Die Trauerspirale von E. Schuchardt
Annahme, Aktivität und Solidarität
An die (in der letzten Ausgabe des Epikurier vorgestellten) Phase der Depression schließt sich innerhalb des Spiralmodells nach Schuchardt das Zielstadium mit den Phasen 6-8: Annahme, Aktivität und Solidarität an.
Phase 6: Annahme
Die Eltern haben in dieser Situation alle „Kampfphasen durchlitten“. Sie sind befreit von Leugnung, Aggression, Verhandlung und Depression. Manche fühlen sich leer, fast willenlos, jedoch auch entspannt und wie von einer Last befreit. Manche auch erschöpft wie nach einem Marathonlauf.
Jetzt wird nicht mehr danach gefragt, was schon verloren ist, sondern im Vordergrund steht die Überlegung, was Mann/Frau mit dem, was noch da ist, tun kann.
Nicht mehr ein Wunschdenken steht bei den Eltern im Vordergrund, sondern jetzt kommt die Bereitschaft, sich der Tatsache der Behinderung ihres Kindes zu stellen und sie als unausweichlich anzunehmen. Aus dem „gegen die Behinderung agieren“ wird ein mit dem Kind und mit seiner Behinderung leben.
Die Therapien dienen nicht mehr zur Heilung, sondern zur Lebenserleichterung und Verbesserung der Lebensqualität.
Phase 7: Aktivität
Durch die Annahme der reellen Lebenssituation werden in den Eltern neue Kräfte frei. Es eröffnen sich neue Wege im Umgang mit ihrer eigenen Lebenswirklichkeit. Sie lernen mit ihrer speziellen Situation zu leben und versuchen das Beste daraus zu machen.
Nicht mehr die Veränderung der Situation, sondern aktives Ausschöpfen der Möglichkeiten der reellen Daseins-Form, sowie selbstgestaltete interaktive Lebensbewältigung und die Veränderung des Werte- und Normensystems werden von den Eltern wahrgenommen.
Diese Phase mit dem Tenor „Ich tue das ...“ ist die Basis in der alle Selbsthilfe- und alle Initiativgruppen wurzeln; denn sie mündet schließlich ein in die
Phase 8: Solidarität
Das Ich beginnt von sich selbst abzusehen und trägt im Wir gesellschaftspolitische Verantwortung.
Diese Phase ist für Schuchardt Ausdruck der er folgreichen Krisenverarbeitung. Inhalt des durch die Krisenverarbeitung neu geprägten Lebens ist die individuell und solidarisch gestaltete Aufgabe.
Schuchardt versteht diese aktive Teilnahme am gesellschaftlichen Leben als eine „Selbstverwirklichung durch Anders-Sein inmitten der unangemessenen Leistungsnormen unserer Gesellschaft.“
D. Wolf-Stiegemeyer
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