Leserbrief
„Rabattverträge/Austausch von Medikamenten“
Mein Mann (50 Jahre) bekommt seit seinem 6. Lebensjahr Krampfanfälle. Nach vielen schweren Jahren, zahlreichen Krankenhausaufenthalten, mehrfachen Medikamentenumstellungen waren die letzten Jahren in punkto Anfälle die besten. Mein Mann hat nach wie vor kleine epileptische Anfälle, ähnlich wie Absencen, ohne Hinfallen, ohne wirkliche sichtbare Krämpfe, also kurze Bewusstseinsverluste. Es gab seit Jahren keine zusätzlichen Verletzungen während dieser kurzen Episoden. Medikamentös ist mein Mann mit Keppra und Timonil retard hoch dosiert eingestellt. Mein Mann ist nicht mehr berufstätig, versorgt aber stundenweise unser 18 Monate altes Enkelkind, liebevoll und zuverlässig.
Aufgrund der Gesundheitsreform und unter dem Druck der Krankenkasse sind die behandelnden Ärzte in Zugzwang, kostengünstigere Medikamente zu verschreiben, um nicht selber finanziell draufzulegen. Freilich ist man erst hinterher schlauer und man weiß nicht immer, wie etwas ausgeht. Tatsache war, dass wir mit unserer Lage trotz Einschränkungen zufrieden waren und ich hätte nicht im Traum daran gedacht, dass sich das alles so schnell ändert.
Wohlgemerkt auf Druck der Krankenkasse hin nach Generika bekam mein Mann das günstigere Produkt Carbamazepin biomo verschrieben. An den letzten generalisierten Anfall meines Mannes kann ich mich nicht mehr erinnern. Er liegt viele, vielleicht 10 Jahre zurück. Mein Mann war etwa 6 Tage nach der Umstellung mit unserem Enkelkind unterwegs, nicht weit von unserem Haus entfernt an einer Baustelle, zum Schauen bei den Baggerarbeiten, zur Freude des Kleinen.
Wie aus heiterem Himmel kam der große Anfall, Krämpfe, Sturz auf den Boden, den Kinderwagen hat er beim Sturz vom Gehsteig auf die Straße gestoßen. Durch das vorbildliche Verhalten der Bauarbeiter ging alles wie am Schnürchen. Der Krankenwagen kam, die Sanitäter haben den Notarzt geholt, die Arbeiter haben sich um das Kind gekümmert. Mein Mann kam ins Krankenhaus: Röntgen, CT, Überwachungsstation. Im Krankenhaus hatte er noch weiter ca. 10 kleine Anfälle – das Ganze ging über mehrere Stunden. Am nächsten Tag wurde er mit dem Taxi in die Praxis seines behandelnden Arztes gebracht und bekam seine alten Medikamente wieder verschrieben.
Die reinen finanziellen Kosten hätten gereicht, um 10 Jahre die Differenz der teureren Medikamente zu bezahlen. Wir haben das ausgerechnet – davon abgesehen, was noch alles hätte passieren können.
Jetzt ist alles erst mal wieder mit Fragezeichen. Die Angst, wieder gefährliche Anfälle zu bekommen ist erneut da. Besonders bei unserer Familie, wenn mein Mann alleine oder mit dem Enkelkind alleine ist. Die Angst und Unsicherheit nimmt uns niemand.
Der Arzt hat seine Pflicht gegenüber der Krankenkasse getan. Ihn trifft für mich keine Schuld. Aber die Auflage zu bekommen, Patienten, die gut zu recht kommen bzw. gut eingestellt sind, letztendlich so einem Risiko auszusetzen, ist von höherer Stelle unverantwortlich.
Ich bin sehr dafür, dass bei Neueinstellungen günstigere Produkte gewählt werden, ich selber nehme bei Bedarf ja auch ASS und nicht Aspirin. Aber es gibt Krankheiten und Arzneien, die das nicht nach Belieben zulassen.
Es ist ja auch nicht erlaubt, selbst die Differenz zwischen dem alten und dem neuen Medikament zu bezahlen, hat unser Apotheker besagt. Man will somit die Zweiklassen-Medizin vermeiden!
Also, alle sollen gleich schlecht behandelt werden! Bei uns legt jeder nur drauf.
Liebe Grüße Frau M. aus A. (Name der Redaktion bekannt)