Auflösung des Landesverbands NRW

© Porschen
Im November 2022 wurde bei einer außerordentlichen Mitgliederversammlung die Auflösung des Landesverband für Epilepsie-Selbsthilfe Nordrhein-Westfalen e.V. beschlossen. Damit wird einer der aktivsten Verbände in naher Zukunft seine Arbeit beenden.
Wir haben mit Thomas Porschen, jahrelang erster Vorsitzender, über seine Anfänge in der Selbsthilfe, den Landesverband NRW und die Gründe gesprochen, warum sich die Situation dort so entwickelt hat.
Wie kam die Epilepsie in dein Leben?
Ich bin gelernter Hotelkaufmann und anerkannter Berater für deutschen Wein. Als Veranstaltungsmanager im Restaurant- und Cateringbereich arbeitete ich bei einer 6-Tage-Woche 10-15 Stunden täglich. Dann kam eine Gehirn-Operation wegen einer Angiom-Blutung 1988 und 1989 – und infolgedessen die Epilepsie.
1993 musste ich mich beruflich neu orientieren und wechselte in den Öffentlichen Dienst und die gesundheitliche Aufklärung. Ich machte die Verwaltungsausbildung, die Qualifizierung zum betrieblichen Eingliederungsmanager (CMDP) und bin jetzt in der Schwerbehindertenvertretung und in vielen anderen Bereichen tätig.
Was waren deine ersten Berührungspunkte mit der Selbsthilfe?
Ein Jahr nach der Erkrankung Ende der 80er besuchte ich die alternative Selbsthilfegruppe in Köln. Ich lernte andere Menschen mit Epilepsie kennen. Dabei wurde mir klar, dass die Erkrankung sehr facettenreich ist und ich mich mehr damit auseinandersetzen muss. Ich fing an, Epilepsie-Patienten-Bücher zu lesen und auf Veranstaltungen zu gehen. Zu dieser Zeit begann man, sich mit dem Thema Selbstkontrolle und Epilepsie auseinanderzusetzen. Dies setzte voraus, dass man wusste, was man selbst hat, und lernte, sich mit seiner eigenen Erkrankung auszukennen. Später habe ich mich in die Selbsthilfegruppe IfA Köln eingebracht, die alternative Gruppe löste sich auf.
Wie kam es dazu, dass du dich engagierst und Verantwortung im Landesverband NRW übernommen hast?
Mein Engagement für die Epilepsie-Selbsthilfe kam schon früh. Ich sah Betroffene, denen es noch schlechter ging als mir und ich lernte durch meine Arbeit die gute Planung, Organisation und Umsetzung von Projekten. Ich habe mich einfach in meiner Freizeit hier eingebracht und alle fanden es gut und hilfreich. Mir war es schon immer wichtig, dass alle mehr über die Erkrankung und das Thema Behandlung bzw. Therapie erfahren. Es sollte dabei für jeden verständlich, aktuell und kostenfrei sein. Ich wollte auch immer etwas zurückzugeben.
Den Landesverband NRW gab es am Anfang noch nicht – wir bildeten einen entsprechenden Arbeitskreis dafür. Bei der Gründung des Landesverbands NRW in Dortmund waren Personen von Selbsthilfegruppen und Unterstützer wie z. B. Rupprecht Thorbecke aus NRW dabei. Zuerst war Torsten Aue aus Bonn (dann Berlin) erster Vorsitzender. Ich wurde damals direkt nach ihm gewählt und hatte dieses Amt bis zum Ende inne.
Im Vorstand waren viele selbstbetroffene Personen – fast alle, die jetzt im Landesverband NRW der Deutschen Epilepsievereinigung engagiert sind, und auch wichtige Eltern wie z. B. Susanne Fey, lange Jahre Vorsitzende des Elternverbands.
Die Website epilepsie-online.de wurde aufgebaut, ausgebaut und mit vielen Angeboten verbessert, eine große Palette an Flyern und Broschüren herausgegeben.
Welche Gründe führten dazu, den Landesverband aufzulösen?
Wir suchten jahrelang nach Nachwuchs für den Vorstand. Das machten wir über die Mitglieder oder Website bekannt. Interessierte Personen schreckte die ehrenamtliche Arbeit aber dann doch zu sehr ab. Obwohl wir eine Bürokraft im Minijob beschäftigten, reichte es nicht aus. Ich machte die inhaltliche Arbeit fast komplett alleine. Wer uns kennt, weiß, dass es nicht wenig war, was wir angeboten haben.
