Epilepsie-Zentrum München

Neurologische Klinik und Poliklinik, Klinikum der Universität München – CampusGroßhadern¹
Dr. von Hauner’sches Kinderspital der Universität München – Campus Innenstadt²

 

Der erste epileptische Anfall ist für viele Betroffene ein einschneidendes Erlebnis. Dies trifft insbesondere für generalisierte tonisch-klonische Anfälle (Grand-mal-Anfälle) zu. Nach einem solchen Ereignis ist der Schrecken oft zunächst groß und es besteht Ratlosigkeit über die weitere Zukunft: wie entstehen epileptische Anfälle, was ist die Ursache, gibt es für unterschiedliche Formen und wie sieht die optimale Vorgehensweise nach einem ersten epileptischen Anfall aus?

Wie entstehen epileptische Anfälle?

Prinzipiell kann es bei jedem Menschen zu einem epileptischen Anfall kommen. Ob dies tatsächlich passiert, hängt zum einen von vererbten Ursachen und zum anderen von erworbenen Faktoren wie z.B. Schädigungen im Mutterleib, Infektionen, Verletzungen, Tumoren oder Schlaganfällen, ab. Äußere Faktoren (z.B. Schlafentzug oder Alkoholentzug) können das Auftreten von Anfällen begünstigen (Abb. 1). Oftmals ist ein epileptischer Anfall nicht allein auf eine Ursache zurückzuführen, sondern auf ein Zusammenwirken verschiedener Faktoren. Neben den anfallsfördernden gibt es auch anfallshemmende Faktoren, die wie eine Hemmschwelle im Gehirn dafür sorgen, dass epileptische Anfälle verhindert werden (Abb. 1).

Wie sehen epileptischer Anfälle aus?

Epileptische Anfälle können sich in unterschiedlichster Weise äußern, von einem nur Sekunden dauernden Abwesenheitszustand bis hin zu Verkrampfungen einzelner Körperpartien oder des gesamten Körpers. Bei manchen Patienten beginnt der Anfall in Form einer gestörten Sinneswahrnehmung, die seit alters her als „Aura“ bezeichnet wird. Bei generalisierten tonisch-klonischen Anfällen kann es z.B. zu Zungenbiss, Einnässen oder kleinen Einblutungen um das Auge kommen (Abb. 2).

Wie diagnostiziert und behandelt man Epilepsie?

 

Für die Diagnose epileptischer Anfälle ist die genaue Beschreibung des Ereignisses aus der Sicht des Patienten sowie aus der Perspektive der Beobachtenden hilfreich. Die Schilderungen sind deshalb so wichtig, da sie oftmals schon Hinweise auf den Entstehungsort des epileptischen Anfalls erbringen, die Abgrenzung von anderen ähnlichen Krankheitsbildern (z.B. Ohnmachten) erlauben und über die weiteren Therapiemöglichkeiten entscheiden.
Neben der Patientenvorgeschichte und der aktuellen Krankengeschichte sind nach dem ersten epileptischen Anfall eine Hirnstromableitung (EEG), eine Magnet-Resonanz-Tomographie (MRT), eine Blutuntersuchung und eventuell auch eine Untersuchung des Nervenwassers (Liquorpunktion) sinnvoll. Zunächst wird mit Hilfe eines Medikamentes versucht weitere epileptische Anfälle zu unterbinden. Dafür steht eine Reihe von Medikamenten zur Verfügung.

Mit Einnahme des ersten Medikaments wird etwa die Hälfte der Patienten anfallsfrei (Abb. 3). War der erste Therapieversuch erfolglos, können mit Hilfe eines zweiten Medikaments einige, insgesamt aber nur noch deutlich weniger Patienten (13%) erfolgreich behandelt werden. Ein drittes Medikament oder die Kombination zweier Medikamente führt lediglich bei einem kleinen Teil (3-4%) der Patienten zu Anfallsfreiheit. Es sollte daher frühzeitig geprüft werden, ob durch eine epilepsiechirurgische Behandlung infrage kommt.

In manchen Fällen kann eine Operation zu Anfallsfreiheit führen bei Epilepsien, die einen begrenzten Ursprungsort im Gehirn haben, der mit geringen Risiken und Gefahr für Schäden chirurgisch entfernt werden kann. Spezialisierte Epilepsie-Zentren können prüfen, wer für eine epilepsiechirurgische Behandlung infrage kommt. Diesen Patienten sollte man ersparen, unnötig lange Medikamente in verschiedenen Kombinationen einzunehmen, wenn sie wenig zusätzlichen Erfolg versprechen und die Zeit zur Anfallsfreiheit durch eine epilepsiechirurgische Behandlung verzögern.

Das Epilepsie-Zentrum der Universität München (Leiter Prof. Dr. Soheyl Noachtar) in der Neurologischen Klinik (Direktorin Frau Prof. Dr. Marianne Dieterich) bietet die Möglichkeit der Untersuchung, Beratung und Behandlung von Patienten mit Epilepsien auf Zuweisung durch Neurologen. In Kooperation mit der Neuropädiatrischen Abteilung der Kinderklinik (Leiter Prof. Dr. Florian Heinen, Leiter Fachbereich Epileptologie, OA Dr. Ingo Borggräfe) und der Neurochirurgischen Klinik (Direktor Prof. Dr. Jörg-Christian Tonn, Fachbereich Epilepsiechirurgie, ÖA PD Dr. Aurelia Peraud) stehen Anfallsambulanzen und stationäre Bereiche sowie ein epilepsiechirurgisches Zentrum für Kinder und Erwachsene zur Verfügung. Es gibt Überwachungsstationen für Video-EEG-Monitoring zur kontinuierlichen Überwachung (24-Stunden, 7-Tage die Woche) zur Anfallsaufzeichnung für Kinder und Erwachsene (Abb. 4).

Das Epilepsie-Zentrum München arbeitet eng mit anderen Bereichen der Universitätsklinik (Neuroradiologie, Nuklearmedizin, Psychiatrie, Sozialpädiatrie, Kinder- und Jugendpsychiatrie) zusammen, um eine optimale Betreuung und Behandlung zu gewährleisten. Die erste Beratungsstelle für Epilepsie Deutschlands außerhalb Bethel/Bielefeld wurde in München durch die Innere Mission gegründet (Dipl. Soz. Päd. Peter Brodisch) und arbeitet ebenfalls eng mit dem Epilepsie-Zentrum zusammen.

Loesch A.M.¹, Borggräfe I.² und Noachtar S.¹,
Epilepsiezentrum München

Wie nehme ich Kontakt auf?

Epilepsie-Zentrum, Klinikum der Universität München - Großhadern
Leiter: Prof. Dr. Soheyl Noachtar
Koordination: Michaela Steiner
Marchioninistr. 15
81377 München
Tel: (089) 7095 2585
Fax: (089) 7095 5688
E-Mail: Michaela.Steiner(at)med.uni.muenchen.de
Internet: www.nefo.med.uni-muenchen.de

Dr. von Hauner’sches Kinderspital der Universität München
Neuropädiatrie, Entwicklungsneurologie, Sozialpädiatrie
Leiter: Prof. Dr. Florian Heinen
Fachbereich Epileptologie
Leiter: OA Dr. Ingo Borggräfe
Lindwurmstr. 4
80337 München
Tel. (089) 5160 7954
Fax (089) 5160 7956
E-Mail: ingo.borggraefe(at)med.uni-muenchen.de
Internet: hauner.klinikum.uni-muenchen.de