13. Epilepsieseminar in Schweinfurt im März 2011

von links: Frau Dr. Kurre, Frau Fuchs, Herr Dr. Unkelbach, Herr Dr. Mayer

Trotz Beginn der Faschingsferien und somit der „Tollen Tage“ konnten Herr Schmucker und Herr Dr. Herrmann im Namen des Leopoldina-Krankenhauses Schweinfurt an die 100 interessierten Gäste zu unserem diesjährigen Seminar begrüßen.

Anhand einer kurzen Einführung von Herrn Dr. Unkelbach in das diesjährige Thema: „Epilepsien bei Kindern und Jugendlichen: Schule – Ausbildung – Beruf“ verwies er auf eine Statistik der Kinderklinik und seiner Praxis. Die Zahlen belegen, dass die Hauptgruppe der Anfallspatienten zwischen 7 und 18 Jahre alt ist, und somit die Bereiche Schule, Ausbildung und Beruf viele Fragen im Alltag aufwerfen.

Dann begrüßte er bereits zum 2. Mal in Schweinfurt Herrn Dr. Thomas Mayer, ärztlicher Leiter des Epilepsiezentrums Radeberg, der in seinem Vortrag auf die Problematik …aus Sicht des Arztes einging:

Herr Dr. Mayer beschrieb verschiedene Epilepsiesyndrome sowie deren Behandlung und Prognose, auch im Hinblick auf die schulische Entwicklung oder z. B. das Erlangen des Führerscheines:

  • ca. 1% aller Schulkinder leiden an einer Epilepsie.
  • sie entwickeln häufiger Schulschwierigkeiten
  • die meisten Kinder sind normal intelligent, haben aber Teilleistungsschwächen
  • zusätzlich erfahren betroffene Kinder häufig besondere Belastungen im sozialen Bereich
  • es gibt sehr wohl hochbegabte epilepsiekranke Schulkinder
  • einen ungünstigen Einfluss auf die schulische Laufbahn haben nicht selten auch die Antiepileptika, wie z. B. die Valproinsäure
  • kaum Probleme bereiten z. B. Topiramat in niedriger Dosis, Keppra oder Lamotrigin


Zum Thema Führerschein verwies Herr Dr. Mayer auf die neuen Leitlinien, die seit Ende 2009 gültig sind.

Vor der Pause machte Frau Dr. Kurre, OÄ am Leopoldina-KKH, zusammen mit Frau Fuchs von der Epilepsieberatung Unterfranken auf die erste Famoses-Schulung aufmerksam, die von ihnen am 21. und 22. Mai 2011 durchgeführt wird. Seit Kurzem können die Kosten auf Antrag von der Krankenkasse übernommen werden.

interessante Gespräch auch in der kurzen Pause

Nach einer kurzen Pause stellte Frau Dr. Kurre den nächsten Dozenten vor. Herr Wolfgang Glienke ist als Sonderpädagoge im Epilepsiezentrum Vogtareuth tätig und schilderte die Problematik ...aus Sicht des Pädagogen:

Sein Vortrag sollte anhand praktischer Beispiele aus dem Schulalltag Antworten auf folgende Fragen des epilepsiekranken Kindes finden:

Muss mein Kind auf die Sonderschule?

Entscheidend für die Schulart sind ausschließlich die kognitiven Fähigkeiten des Kindes. Es besteht kein Zusammenhang zwischen Epilepise und anzuratender Schulform.

Was ist ein Nachteilsausgleich?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten des Nachteilsausgleiches. Entscheidend sind kreative Möglichkeiten – im Gespräch bleiben – flexibel sein!

Was passiert im Schullandheim?

Klassenfahrten sind schulische Veranstaltungen, an denen jeder teilnehmen soll. Evtl. aufkommende Probleme können durch ausreichende Kommunikation gelöst werden. Klassenfahrten bedeuten Integration und soziale Interaktion und vor allen Dingen Spaß.

Inklusion – Integration – Selektion?

Ideal wäre eine Mittelweg zwischen Selektion und Integration. Inklusion ist nicht immer von Vorteil für die betroffenen Kinder.

Darf ein Lehrer Medikamenten verabreichen?

Generell darf ein Lehrer keine Medikamente verabreichen.
Ausnahme: Notfallmedikation nach Notfallplan des Arztes sowie geregelte Medikamenteneinnahme nach Plan.

Mit wem sollte ich über die Anfälle meines Kindes reden?

Nach Möglichkeit mit allen Pädagogen, die mit dem betroffenen Kind täglich arbeiten – Kommunikation!
  
Eine immer wieder auftauchende Frage ist die Teilnahme des anfallkranken Kindes am Sportunterricht. Generell gilt, dass Epilepsie und Sportunterricht sich nicht ausschließen. Besondere Vorsicht gilt bei Sportarten wie z. B. Schwimmen, Rad fahren, Klettern oder Extremsport. Lediglich bei grob fahrlässiger Verletzung der Aufsichtspflicht gerät der Pädagoge in die Haftung.

Nach einem herzlichen Dankeschön an den Referenten stellte Herr Dr. Koch Herrn Peter Brodisch, den Projektleiter des bundesweiten Netzwerkes Epilepsie und Arbeit (NEA), aus München vor. Er berichtete über die Probleme …aus Sicht des Berufsberaters:

Regionale Fachteams in Unterfranken sind momentan im Entstehen. Damit ist im Juli 2011 eine bayernweite Versorgung abgeschlossen. Sie beschäftigen sich im Zusammenhang mit der Suche nach einem Ausbildungsplatz bzw. einem Arbeitsplatz für epilepsiekranke Menschen mit folgenden Aufgabengebieten:

  • Gefährdungsberatung
  • Technische Beratung
  • Rechtsfragen
  • Förderungsmöglichkeiten


Ein praktischer Ansatz hierbei ist die Bildung von „Runden Tischen“ in den Betrieben. Hier werden Lösungen gesucht und arbeitsmedizinische Beurteilung vorbereitet.
Stolz konnte Herr Brodisch auf eine 80% Erhaltung der Berufe durch Beratung verweisen.

Der Vortrag wurde immer wieder durch Fragen zu Haftung und Versicherungsschutz sowie die Einstufung durch die Berufsgenossenschaften unterbrochen. Generell gilt, dass es keine allgemein gültigen Lösungen gibt, sondern immer im Einzelfall mit allen Beteiligten ein Weg gefunden werden kann.

Am Ende der Veranstaltung bedankten sich Herr Dr. Unkelbach und Herr Dr. Koch bei den Referenten  sowie den anwesenden Zuhörern für einen kurzweiligen und äußerst interessanten Vormittag.

Das 14. Epilepsie-Seminar 2012 wird das Thema „Übergang vom Neuropädiater zum Neurologen“ behandeln.

Elke Müller,
SHG für Eltern anfallskranker Kinder Main-Rhön

Bilder – Quelle: Elke Müller