2.3 Gabe von Medikamenten durch Lehrkräfte (bzw. Betreuer/Aufsichtspersonen)

Im Rahmen der Inklusion wird sich auch für Lehrer an Regelschulen immer häufiger folgende Situation ergeben: Ein chronisch krankes Kind benötigt während der Schulzeit bestimmte Medikamente, um am Schulunterricht teilnehmen zu können. Es ist aber nicht in der Lage, das selbstständig zu regeln. Dabei kann es sich um regelmäßige Gaben von Dauermedikation oder Notfallmedikation handeln.

 

 

Hilfreiche Hinweise bietet hier die Broschüre „Medikamentengabe in Schulen“ der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung, die als DGUV Information 202-091 im Internet zum Download verfügbar ist:

publikationen.dguv.de

-> Stichwort Medikamentengabe

Dauermedikation

Grundsätzlich sind Lehrer nicht dazu verpflichtet, Medikamente zu geben. Aber im Rahmen einer Teilübertragung der Personensorge kann die Verabreichung von Medikamenten haftungsrechtlich und auch unfallversicherungstechnisch für Lehrer und Schüler abgesichert werden. Damit Missverständnisse vermieden werden und eine klare Handlungsgrundlage für Schule und Lehrkraft vorliegt, ist es ratsam, die Art und Weise der Medikamentengabe schriftlich festzuhalten.

 

Notfallmedikation

Im Notfall ist jeder gesetzlich verpflichtet, Erste Hilfe zu leisten. Dies gilt auch für pädagogisches Fachpersonal bzw. Aufsichtspersonen in der Schule z. B. bei einem allergischen Schock oder bei einem epileptischen Anfall. In diesem Fall können Ersthelfer nicht für Schäden haftbar gemacht werden, die durch ihre Hilfeleistungen entstehen.

 

Auch der Gesetzgeber hat sich bereits mit der Gabe von Notfallmedikamenten beschäftigt und ein rechtskräftiges Urteil dazu gefällt („Dresdner Urteil“, Sozialgericht Dresden S 47 KR 1602/19 ER 02.07.2019).

 

Er bejaht die Verpflichtung zur Ersten Hilfe einschließlich der Gabe eines anfallsunterbrechenden Medikaments: »Die Hilfepflicht kann auch die Abgabe eines Notfallmedikaments umfassen, dessen Anwendung keiner medizinischen Ausbildung bedarf.«

 

Trotzdem ist dieses Thema oft noch mit viel Unsicherheit behaftet. Manche Lehrkräfte, aber auch Busfahrdienste stehen der Verabreichung einer Notfallmedikation weiterhin ablehnend gegenüber. In einem solchen Fall hilft ggf. eine Erste Hilfe-Schulung weiter, wie sie z. B. die bayerischen Epilepsie-Beratungsstellen oder auch der e.b.e. epilepsie bundes-elternverband e. v. anbieten (siehe Punkt 3.4 Schulungen Fachpersonal).

Für Busfahrdienste steht ein hilfreiches Infoblatt »Epilepsie-Informationen für den (Bus-)Fahrdienst« mit speziellen Hinweisen zur Verfügung:

www.epilepsie-lehrerpaket.de

Unsere Empfehlungen:

  • Schriftliche Vereinbarung zwischen den Erziehungsberechtigten und der Schule zu den notwendigen Maßnahmen mit genauen Anweisungen treffen. Der vom Facharzt (Neuropädiater/Neurologe) unterzeichnete Handlungsplan sollte klare Angaben zu Zeitpunkt und Anlass der Medikamentengabe inkl. deren Bezeichnung und Dosierung enthalten und möglichst die Namen aller Personen, die zur Gabe berechtigt sind. Eine entsprechende Vorlage ist im Internet zu finden unter www.epilepsie-lehrerpaket.de.
  • Eine solche Vereinbarung zur Gabe eines Notfallmedikaments sollte immer aktuell und möglichst nicht älter als 6-12 Monate sein. Auch das Notfallmedikament selbst in regelmäßigen Abständen auf dessen Haltbarkeit prüfen!
  • Telefonnummer der Eltern oder sonstiger Erziehungsberechtigter sollte immer greifbar sein.
  • Der Schüler sollte in das Tätigwerden der Lehrkraft/des Betreuers einwilligen.
  • Zuständigkeit und Vertretung im Verhinderungsfall der Klassenlehrkraft sollte vorab geregelt sein.

Praxistipps:

Notfallmedikamente mit genauer Dosier- und Gebrauchsanweisung einwickeln und mit Gummiband befestigen, so dass der Ersthelfer diese erst noch lesen muss, bevor er an das Medikament gelangt. Dadurch werden Fehler vermieden und dem Ersthelfer nochmals ein Gefühl der Absicherung vermittelt.

 

Mitschüler können in die Versorgung des betroffenen Schülers einbezogen werden, indem sie z. B. auf die Uhr sehen (Anfallsdauer), eine weiche Unterlage für den Kopf organisieren, alles aus dem Weg räumen (Verletzungsgefahr). Wenn sie miterleben, dass ein Anfall auch wieder aufhört, entwickeln sie weit weniger Ängste, als wenn sie aus dem Raum geschickt werden.