Notfallversorgung:

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Was ist für Betroffene mit Altersepilepsie wichtig?

Die Zunahme älterer Menschen in der Bevölkerung führt zu vermehrtem Vorkommen von Altersepilepsien. Altersepilepsien weisen nicht nur Besonderheiten in der Diagnostik und Behandlung auf, sondern führen auch zum zahlenmäßigen Anwachsen von Notfallsituationen. Was ist in dieser Altersgruppe besonders für die Notfallversorgung zu berücksichtigen? Was ist überhaupt über Notfallversorgung von Betroffenen mit Altersepilepsien bekannt?

Daher wurde 2017 eine multizentrische Studie im deutschsprachigen Raum durchgeführt. Mit Hilfe eines speziell strukturierten Fragebogens und mit Beteiligung von Selbsthilfegruppen sowie einer Internet-Plattform wurden Angaben von 83 Patienten dokumentiert. Das mittlere Alter lag um 61 Jahre. Einige wichtige Ergebnisse der Studie werden hier kurz zusammengefasst:

  • 59 % der PatientInnen berichteten über Verletzungen im Anfall.
  • 70 % der PatientInnen wurden im Rahmen der Notfallversorgung im Krankenhaus untersucht oder behandelt, obwohl sie nicht ins Krankenhaus wollten.
  • 36 % erhielten eine Notfallmedikation. Diese wurde in 82 % oral verabreicht.
  • 52 % der PatientInnen fühlten sich nicht ausreichend über optimales Verhalten im Notfall informiert.
  • Nur in 15 % der Fälle wurde ein Notfallausweis benutzt.
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Bei Altersepilepsien kann die Diagnose und Behandlung durch Begleitkrank-heiten kompliziert sein. Hierzu gehören zum Beispiel Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Knochenbrüchigkeit, Nachlassen geistiger Fähigkeiten wie Gedächtnisleistungen oder eingeschränkte Nierenfunktion. Diese Begleiterkrankungen werden häufig mit Medikamenten zusätzlich zu den Antiepileptika behandelt. Dies kann zu Wechselwirkungen der Medikamente führen. Daher erfordert die Notfallversorgung von PatientInnen mit Epilepsie spezielle Kenntnisse der Geriatrie und Neurologie.

Untersuchungen ergaben, dass ein frühes epileptologisches Konsil das Behandlungsergebnis in einer epileptologischen Notfallsituation um 20 % verbessert. Eine Untersuchung bei 154 Notfallabteilungen in England zeigte, dass ältere PatientInnen mit epileptischen Anfällen häufiger als jüngere stationär aufgenommen und mit Computertomographie untersucht wurden, wohingegen nur 34 % später ambulant zur neurologischen Weiterbetreuung überwiesen wurden. Im Vergleich hierzu wurden jüngere (< 60 Jahre) in 68 % der Fälle überwiesen.

Steigende Notfallaufnahmen, zunehmende Spezialisierung auf einzelne ärztliche Fachgebiete und häufige Begleit-erkrankungen bei Altersepilepsien sprechen für interdisziplinäre Notfallversorgungsstrukturen wie im Modellbeispiel des Albertinen Krankenhauses in Hamburg in Zusammenarbeit mit Krankenhausarzt, Hausarzt, neurogeriatrischen Konzilen, Sozialdiensten und ambulantem Pflegedienst.

Zusammengefasst lässt sich feststellen, dass:

  • Notfälle bei Altersepilepsie häufig komplexere medizinische Sachverhalte aufweisen.
  • Eine interdisziplinäre Versorgung zweckmäßig ist.
  • PatientInnen nicht selten alleine leben und ambulante spezielle Betreuung benötigen.
  • Eine besondere Information bezüglich Verhalten in Notfallsituationen häufig fehlt und ein Notfallausweis zu selten benutzt wird.


Prof. Dr. Hermann Stefan

Kontakt:

Prof. Dr. Hermann Stefan

Universitätsklinik Erlangen

Neurologische Abteilung-Biomagnetismus

Schwabachanlage 10

91054 Erlangen