Epilepsie? Oder was?

Der jetzt 2,8-jährige Patient zeigte im Alter von 1,5 Jahren erstmalig komplizierte Anfälle bei Fieber, im Verlauf auch afebrile infektgetriggerte myoklonische Anfälle. 2015 hatte der Junge häufig einen raschen Fieberanstieg bei Infekten, auch mal ohne sicheren Infekt-Fokus, so dass er insgesamt fünfmal in der wohnortnahen Kinderklinik und einmal während eines Urlaubs in einer auswärtigen Klinik stationär behandelt wurde. Der Aufnahmegrund war immer ein akuter Anfall. Das Kind schwitzte schnell und vermied instinktiv warme Außentemperaturen, insbesondere im warmen Bett war er sehr unruhig. Diese Symptome wurden im Zusammenhang mit der generalisierten Epilepsie gewertet.

Der Fokus der stationären Behandlung war die medikamentöse Einstellung und Diagnose der Epilepsie. Der Patient wurde stabil auf Valproat eingestellt, in der genetischen Diagnostik zeigte sich keine pathogene Mutation. Im letzten Januar hatte das Kind eine Pneumonie. Die Familie stellte sich in einem anderen Krankenhaus vor, die den Patienten bisher nicht kannten. Hier wurde erstmalig ein Herzgeräusch gehört. In der kardiologischen Untersuchung zeigte sich ein hochgradige Aortenisthmusstenose (= Einengung der Aorta), die rasch chirurgisch korrigiert werden musste.

Die Aortenisthmusstenose bei älteren Kindern kann mit vermehrtem Schwitzen und Belastungsintoleranz auffallen, aufgrund der Minderdurchblutung der Beine haben die Kinder Schmerzen in den Waden, wenn sie länger laufen. Bei der klinischen Untersuchung findet man einen Bluthochdruck an der oberen Extremität und schwache Leistenpulse. Das Herzgeräusch ist oft leise und am besten am Rücken zu hören.

Bei diesem Kind wurde vorher bei allen Aufnahmeuntersuchungen im Rahmen eines akuten Anfalls bei Infekt dieses Herzgeräusch nicht gehört, eine Blutdruckmessung war bei dem unruhigem Kind nicht erfolgt und die Pulse wurden nicht getastet.

Merke:
Symptome können zu einem Epilepsiesyndrom passen, aber auch ganz andere Ursachen haben!

Patienten mit einer chronischen Epilepsie sollten, wenn sie akut krank sind, - wie alle anderen Kinder auch - immer gründlich körperlich untersucht werden!

Dr. Silvia Vieker, Bayreuth


Kontakt:

Klinik für Kinder und Jugendliche
Klinikum Bayreuth
Preuschwitzer Str. 101
95445 Bayreuth
Tel.: 0921 400-6211
silvia.vieker(at)klinikum-bayreuth.de


Bild - Quelle: privat