SELBSTHILFEGRUPPE FÜR ELTERN ANFALLSKRANKER KINDER MAIN – RHÖN e.V.

9. Epilepsieseminar Schweinfurt
10. März 2007 Leopoldina Krankenhaus

Epilepsien bei Jugendlichen und Adoleszenten
– psychosoziale Aspekte -


Etwa 130 Teilnehmer fanden sich im Vortragsraum des Leopoldina- Krankenhauses in Schweinfurt ein, um sich die Fachvorträge zweier hervorragender Referenten anzuhören.
CA Dr. med Herrmann, OA Dr. med R. Koch und Neuropädiater Dr. S. Unkelbach hatten zusammen mit der Selbsthilfegruppe für Eltern anfallskranker Kinder Main-Rhön e.V. zu dieser Veranstaltung eingeladen.

Nach den Begrüßungsworten der Initiatoren begann Herr Dr. med. Thomas Mayer vom Epilepsiezentrum Kleinwachau mit seinem Vortrag zum Thema:

Foto: reger Andrang an den InformationsständenBerufswahl, Fahrtauglichkeit, Sport und Freizeit

In allen Bereichen sei es zunächst einmal wichtig festzustellen, unter welcher Art von Epilepsie der Patient leidet, um das Gefährdungspotenzial für ihn selbst und für andere einschätzen zu können. Dass diese Einschätzung manchmal nicht so leicht zu treffen ist, belegte Dr. Mayer mit einigen Videosequenzen, die das Auditorium bewerten sollte.

Berufswahl:
Bei der Wahl eines Berufes gibt es nur wenige, die ein epilepsiekranker Mensch grundsätzlich gar nicht ausüben kann (z.B. Pilot, Dachdecker oder Omnibusfahrer).
Bei allen anderen Tätigkeiten kommt es darauf an, ob und wie lange der Patient anfallsfrei ist und, falls dies nicht der Fall ist, wann die Anfälle auftreten und wie stark sie den Patienten beeinträchtigen. Ein Betroffener sollte keiner Tätigkeit nachgehen, die ihn selbst oder seine Kollegen einer erhöhten Unfallgefährdung aussetzt.
Ist ein Patient medikamentös eingestellt und deshalb anfallsfrei, ist er nicht dazu verpflichtet, im Einstellungsgespräch von sich aus auf seine Krankheit hinzuweisen.
Obwohl die Zahl der epilepsiebedingten Arbeitsunfälle minimal ist und auch die Fehltage nachweislich nicht höher sind als bei anderen Arbeitnehmern, scheuen viele Arbeitgeber davor zurück, anfallskranke Menschen einzustellen. Dies bedingt, dass die Arbeitslosen-Quote epilepsiekranker Menschen dreimal so hoch ist wie bei der übrigen Bevölkerung.

Fahrerlaubnis
Eine Fahrerlaubnis kann nur erteilt werden, wenn der Führerscheinbewerber oder
-besitzer anfallsfrei ist, bzw. die Anfälle generell nur im Schlaf auftreten. Für verschiedene Anfallsereignisse gibt es verschiedene Wartezeiten, die vom Patienten strikt eingehalten werden müssen und gesetzlich vorgeschrieben sind.

Sport
Sportliche Aktivitäten verbessern auch bei anfallskranken Menschen das Lebensgefühl. Gemieden werden sollten allerdings Sportarten, bei denen ein plötzlicher Kontrollverlust zur Gefährdung des Betroffenen führen kann, wie zum Beispiel beim Motorsport, Fliegen, Bergsteigen, Tauchen oder Schwimmen.


Nach einer kurzen Pause, in der sich die Seminarteilnehmer in der Cafeteria bei einer Tasse Kaffee austauschen oder an diversen Ständen der Pharmaunternehmen und Beratungsstellen informieren konnten, setzte Frau Dr. med. Susanne Rinnert die Veranstaltung fort.

Sie referierte zu dem Thema

Foto: Elke Müller und Thomas Heinrich von der SHG anfallskranker Kinder Main-Röhn e.VPartnerschaft - Sexualität / Empfängnisverhütung - Schwangerschaft.

Zu Beginn erinnerte Frau Dr. Rinnert daran, dass anfallskranke Jugendliche die gleichen Entwicklungsprozesse durchlaufen wie gesunde Jugendliche und dass zu dieser Entwicklung selbstverständlich auch die Pubertät = Ablösungsprozess, Partnerschaft und Sexualität gehören. Nicht mehr die Eltern stellen in diesem Alter die wichtigsten Bezugspersonen dar, sondern die „Peer- Group“, was man mit „Gleichaltrigen“ oder „Gleichgesinnten“ übersetzen könnte.

Nicht selten kommt es zu Problemen, was die  regelmäßige Medikamenteneinnahme angeht. Auch das „Ausprobieren“ von Alkohol, Drogen und „durchgefeierte Nächte“ können die Anfallsbereitschaft erhöhen.

Sexualität und Empfängnisverhütung
Bevor Frau Dr. Rinnert auf das Thema Verhütung zu sprechen kam, verdeutlichte sie durch einige Diagramme die Hormonveränderungen während des weiblichen Zyklus. Besonders häufig tritt der erste Anfall im zeitlichen Zusammenhang mit der Erstblutung auf. Vor dem Eisprung ist der Östrogenspiegel besonders hoch (anfallsfördernd), vor der Menstruation der Progesteronspiegel (anfallsvermindernd).
Bei der Wahl der „Pille“ sollte ein gestagenbetontes Präparat bevorzugt werden. Da viele Antikonvulsiva, die in der Leber abgebaut werden, die Wirksamkeit der Pille beeinträchtigen, ist die Zusammenarbeit zwischen Gynäkologen und Neurologen unabdingbar. Da jede zehnte 14-Jährige, bzw. jede vierte 15-Jährige bereits erste sexuelle Erfahrungen macht, ist es besonders wichtig, die Jugendlichen bei Kontrolluntersuchungen rechtzeitig auf die Möglichkeiten der Empfängnisverhütung hinzuweisen.

Foto: auch die Kaffeepause wurde zum Gedanken- und Informationsaustausch genutztPartnerschaft und Schwangerschaft
Auch auf Familienplanung und Schwangerschaft ging die Referentin detailliert ein. Bei bestehendem Kinderwunsch sollte möglichst frühzeitig mit dem behandelnden Arzt gesprochen werden, damit mögliche Risiken bereits im Vorfeld der Schwangerschaft minimiert werden können. Ausdrücklich gewarnt werden muss in diesem Zusammenhang vor eigenmächtigem Absetzen der Medikamente.

Abschließend sei gesagt, dass das Team um CA Dr. Herrmann, OA Dr. Koch, Neuropädiater Dr. Unkelbach und die Leiterin der SHG für Eltern anfallskranker Kinder Elke Müller wieder ein hervorragendes Seminar auf die Beine gestellt haben, das im nächsten Jahr seine Fortsetzung finden wird. Man darf schon jetzt gespannt sein auf das 10-jährige Jubiläum!

Heike Sporer
SHG für Eltern anfallskranker Kinder Main-Röhn e.V.
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