Über die Liebe zur Musik, soziale Hilfe und einer Antragsflut

Unser Sohn liebt Musik, (er ist ein anfallskrankes Kind, sonst würde ich hier ja nicht schreiben). Wir als Eltern tun natürlich alles, was den Florian weiterbringt, ihn glücklich macht und vielleicht auch seine Anfälle besiegt. Nur eine kleine Beispielsammlung, die wohl typisch für viele Eltern ist: Suche nach der "richtigen" Klinik, der richtigen "Ärztin", homöopathische Behandlung, Cranio-Sacral-Therapie, Heilpraktikerin, Reittherapie, Ergotherapien, Krankengymnastik, ketogene Diät, und natürlich das, was Florian außer unserer Liebe am nötigsten braucht und auch daheim bereit steht: MUSIK.

Wir sind begeistert, wenn wir sehen, wozu Florian mit Musik in der Lage ist. Die Fachleute aus den Frühfördereinrichtungen, Krankenschwestern, die uns daheim besuchen und Freunde sagen: "Macht Musiktherapie!"

Das Bundessozialhilfegesetz sieht in den §§ 39 und 40 die heilpädagogische Frühförderung von schwerkranken und behinderten Kindern im Vorschulalter vor. Warum ausgerechnet im BSHG?

Wir bekommen ein Gutachten einer Ärztin, das uns bestätigt, wie sinnvoll doch die Förderung von Florian mit Musiktherapie ist. Wir bekommen Adressen von Therapeutinnen und denken, jetzt geht's los. Denks'de, wir rufen beim Landratsamt an und erkundigen uns, wie das Ganze ablaufen kann.

Es braucht einen Antrag, klar, verstehen wir, ohne Antrag keine Leistung. Außerdem benötigen wir eine Ablehnung der Krankenkasse, dass diese die Kosten nicht übernimmt. Übernimmt sie vermutlich auch nicht, weil die medizinische Begründung, dass dadurch die Anfälle beseitigt oder vermindert werden, im Moment schwer fällt. Also stellen wir (das erste Mal in meinem Leben) einen Antrag mitdem Ziel, eine Ablehnung zu erhalten. Wir haben ja sonst nichts zu tun.

Vom Landratsamt erhalte ich einen Antrag auf Sozialhilfe, wie bitte Sozialhilfe? Wir wollen doch Musiktherapie, und das möglichst daheim. Es ist aber wohl der richtige Antrag. Sieht doch ein Feld zum Ankreuzen extra diese heilpädagogischen Maßnahmen vor. Aber warum sollen wir denn Auskunft über Verdienst, Lebensversicherungen, Haus- und Grundbesitz, Ursache der Notlage, Arbeitgeberbescheinigungen, usw. geben, wenn wir doch nur Musiktherapie wollen. Außerdem ist diese Förderung einkommensunabhängig. Ein weiteres Telefonat mit dem Landratsamt (wir wurden immer freundlich behandelt) ergibt, dass wir diese Fragen wohl nicht beantworten müssen.

Wann es nun endlich losgeht mit der Musiktherapie, kann ich zum Zeitpunkt, an dem ich diesen Artikel schreibe, noch nicht sagen. Aber ich werde Florian weiter seine Lieblingsmusik "Biermöslblasn" auflegen und mich im Lieder vorsingen üben. Ein Lied weiß ich schon gut zu singen, das Lied vom Antrag stellen.

Günter Warncke
e.b.e. epilepsie bundes-elternverband e.V.