MRT- Bildgebung bei Epilepsien

Bild 1: Darstellung einer kleinen kortikalen Dysplasie bei einer Patientin mit Frontallappenepilepsie links. Die Läsion, die bisher auf allen MRT-Aufnahmen unentdeckt geblieben war, zeigt sich als verwaschene Grau-Weiß-Grenze (Pfeile).

Bild 2: Patient mit einer Gefäßmissbildung links temporal (Pfeil). Mittels DTI wurde der Verlauf der Sehbahn dargestellt, um präoperativ das Risiko eines eventuellen postoperativen Gesichtsfelddefektes besser einschätzen zu können.

Bild 3: Funktionelles MRT (fMRT) mir Darstellung der Hirnregionen der linken Hirnhälfte, die während des Lesens und der Verarbeitung von Sprache aktiv sind. Die Hirnhälfte ist als „inflated brain“ (= spezielle Bearbeitung der Daten, so dass sich die gewundene Oberfläche des Gehirns entfaltet, wie bei einer aufgeblasenen zerknautschten Brötchentüte) dargestellt, um auch Aktivierungen in tieferen Hirnregionen, in den Windungen darzustellen. Je aktiver die Hirnregion, desto gelber ist die Darstellung.

Susanne Knake


Der Stellenwert der Bildgebung ist in den letzten Jahren in der Epileptologie ständig gewachsen: Die Bildgebung ist neben der klinischen Beschreibung der Anfälle und dem EEG zu einer wichtigen Säulen der Diagnostik geworden und hat sich insbesondere zur Indikationsstellung und Einschätzung der Prognose vor epilepsiechirurgischen Eingriffen bewährt. Technische Verbesserungen der Geräte und neue Entwicklungen der verwendeten Sequenzen und Analyseverfahren sowie die Anwendung von Magnetresonanztomographen (MRT oder auch als Kernspintomographie bezeichnet) mit hohen Feldstärken (3 Tesla und höher) haben die Diagnostik wegweisend verbessert. Das Computertomogramm des Kopfes (CT) hat seinen Stellenwert nun nur noch in der Notfalldiagnostik zum Ausschluss von Hirnblutungen, der Kernspintomograph (MRT) ist inzwischen die Methode der Wahl, um auch kleinere strukturelle Veränderungen der Hirnrinde zu erfassen.

Strukturelle Bildgebung

Jeder Patient mit einer Epilepsie sollte zumindest einmal ein qualitativ hochwertiges MRT bekommen, um strukturelle und ggf. therapierbare Ursachen auszuschließen. Besondere Bedeutung hat die Bildgebung bei Patienten mit medikamentös schwer behandelbaren, fokalen Epilepsien. Hier kann die Bildgebung helfen, z. B. frühzeitig geeignete Kandidaten für einen epilepsiechirurgischen Eingriff zu identifizieren.

Dabei sollte insbesondere eine sorgfältige Untersuchung des Gehirns mit speziellen Sequenzen und einem eigens für den Patienten optimierten und gekippten Protokoll durchgeführt werden. Die möglichst genaue Angabe der vermuteten Lokalisation der epileptogenen Zone kann helfen, die Planung und die Interpretation des MRT zu verbessern. Die Magnetresonanztomographie arbeitet nicht mit Röntgenstrahlung, sondern mit elektromagnetischen Wellen. Es ist somit ein eher unschädliches Untersuchungsverfahren mit nur wenigen Einschränkungen der Anwendbarkeit (z. B. Herzschrittmacher). Mit großer Genauigkeit können so selbst kleinste Hirnstrukturen mit hoher Auflösung beurteilt werden. Die häufigsten strukturellen Hirnveränderungen, die eine Epilepsie auslösen können, sind bei Kindern vor allem Aufbaustörungen der Hirnrinde, die so genannten kortikalen Dysplasien und Heterotopien.

