Ketogene Diät – für mich die Lösung!

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Mein Name ist Susanne Schröck, ich bin 54 Jahre alt, Mutter von zwei Kindern und seit 2015 Epilepsie-Patientin. Von Beruf bin ich Krankenschwester, Fitnesstrainerin und Ernährungsberaterin. Wobei ich das Ernährungsstudium erst während meiner ketogenen Zeit absolviert habe, quasi in eigener Sache. Ursprünglich hatte ich gar nicht geplant, die Ausbildung komplett zu absolvieren, ich wollte einfach nur mehr Wissen in den Bereichen Kohlenhydrate, Eiweiß und Fett erlangen, um meine Diät für mich optimal gestalten zu können. Aber später faszinierte mich das Thema Ernährung doch so stark, dass ich das Studium erfolgreich beendete.

 

Ich habe eine komplex-fokale Epilepsie mit sekundär generalisierten Anfällen. Die Diagnosestellung war bei mir relativ einfach: Ich bekam morgens auf der Arbeit in der Frühstückspause mehrere einfach-fokale Anfälle, war nicht mehr ansprechbar und nur noch körperlich anwesend. Als ich wieder zu mir kam, war ich zeitlich und örtlich nicht mehr orientiert und unglaublich müde. Meine Kollegen, alles Krankenschwestern und Ärzte, tippten zuerst auf einen Schlaganfall. Daraufhin folgte die Einweisung ins Krankenhaus. Noch während dieses stationären Aufenthalts hatte ich meinen ersten Grand mal-Anfall. Damit war die Diagnose gesichert.

 

Gefühlt hatte ich alle Nebenwirkungen der Welt

Ich wurde auf Medikamente eingestellt und mein persönlicher Alptraum begann. Relativ schnell wurden aus den einzelnen Anfällen ganze Serien und damit stieg die Anzahl der Krankenhausaufenthalte – und auch die sturzbedingten Verletzungen. Ich befand mich in einer psychisch kaum auszuhaltenden Situation und war auch für meine Umwelt kein Geschenk. Damals hatte ich tatsächlich mehr Angst vor den Medikamenten als vor den Krämpfen an sich.

 

Zu meinen schlimmsten Zeiten bekam ich bis zu drei Krampfserien in der Woche – und das, obwohl ich vier Antiepileptika gleichzeitig einnahm. Gefühlt hatte ich alle Nebenwirkungen, die diese Medikamente haben können. Zu diesem Zeitpunkt befand ich mich entweder im Krankenhaus wegen der Anfälle oder ich saß zu Hause teilnahmslos auf der Couch und starrte auf den Fernseher, der gar nicht an war.

 

Dank der ketogenen Therapie hat sich das alles verändert. Sicher gibt es immer noch Situationen wie z. B. Operationen, MRT und einige andere Untersuchungen, die unter Medikamentengabe gemacht werden und bei denen ich mit Anfällen reagiere, aber im ganz normalen Alltag bin ich schon länger anfallsfrei.

 

Ein Orthopäde, der sich mit Ernährung auskannte, war meine Rettung

Bei mir kam die Ketogene Diät nicht auf die klassische Art durch den Neurologen ins Spiel. Nein, ich hatte mir krampfbedingt die Schulter gebrochen und musste damit in orthopädische Behandlung. Dieser Arzt war meine absolute Rettung, denn er kannte sich sehr gut mit dem Thema Ernährung aus und gab mir den dringenden Rat, dass ich mich mit kohlenhydratfreier Ernährung auseinandersetzen solle.

 

Danach las ich alles, was in Büchern und im Internet über Epilepsie und Kohlenhydrate zu finden war und kam so auf diese Ernährungsform. Nach reiflicher Überlegung entschloss ich mich dann dazu, die Ketogene Diät einfach auszuprobieren. Ich dachte: „Was soll‘s, ist ja nur Essen.“

 

Ich weiß es noch wie heute. Es war der 7. November 2016, an dem ich mein persönliches Abenteuer Ketose startete. Und ich war ab diesem Tag vier Monate ohne Anfälle. Diese Anfallsfreiheit gab mir die Kraft, mein depressives Couchdasein zu beenden und wieder am Leben teilzunehmen.

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Kaum Kliniken für erwachsene Menschen mit Ketogener Diät

Leider hatte das ganze Unterfangen aber auch Schattenseiten. Nach einiger Zeit entgleiste mir ständig der Blutzucker, ich bekam unglaubliche Schweißausbrüche und astronomische Blutfettwerte. Da ich aber fest davon überzeugt war, dass der ketogene Weg meine Rettung war, versuchte ich, mir Hilfe zu holen – was als erwachsener Mensch gar nicht so einfach war.

 

Ich suchte im Internet nach neurologischen Kliniken, die die ketogene Therapie anbieten, kontaktierte diese mit meinen Problemen und bat um Unterstützung. Die ersten beiden Kliniken waren ein wahrer Alptraum. Trotz intensiver Vorgespräche stellte sich während des Aufenthalts heraus, dass sie überhaupt keine Ahnung von dieser Ernährungsform hatten. Bei der zweiten Klinik flog ich am zweiten Tag aus der Ketose und aus geplanten drei Tagen Aufenthalt wurden dreieinhalb Wochen mit fast täglichen Krampfanfällen.

