Ist Transition schwierig?

Ein voller Vortragssaal beim 14. Schweinfurter Epilepsie-Seminar

Prof. Dr. Ulrich Brandl aus Jena bei seinem Vortrag zum Thema Transition

Das Thema des 14. Epilepsie-Seminars Schweinfurt

Der Vortragssaal im Leopoldina Krankenhaus war am 10. März 2012 wie immer gut gefüllt, als Herr Professor Dr. Ulrich Brandl, Jena, seinen Vortrag über die Transition mit einer Definition dieses Begriffes einleitete. Transition sei nicht gleichzusetzen mit Transfer, sondern bedeute im konkreten Fall einen oftmals langwierigen Prozess der Ablösung vom Neuropädiater zur Erwachsenen-Medizin mit Hausarzt und Neurologe.

Folgende Ziele wurden genannt:

  • möglichst keine Informationen sollen verloren gehen
  • Ablösung vom Prinzip des Arzt-Patient-Eltern Dreiecks
  • gute Vorbereitung des Patienten auf den eigenverantwortlichen Umgang mit seiner Krankheit

Herr Prof. Dr. Brandl befürwortete den rechtzeitigen Wechsel, da ein Pädiater weniger Erfahrung mit „erwachsenenspezifischen Krankheiten“ habe und die Patienten über 18 Jahre dem Kinderarzt Kapazitäten für „wirkliche“ Kinder und Jugendliche wegnähmen.

Probleme, die auftreten können:

  • dem Erwachsenen-Neurologen fehlen Kenntnisse über den Verlauf meist gutartig verlaufender, kinderspezifischer Epilepsiesyndrome (z. B. Rolando, Absencen etc.)
  • riesige Datenmengen müssen durchgearbeitet werden
  • Eltern lassen sich nur ungern aus dem neuen Arzt-Patientenverhältnis ausschließen

Lösungsansätze:

  • gut strukturierte, kurze Information(en)
  • Konzentration auf aktuellen Stand, aktuellsten Befund (EEG)
  • Hinweis auf erfolglose Therapieversuche
  • knappe Schilderung des Verlaufs mit nachvollziehbaren Therapieversuchen
  • Anbahnung der Transition im Alter von ca. 16 Jahren mit dem Ziel: Selbstständigkeit des Jugendlichen mit eigener Übernahme der Verantwortung und Selbstwahrnehmung
  • Berücksichtigung sozialer Faktoren (Lehrstellensuche, Führerschein, Wohnsituation)


Vorbereitender Umgang mit den Jugendlichen:

  • Sprechstundenzeit ohne die Eltern einplanen, damit auch Themen angesprochen werden können, die der Jugendliche im Beisein der Eltern nicht diskutieren möchte (Sexualität, Verhütung, Depressionen)
  • Anfallskalender soll vom Jugendlichen selbst geführt werden
  • elterliche Überbehütung nicht unterstützen
  • psychiatrische Komorbidität wie Depressionen oder Hyperaktivität beachten
  • alterstypische Beratung (Computerspiele, Schlafentzug, Alkohol, Empfängnisverhütung) durchführen
  • Epilepsie-Schulungen (Moses- Programm) ansprechen


Im Anschluss daran stellte Herr Prof. Dr. Brandl einige bestehende Modelle der Transition vor. Vorreiterrolle hätten in diesem Fall die USA, deren Gesundheitssystem sich jedoch so stark von unserem unterscheide, so dass die Vorgehensweise deshalb auch nicht einfach übertragbar sei.

Einen Lösungsansatz in Deutschland stelle das Berliner Modell dar: Hier werden ein bis zwei Sprechstunden gemeinsam mit Neuropädiater und Neurologe angestrebt, in der sich alle Beteiligten austauschen können. Außerdem wird eine Erfolgskontrolle, z. B. durch einen Anruf, empfohlen.

In seiner eigenen Klinik komme das Jenaer Transitions-Programm zur Anwendung. Ein strukturierter Übergabebogen wird zusammen mit einem vorbereitenden Rückfrage-Faxformular als Anhang an den weiterbehandelnden Arzt übermittelt. Nach drei Monaten findet ein so genannter „Loopback-Termin“ mit einem Sozialpädagogen und dem Patienten statt. Diese Vorgehensweise habe sich sehr bewährt.

Bei schweren Epilepsieformen empfehle sich laut Herrn Prof. Brandl die Überweisung in ein Epilepsiezentrum wie Kehl-Kork, Bethel und Vogtareuth. Bei Mehrfachbehinderung käme Rummelsberg in Frage.

Auch wenn solch ein Seminar nie alle Fragen beantworten kann, hat es uns ein weiteres Mal Wege aufgezeigt, um wieder ein wenig besser und informierter mit dieser Krankheit umgehen zu können.

Heike Sporer
SHG für Eltern anfallskranker Kinder Main-Rhön


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Bilder – Quelle: SHG Main-Rhön