SUDEP

Plötzlicher, unerwarteter Tod bei Epilepsie: Was ist das und wie können Betroffene sich schützen?

 

Was ist SUDEP?

Ein plötzlicher und unerwarteter Tod von Menschen mit Epilepsie wird auch als SUDEP (Englisch: sudden, unexpected death in epilepsy) bezeichnet. Doch was verbirgt sich hinter diesem Begriff? Epilepsie ist eine Erkrankung, die mit seltenen, aber ernstzunehmenden Gefahren einhergeht. So kann ein generalisierter Status Epilepticus, also ein großer Anfall, der über eine sehr lange Zeit andauert und nicht von alleine aufhört, durchaus lebensgefährlich sein. Zudem führen Lungenentzündungen, Gefäßerkrankungen und Unfälle, z. B. durch Ertrinken, bei Epilepsie-Patienten häufiger zu einem frühzeitigen Tod, als dies bei Menschen ohne Epilepsie der Fall ist. All diese Todesursachen haben jedoch eines gemeinsam: Sie sind nicht gemeint, wenn in der medizinischen Fachsprache von SUDEP die Rede ist. Denn SUDEP tritt zwar plötzlich und unerwartet auf, jedoch, und das ist der entscheidende Punkt, ohne Nachweis einer spezifischen Todesursache, z. B. einer schweren Verletzung nach einem Unfall.

 

Wie kommt es zu einem plötzlichen und unerwarteten Tod?

Unter anderem in auf Epilepsie spezialisierten Kliniken ist es immer wieder zu den seltenen, rätselhaften Todesfällen gekommen, die man als SUDEP bezeichnet. Um das Phänomen besser zu verstehen, haben Wissenschaftler diese Fälle gesammelt und in einer Studie untersucht, die im Jahr 2013 veröffentlicht worden ist. In Epilepsie-Monitoring-Einheiten werden Patienten zur Überprüfung einer chirurgischen Therapiemöglichkeit oft über mehrere Tage rund um die Uhr mittels Video und EEG überwacht. Hierbei werden zusätzlich die Herz- und Kreislauffunktionen sowie in manchen Fällen auch die Atmung und Sauerstoffversorgung aufgezeichnet. Von SUDEP-Fällen, die in dieser Umgebung aufgetreten sind, konnten die Wissenschaftler viel lernen, da hier die Änderungen der verschiedenen Körperfunktionen genau beobachtet und dokumentiert worden sind.

Elektrische Vorgänge von bestimmten Nervenzellverbänden und chemische Botenstoffe spielen möglicherweise eine Rolle beim plötzlichen, unerwarteten Tod bei Epilepsie
© Quelle: pixabay.com

Wie sich herausgestellt hat, ist in der überwiegenden Mehrheit dieser Fälle dem Tod ein generalisierter tonisch-klonischer Anfall unmittelbar vorausgegangen. Generalisierte tonisch-klonische Anfälle gehen mit einem Bewusstseins-verlust und Zuckungen am ganzen Körper einher, hören aber nach wenigen Minuten von selbst wieder auf. In den in der Studie beschriebenen SUDEP-Fällen schloss sich an diese generalisierten Anfälle jedoch schicksalshafterweise eine folgenschwere Kettenreaktion an, die in kurzer Zeit zunächst zu einer erschwerten Atmung mit Atemstillstand und danach zu einem Herzstillstand führte. Die genauen Zusammenhänge dieses fatalen Ablaufs werden derzeit noch wissenschaftlich untersucht, möglicherweise spielen aber elektrische Vorgänge von Nervenzellverbänden, sogenannte depolarisierende Wellen, und chemische Botenstoffe wie Serotonin eine wichtige Rolle dabei, dass Atmung und Herzfunktion im Hirnstamm abgestellt und keine Gegenreaktionen eingeleitet werden.


Wie häufig ist SUDEP und welche Patienten sind besonders gefährdet?

Grob geschätzt betrifft SUDEP ca. einen von 1.000 Erwachsenen und eines von 4.500 Kindern mit Epilepsie. Umgekehrt bedeutet das glücklicherweise aber auch, dass 999 von 1.000 Erwachsenen und 4.499 von 4.500 Kindern mit Epilepsie nicht an SUDEP versterben, weshalb es sich zwar um eine sehr ernste, aber insgesamt auch seltene Epilepsie-Komplikation handelt. Statistisch fällt auf, dass vor allem junge, männliche Erwachsene gefährdet sind, daran zu versterben. So machen Epilepsie-Patienten im Alter von 20 bis 40 Jahren etwa die Hälfte aller SUDEP-Fälle aus. Zudem ist zu beachten, dass das Vorkommen generalisierter Anfälle das Risiko für den jeweiligen Patienten deutlich erhöht. Nächtliche Anfälle werden ebenfalls als unabhängiger Risikofaktor gewertet. Die überwiegende Mehrzahl aller bekannten SUDEP-Fälle ist nachts aufgetreten und die verstorbenen Patienten wurden meist am nächsten Morgen in Bauchlage in ihrem Bett vorgefunden. Es wird vermutet, dass das Liegen auf dem Bauch die ohnehin schon eingeschränkte Atmung nach einem Anfall weiter erschwert und deshalb dazu beitragen kann, dass Patienten nach nächtlichen Anfällen versterben.

