Gemeinsam stark: Junge Menschen mit Epilepsie

15 junge Menschen mit Epilepsie kamen am 10. und 11. September in Bielefeld zusammen, um sich über ihre Erkrankung auszutauschen und zu informieren. Betroffene, junge Erwachsene aus ganz Deutschland nahmen an dem Treffen teil. Die Gruppe hat Anfang 2012 den Verein  Youth on the Move Germany (Epikurier 3/2012) gegründet, der bereits in den Niederlanden und Kenia vertreten war.

Reichlich Zeit zum Fragen


Am Samstag trafen sich die Teilnehmer im Epilepsie-Zentrum Bielefeld. Hauptziel des Wochenendes war es, persönliche Erfahrungen, Probleme und Lösungen mit den anderen zu teilen und Neues über das breite Feld der Epilepsie zu erfahren. Es gab reichlich Gelegenheit, die eigenen Fragen zu verschiedenen Themengebieten zu stellen. Dabei lag ein Schwerpunkt des Treffens auf sogenannten dissoziativen oder psychogenen Anfällen, die aufgrund psychischer Probleme (zum Beispiel Depressionen, Angststörungen oder traumatische Erlebnisse) entstehen können. Eine Betroffene berichtete, dass sie Anfälle in Situationen bekomme, wo sie sich stark bedrängt und eingeengt fühle. Dr. Martin Schöndienst, Leiter der Abteilung für psychosomatische Epileptologie am Epilepsie-Zentrum Bielefeld, und Dipl.-Psych. Mario Schrecke trugen mit ihrem fachlichen Wissen zu der Informationsrunde bei.

Anfälle unterbrechen


Andere Themen, für die sich Teilnehmer interessierten, waren Anfallsunterbrechung, Arbeit in medizinischen Berufen mit Epilepsie, Führerschein und Bewerbung mit Epilepsie. Es stellte sich heraus, dass Alle, die vor einem Anfall eine Aura verspüren, diese Aura anders wahrnehmen und – falls die Zeit dazu bleibt – meist dort gegen den Anfall vorzugehen versuchen, wo sie die Aura spüren. Manche üben Druck auf die Stelle aus, wo sie ein Kribbeln oder Ziehen spüren, andere, die eine vom Bauch aufsteigende Aura oder ein Druckgefühl empfinden, beginnen, ihre Atmung bewusst zu steuern. Bei unangenehmen Geschmacks- oder Geruchserlebnissen können Pfefferminzbonbons und Riechstäbchen entgegenwirken. Wichtig ist es, auf das eigene Gefühl zu achten und verschiedene Möglichkeiten zur Anfallsunterbrechung auszuprobieren.

Wie sieht's bei der Bewerbung aus?


Hinsichtlich der Themen Führerschein, Bewerbung und Umgang mit Epilepsie im Beruf gab es einen lebhaften Austausch untereinander. Auch hier brachte eine professionelle Ansprechpartnerin ihr Wissen in die Runde ein, Ingrid Coban, Leiterin der sozialtherapeutischen Dienste im Epilepsie-Zentrum Bielefeld. Bei einem Bewerbungsgespräch muss man als Epileptiker die Erkrankung nicht angeben, solange man nicht vom Gesprächspartner danach gefragt wird. Außerdem gibt es die Möglichkeit, nur die oder den Beauftragten für Behinderung des Betriebes über die Erkrankung zu informieren. Einige erzählten, dass sie ihre Erkrankung bei der Bewerbung nach schlechten Erfahrungen nicht mehr angeben werden, während andere von Arbeitskollegen positive Reaktionen auf ihre Offenheit erhalten haben. Bei der Arbeit in medizinischen Berufen hängt die Gefahr für Patienten stets von der individuellen Anfallssituation ab. Jeder Fall muss deshalb einzeln geklärt werden.

Vereinsfragen geklärt


Am Sonntag widmeten sich die Teilnehmer den internen Vereinsangelegenheiten: Sie nahmen die geänderte, endgültige Fassung der Vereinssatzung einstimmig an und wählten den aktuellen Vorstand von Youth on the Move Germany.

Youth on the Move Germany ist ein Treffpunkt fu¨r junge Leute, die trotz ihrer Epilepsie ein selbständiges und aktives Leben fu¨hren, die eine Ausbildung suchen oder begonnen haben, studieren oder bereits im Beruf stehen. Das nächste Treffen der Gruppe wird im März oder April 2013 stattfinden. Die Gruppe wird bis dahin ihren Plan weiterverfolgen, einen Dokumentarfilm über das Leben von jungen Menschen mit Epilepsie in Kenia zu drehen. Denn weit verbreitete Stigmata und eine mangelnde medizinische Versorgung erschweren den Alltag der dortigen Betroffenen leider erheblich.

Kontakt: epistuditreff(at)gmx.de oder www.facebook.com/groups/126435894120960/
Informationen zur Dokumentation „Epilepsie in Kenia“: www.facebook.com/FilmEpilepsieInKenia
Homepage von Youth on the Move – Empower Talents with Epilepsy: www.youth-on-the-move.com

K. Nahrmann, F. Birnmeyer