Gemeinsame Stellungnahme

vom 17. Januar 2008
zum Rahmenvertrag über die Arzneimittelverordnung nach  § 129 Absatz 2 SGB V


e.b.e. epilepsie – bundes-elternverband e.V.
Deutsche Epilepsievereinigung gem. e.V.
Interessengemeinschaft Sturge-Weber-Syndrom e.V.
Landesverband Epilepsie Bayern e.V.
Landesverband der Epilepsie-Selbsthilfegruppen Baden-Württemberg gem. e.V.
Landesverband für Epilepsie Selbsthilfe in Nordrhein-Westfalen e.V.


Nach den uns vorliegenden Informationen zeigt dieser Vertrag eine Verbesserung zum Vorjahr. Der Apotheker hat durch die Möglichkeit, „pharmazeutische Bedenken“ anzumelden, einen kleinen Handlungsspielraum in der Substitution bekommen.

Dies wird jedoch bei weitem nicht ausreichen, um das Problem des unkontrollierten Wechsels zwischen unterschiedlich formulierten Medikamenten in den Griff zu bekommen. Ärzte werden auch in der Behandlung epilepsiekranker Menschen massiv zur Wirkstoffverordnung gedrängt. Da es mittlerweile von mehreren Wirkstoffen zahlreiche generische Handelsprodukte gibt, findet bei Wirkstoffverordnung ein nahezu unkontrollierbarer Austausch statt.

Angesichts einer Quote von ca. 15 % Rezepten mit ärztlich vorgegebenem Aut-Idem-Verbot befürchten wir, dass die Mehrzahl der Epilepsiepatienten Gefahr läuft, ihr gewohntes Präparat nicht mehr zu bekommen.
Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass dieser Austausch eben nicht ohne Folgen für den Patienten bleibt.

Die richtige Einstellung eines Epilepsiepatienten mit der wirksamsten Dosierung durch Antiepileptika kann Wochen, Monate, mitunter sogar Jahre dauern, ist Millimeterarbeit für Arzt und Patient und immer wieder mit Rückschlägen verbunden. Dies ist nicht beschränkt auf den nicht näher definierten Personenkreis der „schwer einstellbaren“ Patienten, für die pharmazeutische Bedenken vorgesehen sind. Anfallsfreiheit, eine Reduzierung der Anfälle bzw. eine Verminderung ihrer Schwere werden in meist mühsamer „Kleinarbeit“ mit einer ganz differenzierten Medikation erreicht. Wichtig ist dabei nicht nur der Wirkstoff der Medikamente, sondern sind auch die so genannten Trägerstoffe, die Bioverfügbarkeit und die spezielle Freisetzung des Präparats im Körper.
Der Gesetzgeber hat  für Generika eine Toleranz  der Bioverfügbarkeit von 80-125 % im Vergleich zum Originalprodukt zugelassen.

Ein beliebiger Austausch bei gut eingestellten Epilepsiepatienten kann einen erneuten Anfall auslösen und damit schwerwiegende Folgen haben:
den Verlust der Fahrerlaubnis, den Verlust der Mobilität, oft damit verbunden den Verlust des Arbeitsplatzes, in ganz entscheidendem Maße den Verlust von Lebensqualität. Die Konsequenzen sind nicht absehbar, verunsichern die Betroffenen und verursachen um ein Vielfaches höhere Kosten für das Gesundheitssystem als die theoretisch zu erwartenden minimalen Einsparungen,

Kontinuität und Überprüfbarkeit einer Epilepsie-Therapie sind bei einer Wirkstoffverordnung und der sich aus dem Rahmenvertrag nach § 129 Absatz 2 SGB V zwingend ergebenden  Substitutionspraxis akut gefährdet.


Wir sind für Einsparungen, wenn sie sinnvoll und wirtschaftlich sind und befürworten daher ausdrücklich die Neueinstellung von Patienten mit preiswerten Präparaten.

Der unkontrollierte Wechsel zwischen unterschiedlich formulierten Medikamenten, sowohl vom Originalpräparat zum Generikum, als auch umgekehrt, muss jedoch in jedem Fall unterbleiben.

Wir sehen hier für die epilepsiekranken Menschen in Deutschland eine akute Gefährdung. Dringend fordern wir eine Therapie nach den Leitlinien der entsprechenden wissenschaftlichen Fachgesellschaften.

Antiepileptika sind daher von der Substitution grundsätzlich auszunehmen.


Susanne Fey, Wuppertal
e.b.e. epilepsie – bundes-elternverband e.V.

Oka Baum, Bielefeld
Deutsche Epilepsievereinigung gem. e.V.

Ulrike Anders-Kokegei, Dortmund
Interessengemeinschaft Sturge-Weber-Syndrom e.V.

Renate Windisch, Schwanstetten
Landesverband Epilepsie Bayern e.V.


Rosemarie Keller, Schlaitdorf
Landesverband der Epilepsie-Selbsthilfegruppen Baden-Württemberg gem. e.V.


Holger Schreiner, Wiehl
Landesverband für Epilepsie Selbsthilfe in Nordrhein-Westfalen e.V.