Hatten Sie in letzter Zeit Anfälle?

 

Minisensor zur Erkennung und Aufzeichnung von Anfällen wird entwickelt

Diese Frage kennt jeder Epilepsie-Patient! Und dann wird der Anfallskalender herausgekramt und nachgesehen. Untersuchungen haben allerdings gezeigt, dass Betroffene und auch Angehörige nicht alle Anfälle erfassen, die z .B. im EEG-Monitoring aufgezeichnet werden. Nun wird unter der Federführung von Privatdozent Dr. Rainer Surges von der Klinik für Epileptologie in Bonn ein mobiles Sensorsystem zur Anfallserkennung entwickelt, das zum einen Anfälle registrieren, aber auch über einen Warnruf Angehörige oder behandelnde Ärzte rechtzeitig zur Hilfe herbeiholen soll. Das Projekt „EPItect“ wird vom Bundesforschungsministerium (BMBF) in den nächsten drei Jahren mit rund zwei Millionen Euro gefördert.

Das EPItect-Konsortium besteht aus fünf Einrichtungen und zwei assoziierten Partnern aus Deutschland: Universitätsklinik für Epileptologie Bonn, Fraunhofer-Institut für Software- und Systemtechnik ISST, Klinik für Neuropädiatrie der Universität Kiel (UKSH), Norddeutsches Epilepsiezentrum in Schwentinental-Raisdorf, Cosinuss GmbH München, Hochschule für Gesundheit Bochum und epilepsie bundes-elternverband e.V. Wuppertal.

Am 26./27. April fand in Bonn ein Kickoff-Meeting statt, bei dem sich alle Beteiligten zum ersten Mal persönlich trafen. Ziel dieses Treffens war u. a. die Wünsche und Anforderungen an das Gerät und an die Software von Anwenderseite aus herauszufinden.

Noch sehen alle frisch aus, aber gleich geht die Arbeit los!

Minisensor misst Symptome im Ohr
Die Firma Cosinuss GmbH aus München hat bereits einen Prototypen eines Epilepsiesensors entwickelt, der wie ein Hörgerät im Ohr befestigt wird und Puls, Bewegung und Sauerstoffsättigung im Blut misst. Das Messgerät soll noch weiter miniaturisiert und für diesen Zweck optimiert werden. Die Signale werden über ein angeschlossenes Smartphone an einen Zentralcomputer weitergegeben, der die eingehenden Daten kontinuierlich auf Auffälligkeiten prüft und notfalls Patienten, Angehörige und behandelnde Ärzte warnt. Denn im schlimmsten Fall können epileptische Anfälle tödlich ausgehen, wie beispielweise durch schwere Unfälle mit lebensgefährlichen Verletzungen oder durch einen Herzkreislaufstillstand beim sogenannten plötzlichen unerwarteten Tod bei Epilepsie (SUDEP, sudden unexpected death in epilepsy).

Mehr Autonomie für Patienten und eine erleichterte Pflege Betroffener
Im Mittelpunkt des Projekts steht, eine automatische Daten- und Alarmkette zu entwickeln und sie gemeinsam mit Epilepsie-Patienten, Angehörigen und Pflegenden zu testen und zu optimieren. EPItect soll in vielfacher Hinsicht das Leben der Betroffenen und ihres Umfeldes erleichtern. Angehörige müssen sich nicht mehr ängstigen, dass Patienten unversorgt bleiben, wenn es zu einem Anfall kommt, weil automatisch ein Arzt herbeigerufen werden kann. „Mit EPItect können wir absehbar bessere Diagnosen stellen, weil die Anfallshäufigkeit und -schwere besser erfasst wird“, sagt Prof. Christian Elger, Leiter der Klinik für Epileptologie in Bonn. Zusätzlich verfügt die Wissenschaft mit den Signalen des In-Ohr-Sensors über viel verlässlichere Daten. In klinischen Studien soll sich mit Hilfe des mobilen Mini-Sensors zum Beispiel nachvollziehbarer darstellen lassen, welches Medikament die Anfälle am wirksamsten reduziert.

In das EPItect-Projekt werden neben erwachsenen auch jüngere Patienten einbezogen. „Da auch viele Kinder und Jugendliche unter Epilepsien leiden, erhoffen wir uns für diese Zielgruppe wichtige Fortschritte durch das Sensorsystem“, sagt Prof. Dr. Ulrich Stephani, Direktor der Klinik für Neuropädiatrie des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein in Kiel. Das Konsortium plant, dass die neue Technologie in wenigen Jahren für Patienten und klinische Studien verfügbar ist. Im ersten Schritt soll an ausgewählten Patienten eine Studie durchgeführt werden. Später wird EPItect einer breiteren Patientengruppe zugänglich gemacht werden.

Weitere Informationen auf: www.epitect.de

Quelle: Pressemitteilung 06.04.2016 Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn


Bild - Quelle: Universitätsklinik Bonn