Die fatale Kettenreaktion, die zu einem SUDEP führt, kann mit einigen Maßnahmen durchbrochen
werden
© Quelle: pixabay.com

Wie kann SUDEP verhindert werden?

Da ein Zusammenhang von SUDEP mit generalisierten epileptischen Anfällen als sicher gilt, ist damit auch der wichtigste Ansatzpunkt für eine langfristige SUDEP-Vorsorge genannt, denn die Vorbeugung großer Anfälle verhindert ja wahrscheinlich in den meisten Fällen die tödliche Kettenreaktion. Auch wenn epileptische Anfälle, insbesondere wenn sie nur nachts auftreten, in einigen Fällen für den Patienten wenig belastend sind, sollte eine konsequente Anfallskontrolle das Ziel jeder Behandlung sein. Hierzu ist in den meisten Fällen eine gut eingestellte medikamentöse Therapie ausreichend, wobei jedoch eine regelmäßige Einnahme der Medikamente sehr wichtig ist. Bei einer Vielzahl von Präparaten, die derzeit zugelassen und auf dem Markt sind, muss hierbei für jeden einzelnen Patienten ein individuelles Konzept erarbeitet werden, damit die Anfallskontrolle bestmöglich sichergestellt ist und mögliche Nebenwirkungen den Patienten so wenig wie möglich belasten. Sollte es sich um eine schwer behandelbare Epilepsie handeln, kann eine chirurgische Therapie geprüft werden, in einigen Fällen sind auch Verfahren der elektrischen Stimulation, z. B. die Vagusnervstimulation, sinnvoll.

Sollte eine komplette Anfallsfreiheit im Einzelfall nicht erreicht werden können, heißt das aber nicht, dass man nun nichts Weiteres unternehmen kann, um das Risiko für einen plötzlichen Tod zu reduzieren. Da die Bauchlage nach einem Anfall wahrscheinlich das SUDEP-Risiko erhöht, kann die Verwendung eines kleinen, harten Schlafkissens dazu beitragen, dass der Patient im Falle einer Bauchlage besser Luft bekommt. Der Zusammenbruch von Atmungs- und Herzfunktion tritt im Rahmen eines SUDEP meist innerhalb der ersten drei Minuten nach einem großen nächtlichen Anfall auf, so dass die Einleitung von Hilfsmaßnahmen in dieser frühen Phase häufig einen tödlichen Ausgang verhindern kann.

Es ist daher sinnvoll, dass besonders gefährdete Patienten (jung, nächtliche und generalisierte Anfälle) nachts nicht allein sind, so dass Angehörige oder Mitbewohner einen großen Anfall mitbekommen und schnell reagieren können. Zur nächtlichen Sicherung stehen auch zunehmend geprüfte elektronische Geräte (u. a. Armbänder, mit deren Hilfe man große Anfälle registrieren kann und die ein Alarmsignal abgeben) zur Verfügung. Als wichtigste erste Maßnahme ist hierbei das Lagern des Patienten auf die Seite zu nennen, um die Atmung zu optimieren. Wachrütteln kann gegebenenfalls dazu beitragen, dass der Atemantrieb verstärkt wird. Bei einem Kreislaufstillstand sollte eine Herz-Lungen-Wiederbelebung begonnen und professionelle Hilfe hinzugerufen werden.

Obwohl SUDEP ein in Fachkreisen lange bekanntes und viel diskutiertes Thema darstellt, ist es bei Patienten und Angehörigen häufig unbekannt. Eine individuelle Beratung zum SUDEP-Risiko und möglichen Vorsorgemaßnahmen kann durch auf Epilepsie spezialisierte Neurologen, z. B. in Epilepsiezentren, erfolgen.

 

 

 

PD Dr. med. Rainer Surges
Max Christian Pensel

Neurologische Klinik, Sektion für Epileptologie, Uniklinik RWTH Aachen  

 

Kontakt:
Uniklinik RWTH Aachen

Neurologische Klinik

Sektion für Epileptologie

PD Dr. med. Rainer Surges, MHBA

Pauwelsstr. 30

52074 Aachen

Tel.: 0241 80-89609

epileptologie(at)ukaachen.de