Delfingestützte Therapie

Ein ganz eigenes Konzept

Der Verein delfine therapieren menschen e.V. hat jahrzehntelange Erfahrung mit der delfingestützten Intensivtherapie. Seit 25 Jahren berät und unterstützt er Betroffene und Familien bei der Durchführung dieser tiergestützten Therapieform.

Doch was versteht man wirklich unter dem Begriff, wer steckt hinter dem Verein, wie sieht dessen Unterstützung aus, welche Kosten entstehen? Diese und weitere Fragen beantwortet uns die Geschäftsführerin Marion Bassfeld im nachfolgenden Interview.

1. Generelle Infos zur Delfintherapie

Was ist das genau?

Der Delfintherapie kommt innerhalb der tiergestützten Therapie eine Sonderrolle zu. Die Kontakte mit den Meeressäugern finden im Wasser, dem natürlichen Lebensraum der Delfine, statt. Wasser hat grundsätzlich einen positiven Effekt bei vielen Beeinträchtigungen. Der Körper ist entspannt, die Muskeln entkrampfen sich. In diesem fast schwerelosen Zustand findet der Kontakt mit den Delfinen statt. Die freundlichen, sympathischen und hochintelligenten Tiere nähern sich auf spielerische Weise den Patienten. Ihre vorsichtige und sensible Art trägt dazu bei, dass sich sowohl Kinder als auch Erwachsene in ihrer Gegenwart automatisch wohl fühlen.

 

Durch die Begegnung mit den Delfinen können sie sich besser konzentrieren und sind aufnahmefähiger. Gerade bei Kindern hat sich die delfingestützte Therapie besonders bewährt. Sie kann die Mobilität und die kognitiven Fähigkeiten bei einer Vielzahl von Erkrankungen und Einschränkungen verbessern sowie das Selbstvertrauen und die Selbstständigkeit fördern. Zudem schafft sie oft die Voraussetzung für den späteren Einsatz klassischer Therapien, die medizinisch sonst unmöglich wären.

 

Die Wirksamkeit der delfingestützten Therapie wurde bereits 2003 in einer unabhängigen, europäischen Studie nachgewiesen. Mehrere Nachfolgestudien bestätigten die positiven Effekte und die Nachhaltigkeit.

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Wie sieht das Therapiekonzept aus?

Das von delfine therapieren menschen e.V. entwickelte Therapiekonzept verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz, der den Menschen mit all seinen Stärken und Schwächen erfasst. Im Fokus stehen die vorhandenen Fähigkeiten, die durch die Therapie aktiviert und verbessert werden. Eltern und Geschwister sind Teil des Konzeptes und werden mit einbezogen. Ein weiterer Bestandteil ist die freie Interaktion zwischen Delfin und Patient. Die Therapie ist interdisziplinär angelegt. Das heißt, je nach Krankheitsbild werden neben dem Tiertrainer und Therapeuten auch Psychologen sowie Physio- und Ergotherapeuten eingebunden.

 

Die artgerechte Haltung der Delfine ist die wichtigste Voraussetzung für alles. Die Therapiezentren, mit denen wir zusammenarbeiten, befinden sich ausschließlich am Meer. Die Tiere leben hier in abgetrennten Lagunen in ihrer natürlichen Umgebung. Gearbeitet wird generell nur mit domestizierten Tieren, die von Anfang an an die Begegnung mit Menschen gewöhnt sind. Sowohl den Fang freilebender Delfine als auch Beckenhaltung lehnen wir grundsätzlich ab. Die Einhaltung dieser Qualitätsstandards und die artgerechte Haltung werden regelmäßig überprüft. Aktuell gibt es nur zwei Therapiezentren, die diesen Anforderungen entsprechen:

  • Curaçao Dolphin Therapy & Research Center, Niederländische Antillen (CDTC)
  • Island Dolphin Care, Florida, USA (IDC)#

Wie läuft diese Therapieform genau ab?

