„Schwimm-Hilfen“
Begleitung beim Schwimmunterricht - Hilfe gibt es doch!
Unsere Tochter hat gelegentlich Krampfanfälle. Sie geht derzeit in die 2. Klasse der Gemeinschaftsgrundschule. Ihre Lehrerin wies uns am Anfang des neuen Schuljahres darauf hin, dass ab dem 2. Halbjahr Schwimmunterricht erteilt wird. Wegen der Gefahren, die Epileptikern bei einem Anfall im Wasser drohen, war es uns wichtig, dass unser Kind für die Schwimmstunde eine besondere Aufsicht bekam.
Vorher hatte ich über die ebe erfahren, dass es für solche Fälle Hilfe in Form einer „Einzelfallbetreuung im Rahmen der Eingliederungshilfe“ von der Stadt gibt.
Zunächst habe ich im September – ganz innovativ – ein Mail an die Stadt (Gesundheitsamt) gesandt, um Infos zur Beantragung eines solchen Falles zu bekommen. Da ich danach hörte, das Sozialamt wäre zuständig, habe ich die gleiche Mail auch dorthin geschickt. Nach etwa 6 Wochen rief die für den Bezirk zuständige Schulärztin an und teilte mir mit, dass die Stadt nicht zuständig wäre, ich solle mich an die Krankenkasse wenden. (Auf meine Mail an das Sozialamt habe ich bis heute keine Antwort erhalten.)
Eine befreundete Mutter berichtete mir dann, sie hätte für ihren Sohn (allerdings wegen eines anderen Handicaps) Hilfe vom Amt für Kinder, Jugend und Familie im Bezirksrathaus erhalten. Da wir in einem anderen Stadtteil wohnen, bin ich also eines Tages persönlich zu unserer Außenstelle geradelt. Nach einigen Fragereien traf ich dort eine Mitarbeiterin an, deren Kolleginnen solche Fälle bearbeiten. Sie nannte mir die beiden Namen und deren Telefonnummern. Da sie beide an diesem Tag nicht im Büro waren, sollte ich mich noch mal melden.
Tage später erreichte ich eine dieser Frauen. Sie teilte mir mit, dass ich zunächst ein Attest des Arztes benötigte. Dieses hatte ich bald darauf und versuchte nun erneut, die Dame am Telefon zu erreichen, leider erfolglos. Die andere Kollegin, deren Rufnummer ich hatte, konnte ich einige Tage später telefonisch erreichen. Sie fühlte sich nicht zuständig. Auf meine Nachfrage, wer denn der Richtige sei, wollte sie sich informieren.
Eine Woche später rief sie an, das Sozialamt sei zuständig. Sie nannte mir auch hier eine Sachbearbeiterin. Als ich diese anrief, bekam ich zu hören: „Nein, ich bin nur für Legasthenie und Dyskalkulie zuständig.“ Auch hier habe ich nachgefragt, an wen ich mich wenden soll. Sie empfahl mir das Callcenter der Stadt, die wüssten das vielleicht.
Da ich nicht viel Vertrauen in Callcenter habe, rief ich erneut die Bearbeiterin an, die mich ans Sozialamt verwiesen hatte. Sie zeigte sich erstaunt, dass das Sozialamt nicht richtig sei und versprach erneut zurückzurufen.
Eine Woche später hat sie dieses Versprechen eingelöst und im Telefonat gesagt: „Ich bin doch zuständig.“
Nachdem diese Hürde nun genommen war – es war inzwischen November – schlug die Sachbearbeiterin vor: „Sie können ihre Tochter doch vom Schwimmunterricht befreien lassen, das wäre doch viel einfacher.“ Da war ich doch erst mal sprachlos.
Ansonsten benötige man unbedingt ein Gutachten der Schule. Was alles in einem solchen Gutachten stehen solle, war der Bearbeiterin nur einzeln und schwer zu entlocken. Immerhin wusste ich nach dem Telefonat, dass die Klassenstärke erwähnt werden sollte, und ob die Schule diese besondere Aufsicht gewährleisten könne.
