Engagement lohnt sich
Ob sie mich nach dem Unterricht kurz sprechen könne, fragt mich Janines Mutter vor dem Konfirmandenunterricht. Es geht um die Kennenlernfahrt, sagt sie.
Als wir nach dem Unterricht zusammensitzen, sagt sie, dass ihre Tochter Janine noch nie mit auf Klassenfahrt war. Sie hat eine besondere Form der Epilepsie. Wenn sie im Schlaf gestört wird, kann es sein, dass sie einen Anfall bekommt. Das ist zwar in den letzten Jahren höchstselten vorgekommen, aber es ist eben nicht ausgeschlossen. Falls Janine einen Anfall bekommt, muss man sie sichern, damit sie sich nicht verletzt und ihr ein Notfallmedikament einführen.
Ich sag der Mutter zu, dass ich mir zutraue, Janine mitzunehmen, unter einer Bedingung: Wir müssen die Gruppe informieren. Janine und ihre Mutter stimmen zu, sie finden verständliche Worte, ohne das Schlagwort Epilepsie zu nennen.
Mir ist klar, es ist ein Risiko. Am ersten Abend gibt es das übliche Halli-galli mit Jungs besuchen und Musik hören auf den Zimmern bis tief in die Nacht. Aber in Janines Schlaftrakt ist es mucksmäuschen still. Die 32 Konfis haben ihre Party komplett auf den anderen Flur verlegt. Wir erleben ein Wochenende ohne Zwischenfall.
Als wir am Ende des Wochenendes jedem auf einem Zettel auf dem Rücken schreiben, was wir von ihm wissen, steht bei Janine: liebt Pink, kann unglaublich schnell sms-tippen, darf nicht im Schlaf geweckt werden.
Ja, denk ich, Janines Krankheit ist ein Teil von ihr, aber sie ist noch längst nicht alles.
Dieser Radiobeitrag wurde am 16.06.09 in Kirche in 1Live gesendet.
Autorin und Sprecherin: Pfarrerin Christiane Birgden, Hürth
Mit freundlicher Genehmigung des evangelischen Rundfunkbeauftragten beim WDR