Um die Begegnung mit den Delfinen vorzubereiten, arbeiten Kinder und Erwachsene in der Regel zunächst mit ihrem Therapeuten und den Tieren auf einem schwimmenden Dock. Später kommt es dann zum direkten Kontakt zwischen den Patienten und dem Delfin im Wasser. Bei dieser Begegnung erkennt der Delfin die Besonderheit der Patienten und nähert sich ihnen auf vorsichtig-spielerische Weise. So verlieren Kinder und Erwachsene schnell die Angst vor den Meeressäugern. Sie entwickeln neues Selbstvertrauen und können die Impulse der Außenwelt besser aufnehmen. Um möglichst große Behandlungserfolge zu erzielen, sollte die delfingestützte Therapie zwei Wochen dauern.

 

Der genaue Ablauf einer Therapie ist von Zentrum zu Zentrum unterschiedlich und hängt von dem jeweiligen Krankheitsbild des Betroffenen ab. Häufig besteht eine Therapiesitzung aus den folgenden fünf Teilen:

 

  1. Konventionelle Therapie in speziellen Therapieräumen als Vorbereitung
  2. Kontaktaufnahme mit den Delfinen auf einem Therapiedock am Wasser
  3. Interaktion mit dem Delfin und spezifische Übungen im Wasser
  4. Übung von Alltagsfähigkeiten außerhalb des Wassers
  5. Nachbesprechung mit Patienten, Therapeuten und Angehörigen

 

Mit welchen Kosten muss ich rechnen?

Die delfingestützte Therapie wird von den Krankenkassen bisher nicht bezuschusst. Das bedeutet, dass auf betroffene Familien hohe Kosten zukommen. Denn nicht nur die Therapie selbst, sondern auch Anreise und Unterkunft vor Ort müssen bezahlt werden. Die Kosten sind von unterschiedlichen Faktoren abhängig:

Dem aktuellen Dollarkurs, der Anzahl der mitreisenden Personen, der Saison, etc. In der Regel kalkulieren wir für eine 4-köpfige Familie (2 Erwachsene, 2 Kinder) ca. 14.000 € im CDTC und ca. 12.000 € im IDC.

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2. Generelle Infos zum Verein

Wie lange gibt es den Verein schon?

1996 wurde die Organisation unter dem Namen dolphin aid e.V. in Düsseldorf gegründet, 2021 erfolgte die Umbenennung in delfine therapieren menschen e.V.

 

Wie finanziert sich der Verein?

Wir sind eine kleine Hilfsorganisation, die ohne großen Verwaltungsapparat auskommt. Daher ist der Anteil der Verwaltungskosten niedrig. Im Durchschnitt der vergangen 25 Jahre betrugen diese 13,18 % auf Basis des Sach- und Geldspendenaufkommens. Damit liegen wir sehr weit unter dem Anteil von 30 %, den das Deutsche Zentralinstitut für Spendenfragen (DZI) für vertretbar hält. In der Regel finanziert sich der Verein durch Spenden. Aber auch Sponsoren oder von uns organisierte Veranstaltungen tragen ihren Teil dazu bei.

 

Wer steht dahinter?

Bei delfine therapieren menschen e.V. arbeiten qualifizierte Mitarbeiter, die durch ihre Kompetenz und Professionalität betroffene Familien umfassend unterstützen können. Aber auch ehrenamtliches Engagement ist ein Bestandteil unseres Vereins. Eine wichtige Rolle nimmt hier sowohl unser Vorstand als auch unser Elternbeirat ein. Und unsere Botschafter unterstützen uns durch weitere Aktivitäten im eigenen Umfeld.

 

Wie kam es zur Gründung?

Unsere Geschichte ist untrennbar mit dem Schicksal von Kirsten Kuhnert, der Gründerin von dolphin aid, verbunden. Durch einen Unfall fiel ihr Sohn in ein Wachkoma. Den Delfinen gelang es, die Mauer zu durchbrechen und ihn aus seinem Koma zu erwecken. Seine Rückkehr ins Leben wurde zur Geburtsstunde von dolphin aid.