Ich habe dann im Sozialgesetzbuch nachgelesen, welche Stichworte mutmaßlich hier gebraucht werden. Eine halbe Seite habe ich verfasst mit Sätzen wie: „Integration von Menschen mit Handicap“ und „Verhinderung von Beeinträchtigungen bei der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft“. Diese Vorlage hat die Schule mit viel Engagement der Lehrerin und der Schulleiterin gerne aufgegriffen und mir kurzfristig das „Gutachten“ zur Verfügung gestellt.
Also wieder bei der Stadt anrufen. Diesmal kam der Vorschlag, einen persönlichen Termin zu vereinbaren, was ich auch sofort tat. Dort angekommen, gab mir die Sachbearbeiterin ein Formular. „Das können Sie jetzt hier ausfüllen oder in Ruhe zu Hause.“ Soweit der Termin… (Vielleicht sollte sich bald bei der Stadt herumsprechen, dass die Post so was auch verschicken kann… oder man kann es sogar mailen!).
Als nächstes kam die Frage auf, wer denn als Aufsichtsperson in Betracht käme. Da unsere Tochter privat in einer integrativen Schwimmgruppe ist, die von Studenten geleitet und von einem Dozenten der Sporthochschule begleitet wird, habe ich mich dort umgehört. Der Dozent konnte mir eine Studentin nennen, die die Aufgabe gerne für 15 € pro Stunde übernehmen würde.
Beim nächsten Gespräch mit der Sachbearbeiterin bei der Stadt kam hierzu die Bemerkung „So teuer!“ Ein Kollege habe ihr erzählt, er hätte kürzlich auch solche Mittel bewilligt, dort betreue die Lebenshilfe. Meine Anregung, die Bearbeiterin könne den Kollegen ja mal fragen, in welcher Höhe er denn bewilligt hätte, wurde ungläubig bestaunt. Letztendlich habe ich selber bei der Lebenshilfe nachgefragt und erfahren, dass die Lebenshilfe in diesem Fall nicht helfen kann.
Unseren „Antrag auf Hilfe gem. Sozialbesetzbuch Achtes Buch“ haben wir dann Mitte November abgegeben. Die Sachbearbeiterin staunte über unsere Formulierungen: „Da haben Sie sich aber viel Mühe gegeben“. Ich konnte mir ein „Na, wenn Sie sich schon keine Mühe geben…“ nur knapp verkneifen.
Auf vielfache Nachfrage erhielt dann die Studentin im Januar ein leeres Formular für einen Werkvertrag. Dieses sollte sie selbst ausfüllen. Leider war die Sachbearbeiterin dann längere Zeit telefonisch nicht erreichbar (eine Rufumleitung für die Urlaubszeit hat sich bei der Stadt offensichtlich noch nicht etabliert).
Der Schwimmunterricht begann dann am 2. Februar. Da bis zu diesem Zeitpunkt die Hilfe noch nicht gewährt war, habe ich einen Tag Urlaub genommen und die Klasse zum Schwimmen begleitet. Immerhin gab es für die nächste Woche die mündliche Zusage, dass die Hilfe gewährt wird.
Mitte März haben wir dann rückwirkend zum 9. Februar den Bescheid gem. § 27 Sozialgesetzbuch, 8. Buch erhalten. Die Betreuung durch die Studentin zusammen mit den Lehrern klappt super. Und Unsere Tochter freut sich jede Woche sehr über ihren Schwimmunterricht mit ihren Klassenkameraden.
Ich kann nur jedem in dieser und ähnlichen Situationen empfehlen, nicht frühzeitig aufzugeben, sondern sich für die Fördermöglichkeiten unserer Kinder einzusetzen. Mir hat der Kontakt mit anderen Eltern immer wieder Mut gegeben, nicht locker zu lassen.
Silke Kamphausen-Schäfer, ebe-Gruppe Köln