Mein Weg mit Epilepsie
In loser Reihenfolge stellen wir immer wieder Betroffene vor, die uns ihren ganz eigenen Weg mit der Erkrankung schildern und zeigen, wie sie ihr Leben mit Epilepsie bewältigen.
Hier die Geschichte von Stefan Conrad, 53 Jahre, der als Angestellter in einem Dienstleistungsunternehmen arbeitet und die Selbsthilfegruppe in Trier leitet.
Diagnose und Behandlung
Ich habe eine Juvenile myoklonische Epilepsie (Janz-Syndrom) und bin heute aufgrund guter Behandlung sowie der Selbsthilfe anfallsfrei. Mein Glück: Ich wurde von einem sehr guten Neurologen behandelt, der auch mein vollstes Vertrauen hatte. Meinen allerersten Anfall bekam ich mit 16 Jahren morgens beim Kaffeetrinken.
Hast du schon vor deiner Erkrankung von Epilepsie gehört?
Nein, vorher hatte ich noch nichts davon gehört bzw. damit zu tun – jedenfalls kann ich mich nicht bewusst daran erinnern.
Welche Berufsausbildung hast du absolviert? Konntest du deinen Berufswunsch verwirklichen oder musstest du dich evtl. neu orientieren?
Während meiner Ausbildung zum Winzer erhielt ich die Diagnose. Ich beendete meine Ausbildung trotzdem erfolgreich und war auch noch eine Zeit lang im Weinbau beschäftigt.
Da ich bedingt durch die Epilepsie keine Fahrzeuge und nicht alle Maschinen führen durfte, machte ich eine Umschulung zum Reiseverkehrskaufmann und arbeitete danach im Hotel. Dort war es selbstverständlich, dass ich mich zurückziehen konnte, wenn ich vor einem Anfall eine Aura bekam oder es mir sonst nicht gut ging. Ich hatte einen guten Arbeitgeber, der die Fürsorgepflicht für seine Mitarbeiter sehr ernst nahm.
Nach weiteren beruflichen Veränderungen bin ich heute in einem komplett anderen Bereich tätig, und zwar in der Buchsanierung.
Im Beruf habe ich sowohl schlechte als auch gute Erfahrungen gemacht, wobei die letzteren bei weitem überwiegen. Es gab auch negative berufliche Erlebnisse – hier hatte ich glücklicherweise Unterstützung durch den IFD (= Integrationsfachdienst) oder durch meine »Kollegen« in der Selbsthilfe.
Was waren deine ersten Berührungspunkte mit der Selbsthilfe? Wie kam es dazu, dass du dich auf Bundesebene engagiert hast?
Während einer Umschulung bin ich auf die Epilepsie-Gruppe in Trier hingewiesen worden. Zuerst hatte ich kaum Interesse, mich dorthin zu wenden, weil ich die Selbsthilfe zum einen nicht kannte und auch dachte, dass ich das gar nicht benötige.
Rückblickend kann ich heute nur froh darüber sein, dass es anders kam und ich doch Kontakt aufnahm. In der Selbsthilfe lernte ich Personen kennen, die mich in Ruhe ankommen ließen und mir Zeit gaben, meine Epilepsie zu akzeptieren und darüber zu sprechen. Nach einigen Jahren in der örtlichen Gruppe wurde ich dann Vertreter im Selbsthilfebeirat der Deutschen Epilepsievereinigung, um dort die Interessen der Selbsthilfe in Rheinland-Pfalz zu vertreten.
Später war ich auch lange Jahre im Vorstand der Deutschen Epilepsievereinigung, für sechs Jahre von 2014 bis 2020 auch deren Vorsitzender.
Heute engagiere ich mich weiter als Leiter der Selbsthilfegruppe für Anfallkranke und Angehörige Trier e.V., kurz SAAT e.V. Zusätzlich habe ich die Fortbildung zur »Epilepsie-Fachassistenz« absolviert und mache jetzt die Anschlussfortbildung zur »Epilepsie-Fachberatung« in Bethel – dank eines Stipendiums der Stiftung Michael. Außerdem bin ich seit 2019 in der Kommission »Patientensicherheit« der Deutschen Gesellschaft für Epileptologie (DGfE) und in der Leitlinien-Kommission »Erster epileptischer Anfall« aktiv.
Was ist für dich persönlich die größte Einschränkung durch die Erkrankung?
Ich habe gelernt, mit der Epilepsie zu leben und das Beste daraus zu machen. Ein Kindheitstraum, den LKW-Führerschein zu bekommen, blieb mir jedoch leider verwehrt.
Was empfindest du als negativ?
Was mir sehr negativ aufgefallen ist, sind die Nebenwirkungen durch Medikamente, aber teilweise auch durch die Epilepsie selbst – und leider bei einigen wenigen Menschen auch das Unverständnis dafür.
Verbindest du mit der Epilepsie auch Positives?
Ich kann damit viel Gutes verbinden, weil ich durch meine schon lange Zeit in der Selbsthilfe die Möglichkeit hatte, vieles zu lernen und interessante Menschen aus verschiedenen Bereichen kennenzulernen. Hierfür bin ich sehr dankbar!
Ich wurde für mein Engagement mit der Verdienstmedaille des Landes Rheinland-Pfalz ausgezeichnet und zum Ehrenmitglied der Deutschen Epilepsievereinigung ernannt. Über diese Ehrungen freue ich mich immer noch sehr!
Was möchtest du anderen Betroffenen noch sagen?
Wichtig ist zu lernen, seine Epilepsie zu akzeptieren und darüber zu sprechen. Neben der ärztlichen Behandlung empfinde ich den Kontakt zur Selbsthilfe als sehr wichtig. Von großer Bedeutung ist auch, mit den Angehörigen über ihre Probleme mit der Erkrankung zu sprechen und nicht alleine nur mit den Menschen mit Epilepsie.
Interview zusammengefasst von
Doris Wittig-Moßner
Kontakt:
Stefan Conrad
SAAT e.V. Trier
Selbsthilfegruppe für Anfallkranke und Angehörige Trier e. V.
Postfach 3328
54223 Trier
Facebook: Epilepsie Selbsthilfegruppe Trier