Das war nicht schön, aber nach kurzer Erholungspause wagte ich einen weiteren Versuch und reiste vom Niederrhein bis nach Vogtareuth ins tiefste Bayern. Das waren gut investierte 800 km, denn dort zeigte man mir, wie ich mit gesunden Fetten eine abwechslungsreiche Keto-Therapie gestalten kann. Außerdem lernte ich im Rahmen der Schulung viele Produkte kennen, die mir die Umsetzung meiner Diät sehr erleichtern.

Mit dem jetzigen Wissen kann ich behaupten, einfach so allein anzufangen, war bestimmt nicht meine beste Idee. Ich würde dies auf gar keinen Fall zur Nachahmung empfehlen.

Heute, gut fünf Jahre später, bin ich immer noch in dieser Ernährungsform und werde es wahrscheinlich auch immer bleiben. Meine Medikamente konnten Schritt für Schritt immer weiter reduziert werden, so dass ich jetzt schon seit über drei Jahren medikamentenfrei bin.

 

Heutzutage helfen Internetseiten und Blogs im Netz

Am Anfang bin ich wirklich Lebensmittel „bummeln gegangen“. Ich wusste nicht, was ich überhaupt noch essen kann. Eigentlich aß ich immer das Gleiche. Das muss heute nicht mehr sein.

 

Da ich mich aber noch sehr gut an meine Anfangszeit und die damit verbundenen Unsicherheiten erinnern konnte, entschloss ich mich irgendwann dazu, die Firma Kanso als „Keto-Botschafter“ mit Erfahrungsberichten und monatlichen Rezepten zu unterstützen – gemeinsam mit zwei weiteren Betroffenen.

 

Es gibt inzwischen einige Firmen, die jede Menge Diätika herstellen, welche ganz einfach vom Neurologen auf Rezept verordnet werden können. Auf den entsprechenden Internetseiten und in verschiedenen Blogs findet man allerhand Wissenswertes – z. B. auch monatlich neue Rezepte, die mit den Produkten hergestellt werden können. Für solche Seiten hätte ich in meinen Anfangszeiten alles gegeben. Denn auch wenn ich „keto“ bin, bleibe ich doch ein ganz normaler Mensch mit ganz normalen Bedürfnissen. Und dazu gehört für mich auch, lecker zu essen.

Kaum ambulante Unterstützung bzw. Betreuung bei dieser Ernährungsform

Ich würde mir wünschen, dass es auch für erwachsene Menschen mit einer Keto-Therapie eine Betreuung geben würde, wie sie für Kinder normal ist.

 

Als ich nach der Einstellung aus der Klinik entlassen wurde, standen in meinem Arztbrief allerhand Untersuchungen, die regelmäßig durchgeführt werden sollten. Trotz großer Bemühungen meinerseits sind diese bei mir noch nie gemacht worden. Es würde mir persönlich Sicherheit geben, wenn ich auch ein betreuendes Zentrum hätte, wo so etwas in regelmäßigen Abständen kontrolliert werden würde. Dafür wäre ich sogar bereit, ein paar Tage stationär zu gehen.

Richtig negativ ist meistens die Situation im Krankenhaus. Die wenigsten Ärzte haben Verständnis für meine Diät, oder überhaupt Lust, sich damit zu befassen. Ich habe einen Arztbrief, in dem mir eine „massive Essstörung wegen übertriebener Ketogener Diät“ diagnostiziert wurde. Im Laufe der letzten Jahre habe ich gelernt, so etwas an mir abprallen zu lassen, aber anstrengend ist es schon.

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Ketogene Diät hat mir vieles ermöglicht

Ich habe wieder eine Lebensqualität erreicht, die sich nicht viel von der gesunder Menschen unterscheidet. Während meiner schlimmsten Zeiten wusste ich nie, wenn ich das Haus verließ, ob ich abends wiederkommen oder in einem Krankenhaus enden würde. Ich nahm immer Wechselkleidung mit, falls ich krampfen und mich einnässen würde.

 

Das liegt mittlerweile so weit hinter mir. Ich bin leidenschaftliche Sportlerin und in meiner Jugend Kanurennen gefahren. Heute wohne ich direkt an einem wunderschönen See. Dank meiner Anfallsfreiheit gehe ich heute wieder Surfen und paddle in meinem Kanu. Natürlich nur, wenn es mir gut geht und die Ketose stimmt – und auch niemals allein und immer mit Schwimmweste. Aber egal, es ist für mich wieder möglich geworden!

Zu guter Letzt

Ich habe lange überlegt, wie viel ich von meiner eigenen Geschichte preisgeben möchte und habe mich dann für die schonungslose Wahrheit entschieden. Weil ich hoffe, Menschen, die in einer ähnlich schlimmen Situation sind wie ich damals, Mut machen zu können, sich auf das Abenteuer ketogene Ernährungstherapie einzulassen.

 

Susanne Schröck


Interessante Seiten im Netz mit Informationen und Rezepten zur ketogenen Ernährungstherapie/Diät für Erwachsene (und Kinder):

 

www.kanso.com/de/ketogene-diaet

www.meinketoplaner.de

www.mad-kochbuch.com

www.keto-kinder.de