätte ich mir das nicht zugetraut.“

Michael: „Ich habe seit der Holzlaube viel mehr Selbstvertrauen. Meine Kreativität und Phantasie sind gewachsen. Es war sehr ungewohnt für mich, mit anderen zu arbeiten und denen auch genug Raum zu geben. Ich konnte meine zeichnerischen Fähigkeiten einbringen. Auch viele Ecken und Kanten von mir wurden durch das Projekt abgeschliffen.“

Petra: „Am Anfang waren der Geruch und der Lärm in unserer Bastelecke für mich fast unerträglich; ich musste Ohropax tragen. Nach einiger Zeit konnte ich es aber gar nicht mehr erwarten, bis das nächste Treffen stattfand. Das Erschaffen von Formen und Rundungen hat mich begeistert und auch sehr selbstsicher gemacht. Ich bin viel aufmerksamer geworden, habe erlebt, dass Arbeiten auch großen Spaß machen kann und dass meine innere Kraft immer mehr wuchs.“

Sieben Monate lang haben die drei zweimal pro Woche an ihrer Laube gearbeitet; meist vergingen die vier Stunden wie im Flug. Spannungen zwischen den Mitbewohnern legten sich, weil plötzlich ein Thema da war, über das alle reden konnten. Das Lob der anderen aus der Wohngemeinschaft tat gut.

So hatte dieses kleine Projekt große Auswirkungen auf das Zusammenleben in der Gruppe: Alle reden seitdem viel entspannter miteinander. Die Laube entpuppte sich regelrecht als Entwicklungsmotor für weitere Kreativangebote: Zurzeit gibt es eine Sportgruppe, eine Holzgruppe, eine Papiergruppe, eine Theatergruppe, eine Literaturgruppe und eine Gartengruppe. Und demnächst vielleicht auch eine Kunstgruppe und eine Trommelgruppe – je nachdem, ob die Mittel für einen Musiktherapeuten zu bekommen sind.

Petra, Doris und Michael sind sich einig, dass das Projekt alles in allem mehr war als nur mit Holz zu basteln: „Wir sind stärker geworden, haben viel mehr Respekt voreinander entwickelt und sind toleranter geworden.“ Und nebenbei ist die Terrasse in der Segenstraße 7 schöner geworden. „Darauf sind wir stolz.“

Kontakt: Wohnen für epilepsiekranke Menschen, Dipl. Soz.-Päd. Alexander Thomas, Segenstraße 7, 81735 München, Telefon 089 - 450 117 10, Fax 089 – 450 117 09, E-Mail: Öffnet ein Fenster zum Versenden einer E-Mailwem(at)im-muenchen.de, Internet: Öffnet einen externen Link in einem neuen Fensterwww.wohnen-epilepsie.de