Ein besonderes Geburtstagsgeschenk

Judith Ressmann an ihrem Arbeitsplatz bei Vodafone in Düsseldorf
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Judith Ressmann ist Jahrgang 1997, eine sympathische junge Frau, die ausgesprochen kommunikativ ist und mit ihrem Lächeln sofort gute Laune verbreitet. Sie absolviert gerade einen dualen Studiengang BWL, Fachrichtung Dialogmarketing Medien und Kommunikation. Als ich sie in der Vodafone-Zentrale in Düsseldorf kennenlerne, ist sie in den letzten Zügen ihrer Praxisphase. Soweit ist alles ganz normal.

Aber Judith ist nicht nur engagierte Studentin, sie hat etwas, das neudeutsch manchmal als Handicap bezeichnet wird. Handicap und Vodafone, die Kombi passt vielleicht beim Golfen, aber doch nicht zu diesem quirligen Wesen, das mir da gegenübersitzt. Judith hat seit ihrer Kindheit epileptische Anfälle, zuerst als Baby Fieberkrämpfe, dann lange Jahre Ruhe, bis sie als Teenager eine Aufwach-Grand mal-Epilepsie entwickelt. Die Nacht durchmachen, Party bis in die Morgenstunden, all das verkneift sie sich, um die Anfälle in den Griff zu bekommen, Medikamente möchte sie zu dieser Zeit nicht nehmen aus Angst vor den Nebenwirkungen. Doch irgendwann ist der Punkt gekommen, dass sie sich medikamentös behandeln lässt. An ihrem 16. Geburtstag nimmt sie die erste Tablette und ist, was vielen wie ein Wunder erscheinen mag, seither anfallsfrei. Gibt es ein besseres Geburtstagsgeschenk?

In der Schule wissen die wenigsten von ihrer Krankheit. Es fällt nur auf, dass sie manchmal zwei Stunden später zur Schule kommt. Die schwänzt – so die einhellige Meinung von Lehrern und Mitschülern, die nicht wissen, warum sie verspätet erscheint. Dabei ist es ganz einfach: Nach einem Anfall morgens ist sie müde, muss sich erst einmal ausruhen, um überhaupt zur Schule gehen zu können. Ihre Familie unterstützt sie, wo sie nur kann, die Mutter ist ihr großes Vorbild in Bezug auf Durchsetzungsvermögen und Zielstrebigkeit. Sie verfolgte beharrlich ihre Karriere, zog mit der Familie aus beruflichen Gründen immer wieder um, während der Vater nach Judiths Geburt erst einmal auf Teilzeit reduzierte. Ein ausgesprochen emanzipiertes Umfeld, das Judith geprägt hat. Genauso zielstrebig wie ihre Mutter verfolgt auch sie ihre Schullaufbahn und ihren Berufswunsch. Und lässt sich auch nicht von einem Arzt beirren, der ihr sagt, mit Epilepsie könne sie kein Abitur machen, geschweige denn studieren. Und arbeiten in den oberen Stockwerken eines Hochhauses wie dem Vodafone-Tower wäre mit Anfällen auch nicht möglich.


Jetzt ist sie seit Jahren anfallsfrei, hat Abitur und Führerschein gemacht. Bei Vodafone hat sie das intensive Auswahlverfahren für das duale Studium gepackt und fühlt sich dort sehr wohl, obwohl sie für ihr Studium einige Jahre im Dreimonatsrhythmus zwischen Stuttgart und Düsseldorf pendeln muss. Probleme mit den Kollegen wegen ihrer Krankheit: Fehlanzeige – dafür sorgt auch das Diversity-Programm der Firma. Und im Zweifelsfall ist nahe beim Vodafone-Tower die ärztliche Abteilung der Firma untergebracht. Aber einen Notfall mit Judith hat es noch nicht gegeben. Dazu kennt sich die junge Frau zu gut mit ihrer Krankheit und dem, was sie sich zutrauen kann, aus.

Und ihre Freunde? Unterstützen sie, wo es nur geht, bringen ihr automatisch die Autofahrerdrinks, wenn sie abends ausgehen. Dafür haben sie ja auch den Taxidienst dabei, denn ihren Führerschein möchte Judith nicht missen. „Mit dieser Krankheit kann ich gut leben, ich nehme jeden Tag meine Tabletten, ansonsten habe ich keine Einschränkungen.“

Man sieht ihr an, dass sie Spaß am Leben hat, eine positive Grundeinstellung und sich nicht so leicht entmutigen lässt: „Auch wenn es manchmal nur kleine Schritte sind, aber es geht immer weiter.“

Wir wünschen Judith für die weitere Zukunft alles Gute!

Susanne Fey