Die Beratung lag bei mir – genauso wie die Organisation von Veranstaltungen, die Internet-Betreuung und die inhaltliche Erarbeitung. Die Flyer wurden von Prof. Stefan (Erlangen) gemacht und das Stuhlkreis-Projekt von Michael Müller. Die große Informationsveranstaltung mit über 100 Teilnehmern war immer der Höhepunkt für mich im Jahr. Wir starteten damit in Bonn in der Epileptologie und führten diese dann im Laufe der Jahre an unterschiedlichen Orten in NRW durch.
Ich konnte aber nicht mehr, weil ich keine Unterstützung bekam und der Kassier öfters ausfiel, da er auch keine Kraft mehr hatte. Wir brauchten Entlastung, die wir nicht fanden. Das haben wir immer mitgeteilt.
Bei der ordentlichen Mitgliederversammlung im November 2022 in Bochum stellte sich leider kein neuer Vorstand zur Wahl. Die außerordentliche Mitgliederversammlung fand direkt im Anschluss statt. Dort wurde die Auflösung des Vereins durch die Mitglieder formal beschlossen. Bei beiden Versammlungen waren der Paritätische Wohlfahrtsverband NRW und die Deutsche Epilepsievereinigung dabei – als Hilfestellung und damit das Verfahren korrekt abläuft.
Wie geht es nun weiter?
In der außerordentlichen Mitgliederversammlung wurde von den Mitgliedern der zuletzt amtierende Vorstand zum Liquidator bestimmt. Dieser sorgt für die ordnungsgemäße Auflösung des Vereins. Mithilfe eines Notars wurde unser Verband entsprechend beim Amtsgericht zur Austragung eingetragen und dies im Amtsblatt verkündet. Die Auflösung ist Anfang 2024 absolviert. Der Liquidator hat die Mitglieder und Organisationen informiert. Die Internetseite epilepsie-online.de wird jetzt von der Deutschen Epilepsievereinigung übernommen.
Was sind deine Pläne und Aufgaben im Bereich Epilepsie, denen du dich jetzt verstärkt widmen wirst?
Über die Deutsche Epilepsievereinigung bin ich in zwei wichtige Funktionen gekommen, die ich schon vorher übernommen hatte:
Ich bin der deutsche Ansprechpartner im Internationalen Büro für Epilepsie (IBE) – das ist die weltweite Patientenvertretung für Epilepsie – und dort im Moment 2. Vorsitzender für den Bereich Europa. Ich bringe die Themen aus deutscher Patientensicht ein und internationale Themen nach Deutschland. Es wird Berichte geben zum aktuellen Stand.
Eine weitere Aufgabe ist der Bereich der Aufklärung zum SUDEP (plötzlicher Epilepsie-Tod). Als Patientenbotschafter der Oskar Killinger Stiftung und der Deutschen Epilepsievereinigung liegt mir das Thema schon seit Jahren am Herzen.
In diesem Zusammenhang sind mir Notfall-/Warngeräte und Hilfsmittel sehr wichtig. Ich beschäftige mich schon länger damit und werde diesen Bereich ausbauen. Dabei sind Nutzbarkeit, Handhabung und Gebrauchstauglichkeit von großer Bedeutung. Die Verbindung mit Apps und DiGAs (Digitale Gesundheitsanwendungen) ist hier auch interessant. Ich bin in einigen Bereichen mitbeteiligt.
Ein weiteres großes Thema für mich ist Epilepsie, Arbeit und Schwerbehinderung. Ich informiere mich über neue Regelungen, Verordnungen und Gesetze sowie deren Umsetzungen und gute Praxisbeispiele.
Die Verbindung zwischen Menschen mit Epilepsie, den Epileptologen und der Wissenschaft bleibt erhalten. Demnächst erfolgen wieder Beteiligungen an Publikationen und bei Vorträgen.

© Porschen
Zu guter Letzt: Was liegt dir noch am Herzen?
Ich hoffe, dass die bisherige gute Zusammenarbeit auch in Zukunft bleiben kann. Es sind gute 30 Jahre Landesverband Bayern und auch Elternverband, in denen man sich kennengelernt, gegenseitig besucht oder ausgetauscht hat.
Der Landesverband NRW gehörte früher einmal zum epiKurier-Redaktionsteam. Ich hoffe, dass ich auch in der Zukunft weiter Beiträge liefern kann bzw. darf und wir uns gegenseitig bereichern können.
Thomas Porschen
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