Bei jungen Erwachsenen sind es insbesondere die Hippokampussklerose und kortikale Dysplasien sowie eher gutartige Missbildungstumore. Beim Erwachsenen sind Hirntumore und im späteren Lebensalter vor allem vaskuläre Erkrankungen ursächlich.

Wichtig ist es, bei unauffälligem MRT und weiterbestehenden Anfällen darauf zu achten, ob die Qualität des MRT ausreichend zur Diagnostik war. Die Auflösung kann durch moderne Hochfeld-MRT deutlich verbessert werden und so auch bei bis zu 20 % der so genannten MRT-negativen Patienten noch Läsionen entdecken, die bisher unbekannt waren
(Bild 1).
Daher sollten alle Patienten mit einer fokalen, also von einer Hirnregion ausgehenden Epilepsie, bei denen bisher keine Läsion im MRT entdeckt wurde, ca. alle fünf Jahre eine moderne MRT-Untersuchung bekommen. Wesentlich ist, dass diese Untersuchung an spezialisierten Zentren mit epileptologisch erfahrenen Neuroradiologen oder radiologisch erfahrenen Epileptologen durchgeführt wird.

Neben der reinen Darstellung der Hirnstruktur findet die Anwendung von neuen computergestützten Techniken der Bildnachbearbeitung immer mehr Einzug in die Klinik: Berechnung der Dicke der Hirnrinde, Aufdecken von Kontrastunterschieden in der grauen und weißen Substanz oder Änderungen des Hirnwindungsreliefs (der Gyrierung) können helfen, bisher unentdeckte kleine angeborene Läsionen, wie z. B. kortikale Dysplasien, aufzuzeigen oder das Auge des Radiologen auf diese Läsionen zu lenken.

Die Diffusions-Tensor-Bildgebung (DTI) kann größere Faserbündel und Nervenverläufe im Gehirn darstellen und helfen, strukturell zusammenhängende Hirnregionen und Ausbreitungswege darzustellen. Dies ist insbesondere zur präoperativen Risikoabschätzung wichtig, um u. a. abschätzen zu können, wie weit für die Funktion wichtige Bahnen, wie z. B. die Sprachbahn oder die Sehbahn, von einer epileptogenen Läsion entfernt laufen
(BILD 2).

Funktionelles MRT, fMRT

Neben der Lokalisation der epileptogenen, strukturellen Läsion und der Darstellung von Bahnen wird die MRT auch zur Charakterisierung und genauen Beschreibung der Lokalisation von Hirnfunktionen eingesetzt (funktionelles MRT, fMRT)
(Bild3).
In der klinischen Routine werden präoperativ Hirnregionen dargestellt, die bei der Sprachverarbeitung funktionstragend sind. In der so genannten funktionellen MRT wird die Hirnaktivierung während der Ausführung von z. B. sprachlichen Aufgaben gemessen und die Regionen mit spezifischen Aktivierungen sichtbar gemacht. Diese Informationen können dann zusammen mit den Daten über die Lokalisation der epileptogenen Läsion und der Darstellung der Verläufe wichtiger Bahnen an den Neurochirurgen gegeben werden, der dann im Falle einer Operation eine Art Landkarte des Gehirns in das OP-Mikroskop einspielen kann. Diese intensive präoperative Vorbereitung kann helfen, postoperative Defizite zu minimieren und das postoperative Ergebnis entscheidend zu verbessern und geeignete Kandidaten für einen epilepsiechirurgischen Eingriff frühzeitig zu identifizieren.

Im Fokus der Forschung steht momentan die Darstellung von strukturellen und funktionellen zugrundeliegenden Netzwerken, die in Zukunft eventuell auch therapeutisch genutzt werden können.

Susanne Knake, Epilepsiezentrum Hessen, Marburg


Kontakt:

Prof. Dr. med. Susanne Knake
EZH Interdisziplinäres Epilepsiezentrum Hessen
am Universitätsklinikum Gießen und Marburg GmbH
Standort Marburg
Baldingerstraße
35043 Marburg
Telefon 0 64 21 - 2 86 52 00