Fotosensibilität

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In unserer Ausgabe 2/17 haben wir über die Einstufung eines animierten GIFs als tödliche Waffe durch die Texas Grand Jury berichtet. Von dem Journalisten Kurt Eichenwald, der dieses Bild über die neuen Medien zugesandt bekam, war bekannt, dass er eine fotosensible Epilepsie hat.

 

Aber was ist Fotosensibilität überhaupt?

Wikipedia: Unter Fotosensibilität, auch Fotosensitivität, versteht man in der Neurologie die besondere Reaktionsbereitschaft des Gehirns, auf regelmäßig wechselnde Hell-Dunkel-Kontraste, z. B. beim Fernsehen, bei Videospielen, Flackerlicht in der Disko, Licht-Schatten-Wechsel beim Durchfahren einer Allee o. ä., mit einer zunehmend synchronisierten Entladung von Nervenzell-verbänden bis hin zum epileptischen Anfall zu reagieren.

 

Dass Menschen mit Epilepsie nicht am Computer arbeiten oder fernsehen dürfen, gehört zu den „haltbarsten“ Gerüchten, die über diese Krankheit im Umlauf sind. Doch was ist eigentlich dran an diesen Aussagen?


Fakt ist:


Nur 5 % aller Menschen mit einer Epilepsie zeigen bei der Stimulation mit Lichtreizen epilepsietypische Veränderungen im EEG (= photoparoxysmale Reaktion – kurz PPR), was aber nicht bedeutet, dass dadurch gleich Anfälle provoziert werden. Bei etwa 70 % dieser fotosensiblen Patienten können durch spezielle Lichtreize Anfälle ausgelöst werden. Zum Glück sind solche Epilepsien gut behandelbar, weniger als 10 % der Patienten, die PPR zeigen oder durch visuelle Reize ausgelöste Anfälle haben, sind therapieresistent.

 

Die PPR ist bei den meisten Betroffenen am stärksten bei Lichtreizen mit Frequenzen von 10 bis 20 Hz, bei 65 Lichtblitzen pro Minute reagieren nur noch 4 % aller PPR-Patienten mit EEG-Veränderungen.

 

Was heißt das in der Praxis?

Moderne Computerbildschirme und Fernseher arbeiten nicht wie ältere Röhrengeräte mit Bildwechselfrequenzen von 50 Hz, sondern mit 100 Hz oder mehr. Daher sind sie bauartbedingt unbedenklich für Menschen mit Epilepsien. Wichtig ist, den Raum beim Fernsehen oder bei der Arbeit am Computer gut auszuleuchten und genügend Abstand zum Bildschirm einzuhalten (Eltern müssen sich daher leider ein anderes Argument als „Davon bekommst du Anfälle“ suchen, um den Fernseh- und/oder Computerkonsum ihrer Kinder zu begrenzen. :-))

 

Glitzernde Wasseroberflächen und Autofahrten durch Alleen können für Menschen mit Fotosensibilität allerdings genauso bedenklich sein wie schnelle Bildwechsel mit harten Hell-Dunkel- oder Rot-Blau-Kontrasten und geometrischen Mustern (z. B. Streifen) in Filmen, Computerspielen und animierten Bildern. Hilfreich sind bei nicht vermeidbaren Lichtreizen z. B. in der freien Natur, spezielle Sonnenbrillen mit polarisierenden Gläsern, die vom behandelnden Arzt verordnet werden können.

 

Auch wenn für Kurt Eichenwald das stroboskopartige GIF anfallsauslösend wirkte, so ist es doch nur eine ganz kleine Gruppe von Epilepsie-Patienten, die davon betroffen ist (mehr als 95 % aller Patienten reagiert nicht auf Lichtreize mit PPR!). Sicherheitshalber sollte man Anhänge von unbekannten Absendern gar nicht erst öffnen bzw. Bilder nicht mit herunterladen.

 

Susanne Fey, Wuppertal