 

Dieses Schicksal und die berührenden Erfolgsgeschichten von vielen Kindern, die wir im Laufe unserer 25-jährigen Arbeit erleben durften, sind unser Ansporn und unsere Motivation.

 

Unser Wunsch ist es, dass jedes betroffene Kind und jeder betroffene Erwachsene eine Delfintherapie durchführen kann. Wir unterstützen Familien auf ihrem Weg und stehen ihnen mit unserer Kompetenz und unserer langjährigen Erfahrung zur Seite.

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3. Spezielle Infos

Welche Hilfe(n) bieten Sie Betroffenen an?

Wir begleiten Betroffene sehr persönlich und individuell durch alle Phasen des Prozesses. Wir informieren über die Therapieform und unterstützen bei der Finanzierung, die in der Regel durch Spendengelder erfolgt. Gerne übernehmen wir die komplette Organisation der Therapie und kümmern uns um die Buchungsabwicklung von Reise und Unterkunft.

 

Gibt es eine „Nachbetreuung“?

Die Patienten bzw. ihre Angehörigen erhalten im Anschluss einen Therapie-bericht zur weiteren Verwendung. Auch für nachfolgende Therapien sind wir gerne Ansprechpartner.

 

Wie viele Personen machen eine Delfintherapie jährlich?

Vor 2020, und somit vor Corona, haben im Schnitt 160 Patienten jährlich eine delfingestützte Therapie über delfine therapieren menschen e.V. gemacht. In den Corona-Jahren fiel die Anzahl durch Lockdowns und Reisebeschränkungen geringer aus. Für dieses Jahr haben wir mit Stand heute aber schon wieder 125 Anmeldungen.

 

Existiert ein Angebot für Geschwisterkinder?

Es gibt im CDTC ein Geschwisterprogramm für begleitende Geschwisterkinder mit Gesprächsrunden und Zeit zum Spielen, Entspannen, Schwimmen, Schnorcheln oder Kajakfahren. Zusätzlich gibt es einen Dock-Tag, an dem das Geschwisterkind die Therapieeinheit aus nächster Nähe beobachten kann (es kann nicht mit ins Wasser).

 

In der 2. Woche gibt es dann noch einen Delfintrainer-Tag. Hier begleitet das Geschwisterkind den Trainer für einen Tag. Ein Delfinschwimmen gibt es für die ganze Familie.

 

Müssen Sie auch Interessenten ablehnen?

Eigentlich nein. Die finale Entscheidung über die Teilnahme an der Therapie liegt allerdings beim Therapiezentrum. Ein Ablehnungsgrund könnte lediglich medizinisch begründet sein. Sprich der Grad der Behinderung ist so hoch, dass man nicht im Stande ist, mit diesem Betroffenen umzugehen. Oder der Patient ist jünger als drei Jahre, dann kann er noch nicht an der Therapie teilnehmen. Voraussetzung zur Teilnahme ist aber grundsätzlich auch eine Flugtauglichkeit.

 

Auf was achten Sie besonders?

Besonders achten wir auf das Prinzip der Gleichstellung. So haben wir Richtpreise für die Unterkünfte. Liegt der Preis einer ausgesuchten Unterkunft über dem Richtwert, muss die Differenz aus Eigenmitteln finanziert werden. Bei der Finanzierung durch Spenden werden alle Familien gleichbehandelt.

 

Wohin kann man sich bei Interesse wenden?

Es gibt Flyer für Familien und für potenzielle Sponsoren – gerne beraten und unterstützen wir Betroffene und Familien bei ihren Fragen.

Interview zusammengefasst

von Doris Wittig-Moßner

 

 

Kontakt:

delfine therapieren menschen e. V.

Angermunder Straße 9

40489 Düsseldorf

Tel.: 0203 746280

info(at)delfine-therapieren-menschen.de

www.delfine-therapieren-menschen.de

 

Erfahrungsberichte:

www.delfine-therapieren-menschen.de/mutmacher-geschichten/

 

Eigener YouTube Kanal:

https://www.youtube.com/user/dolphinaid1995

 

TV-Beitrag:

www.youtube.com/watch?v=6-88cQE-9tc