Neuerwerb eines Führerscheins

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Bei einem Neuerwerb des Führerscheins – einfachheitshalber beschreibe ich jetzt ausschließlich das Prozedere für die sogenannte Führerscheingruppe 1, PKW und Motorrad – gibt es häufig Unklarheiten darüber, ob das Vorliegen einer Epilepsie bei der Beantragung des Führerscheins erwähnt werden muss oder nicht.

Zum Ablauf der Beantragung der Fahrerlaubnis

Die Internetplattform www.betanet.de schreibt hier:

„Der Antrag auf Erteilung einer Fahrerlaubnis ist bei der Führerscheinstelle im Landratsamt oder bei der Stadtverwaltung zu stellen. Die Antragstellung kann auch über die Fahrschule vorgenommen werden. Bei diesem Antrag ist anzugeben, ob eine körperliche oder geistige Einschränkung vorliegt. Dies sollte der Antragsteller wahrheitsgemäß angeben. Die Führerscheinstelle entscheidet dann, ob und welche Gutachten beizubringen sind und wer diese erstellen kann.“ So weit, so gut?

Da mittlerweile die Fahrerlaubnis auch schon online bei der jeweiligen Stadtverwaltung bzw. dem Landratsamt beantragt werden kann, taucht hier oft folgender Hinweis auf:
„Ein Online-Antrag ist nicht möglich, wenn eine Erkrankung nach der Fahrerlaubnisverordnung (FeV), Anlage 4, vorliegt. Dann ist ein persönlicher Termin nötig.“ Was bedeutet dies nun für den Fall einer Epilepsie, die schon jahrelang gut eingestellt und der Betroffene anfallsfrei ist. Liegt eine Erkrankung vor oder lag vor bzw. liegt im Moment nicht vor?

In der FeV steht hierzu:
Eignung oder bedingte Eignung bei Epilepsie: „Ausnahmsweise ja, wenn kein wesentliches Risiko von Anfallsrezidiven mehr besteht, z. B. ein Jahr anfallsfrei (Führerscheingruppe 1!).“ Bedeutet das nun, dass bei einer (mindestens) einjährigen Anfallsfreiheit ruhigen Gewissens eine Fahrerlaubnis beantragt werden kann? Mitnichten!

In dem Fachbuch „Epilepsie und Führerschein“ (-> weitere Infos am Ende) wird darauf hingewiesen, dass bei Nichtbeantwortung der Frage, ob eine Erkrankung (hier: Epilepsie) vorliegt, unbedingt mit dem behandelnden Neurologen bzw. Neuropädiater darüber gesprochen werden muss, ob eine Fahreignung entsprechend den Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung besteht. Der Facharzt sollte dies dann eindeutig dokumentieren, ebenso wie den bisherigen Krankheits- bzw. Behandlungsverlauf, denn:

„Sollte es später zu einem Unfall kommen, ohne dass die Fahrerlaubnis mit Wissen und Zustimmung der Behörde hinsichtlich früherer epileptischer Anfälle erteilt wurde, liegt die Beweislast einer ausreichend langen Anfallsfreiheit beim Fahrer mit Epilepsie.“
(Quelle: Epilepsie und Führerschein, Autoren Krämer/Thorbecke/Porschen, Hippocampus Verlag 2011).


Ergänzung: Wird die Frage nach dem Vorliegen einer Epilepsie bei der Anmeldung zum Erhalt der Fahrerlaubnis wahrheitsgemäß beantwortet, kann es passieren, dass die Führerscheinstelle ein Gutachten verlangt, die Kosten hierfür sind aus eigener Tasche zu bezahlen. Außerdem kann dies zur Folge haben, dass selbst nach Erhalt der Fahrerlaubnis regelmäßig (halbjährlich/jährlich) ein Gutachten bei der zuständigen Behörde vorgelegt werden muss.

Bernhard Köppel

Kontakt:
Bernhard Köppel
Psychosoziale Beratungsstelle für Menschen mit Epilepsie
Mittelfranken
Ajtoschstraße 6
90459 Nürnberg
Tel.: 0911 393634214
koeppel.bernhard(at)rummelsberger.net
www.rummelsberger-diakonie.de/epilepsie


Weitere Infos:
Internetseiten:

www.betanet.de
-> Stichwortsuche: Führerschein
www.gesetze-im-internet.de
-> Gesetze/Verordnungen
-> FeV (PDF)

Broschüren zum Thema Epilepsie und Führerschein (PDF):
www.epilepsie-vereinigung.de
www.mara.de
-> Stichwortsuche: Führerschein

Buch:

Epilepsie und Führerschein von
G. Krämer, R. Thorbecke,  T. Porschen Hippocampus Verlag 2011